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Nach Andy Fletchers TodDepeche Mode bringt neues Album heraus

Lesezeit 4 Minuten
Depeche Mode – Das sind heute Martin Gore (l.) und Dave Gahan.

Depeche Mode – Das sind heute Martin Gore (l.) und Dave Gahan.

Ein knappes Jahr nach dem überraschenden Tod des Depeche Mode-Keyboarders Andy Fletcher veröffentlicht die britische Synthie-Pop-Band ein neues Album: „Memento Mori“.

Sie haben sich noch einmal aufgerafft. 43 Jahre nach Bandgründung, sechs Jahre nach dem letzten Werk „Spirit“ und ein knappes Jahr nach dem Tod von Keyboarder Andrew Fletcher veröffentlichen Depeche Mode – nun nur noch bestehend aus Dave Gahan (60) und Martin Gore (61) – das neue Album „Memento Mori“. Ende März brechen sie zur Welttournee auf, am 4. und 6. Juni spielen sie in Düsseldorf.

Das Tolle: An der Platte gibt es nichts zu meckern. Dave ist hervorragend bei Stimme, die Songs sind dynamisch, kraftvoll und bewegend, die Produktion von James Ford und Marta Salogni klingt knackfrisch.

Bis zur Tour stehen täglich mindestens zwei Stunden Sport auf dem Programm.
Dave Gahan von Depeche Mode

Was bleibt schon von einem Menschenleben? fragt Dave Gahan in der ersten Strophe von „Ghosts again“. Alles vergebens, die Zeit rennt davon, bald schon werden wir ohnehin wieder zu Staub zerfallen, oder, wie es im Refrain heißt: „We know we’ll be ghosts again.“

Memento Mori spannt stilistisch großen Bogen

Nun wussten Depeche Mode schon immer auf der Klaviatur von Leben und Tod zu spielen, der neue Song jedoch hebt den Flirt mit der Vergänglichkeit gewissermaßen auf ein neues Level. Im düsteren Schwarz-weiß-Video, wie immer gedreht von Anton Corbijn, der seit Jahrzehnten für die gesamte Optik der Band verantwortlich ist, kriecht Gahan über einen Friedhof, als Sensenmänner gewandet und mit Gehstöcken bewehrt sitzen er und Kollege Martin Gore auf einem Dach und spielen Schach.

Viel morbider mag es zumindest visuell kaum gehen, dabei ist das erste neue Depeche-Mode-Lied seit sechs Jahren aus musikalischer Sicht eher auf der helleren Seite des Bandspektrums zu Hause. „Die Leute sagen uns, dass ,Memento Mori’ klingt, als würden wir ein Stück zurück zu unseren Wurzeln gehen“, so Martin Gore im Videogespräch. „Vielleicht ist da ein bisschen was dran.“

Wir schreiben Songs, nehmen sie auf, und dann klingen sie, wie sie klingen. Ich schwöre, es ist kein Hexenwerk.
Martin Gore von Depeche Mode

Ein großes Konzept habe es nicht gegeben. „Wir schreiben Songs, nehmen sie auf, und dann klingen sie, wie sie klingen. Ich schwöre, es ist kein Hexenwerk.“ An dieser Stelle lacht der 61-Jährige sein Lausbubenlachen.

Währenddessen räumt Dave Gahan, ein Jahr jünger, ein, dass er auf ein neues Album lange keine große Lust hatte. „Ich hatte einen Hänger, was Depeche betraf. Glücklicherweise verflogen meine Bedenken. Vor allem, nachdem ich Martins Songs hörte und auch mir selbst wieder ein paar gute Nummern einfielen.“

So spannt die Platte einen stilistisch großen Bogen vom aggressiven „My cosmos is mine“ bis zum hymnischem, James-Bond-tauglichen „Soul with me“ oder dem dann doch zynischen „People are good“.

„Wenn ich mich in der Welt umschaue, lässt mich das nicht unbedingt ans Gute im Menschen glauben“, so Gore. „Aber im Sinne unserer Kinder müssen wir uns zusammenreißen.“ Gore hat fünf, zwei davon sind noch klein, die drei Gahan-Sprösslinge sind erwachsen.

Der Frontmann stand in seinem Leben einige Male schon beim Tod im Hausflur (Krebs. Suizidversuch, Heroinüberdosis), immer drehte er noch rechtzeitig wieder um. „Manchmal umschleicht mich der Gedanke an den Tod, aber ich hoffe sehr, er holt mich nicht so bald“, wünscht Gahan sich.

Mit 30 sei er „immer auf der Suche nach der nächsten Ekstase, der nächsten Eskalation gewesen. Mit 60 blicke ich voller Dankbarkeit auf mein Leben und die kleinen Freuden des Alltags.“ Gore sieht es ähnlich, allerdings bereiten ihm das Alter und das Altern größere Probleme als seinem Kollegen: „Ich bin definitiv längst in der zweiten Halbzeit.“

Brutaler Einschnitt

„Bedenke, dass du sterben wirst“, so lautet die Übersetzung des lateinischen Begriffs „Memento Mori“. Der Titel stand längst fest, als die Band im Mai 2022 davon erschüttert wurde, dass Andrew „Fletch“ Fletchter, der zurückhaltende wie herzliche Keyboarder, urplötzlich im Alter von 60 Jahren an einem Riss der Hauptschlagader starb.

Gore und Gahan hatten sich zu dem Zeitpunkt bereits mit ihrem Produzentenduo James Ford und Marta Salogni zu ersten Aufnahmen getroffen, die Songs waren geschrieben. „Und von einem Augenblick auf den nächsten sind wir nur noch zu zweit“, so Gahan. Und jetzt? Zu zweit auf Fotos, zu zweit im Video, das Bandgefüge nach dem Tod der guten Seele Fletch musste erst wieder neu eingestellt werden. Doch die Band zu beenden, sei nie erwogen worden. Gahan und Gore telefonierten sich trauernd zusammen und entschieden, weiterzumachen. „Wir waren froh, dass wir die Musik hatten“, sagt Martin Gore.

Das Album „Memento Mori“ erscheint am 24. März.