Hamburg – Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hat in der Talkshow von Markus Lanz mit Aussagen zum Ukraine-Krieg überrascht. Der CDU-Politiker plädierte einmal mehr dafür, dass der Krieg „eingefroren“ und sofort beendet werden müsse.
Am Abend des Tages, an dem der Krieg in der Ukraine inzwischen ein halbes Jahr tobt, sorgte der sächsische Ministerpräsident als Gast bei „Markus Lanz“ mit seinen Aussagen für Aufsehen und Kopfschütteln – vor allem bei den anderen anwesenden Gästen, vor allem die ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf widersprach Kretschmer gleich mehrfach.
Michael Kretschmer fordert bei Lanz Kriegsende
Zu Beginn der Sendung ist von dem sich anbahnenden Streit noch nichts zu spüren. Kretschmer stuft den russischen Angriffskrieg als völkerrechtswidrig ein. Schon bald aber beginnt der sächsische Ministerpräsident den Groll im Studio auf sich zu ziehen. Mit früheren Zitaten wie etwa „Russland braucht mehr Respekt“ konfrontiert, bescheinigt er der Diskussionskultur in Sachen Ukraine-Krieg „eine Verengung auf eine Sichtweise mit einer Argumentationslinie“ und wünscht sich stattdessen eine „breite Debatte“.
In diesem Zusammenhang fordert der CDU-Mann anschließend das Ende der Kampfhandlungen. „Jetzt ist ein wichtiger Moment, dafür einzutreten, dass dieser Krieg eingefroren werden muss; dass wir einen Waffenstillstand brauchen; dass wir Verhandlungen brauchen, um diesen Krieg zu beenden“, so Kretschmer, nach dessen Ansicht viele Deutsche diese Haltung teilen, wörtlich.
Gäste bei Markus Lanz widersprechen Kretschmer
Politikredakteurin Nadine Lindner vermutet hinter Kretschmers Aussagen lokalpolitisches Kalkül. „Sein Ansatz ist zu sagen: Er will die Debatte erweitern. Ich würde sagen, er möchte einen Teil dessen, was er aus seinem Bundesland Sachsen gespiegelt bekommt, aufgreifen.”
ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf, die in den vergangenen Wochen aus der Ukraine berichtet und mehrere Jahre in Russland gelebt hat, weist Kretschmer auf die stattgefundenen Verhandlungsvorschläge aus der Ukraine hin.
Ministerpräsident Michael Kretschmer will „klares Umdenken“
Kretschmer muss einräumen, dass Putin derzeit nicht verhandlungsbereit sei. Nichtsdestotrotz sei er der Meinung, dass dieser Krieg nicht nur auf dem Schlachtfeld geführt werden könne, so Kretschmer weiter. Wie genau, das vermag der 47-Jährige in der Sendung allerdings – auch auf Nachfrage – nicht zu beantworten.
Deutschland müsse sich neben Waffenlieferungen und Geld mit „allen möglichen anderen Dingen“ einbringen. Wiederholt fordert Kretschmer „ein klares Umdenken“ und ein Ende des Krieges durch Verhandlungen.Den Krieg „einfrieren“ – das wiederum hält Eigendorf aufgrund der von Putin geforderten Bedingungen eines Kriegsendes für unrealistisch. Die Aufgabe der ukrainischen Souveränität sei keine Option.
Michael Kretschmer bei „Lanz“: „Stürzen die Welt ins Chaos“
Kretschmer sieht das unproblematisch: „Wer sagt, dass man die Forderungen Putins erfüllen muss? Wir müssen dafür sorgen, dass aus einem heißen Krieg ein eingefrorener Konflikt wird.“
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Dann wird der CDU-Politiker doch noch konkret und fordert eine diplomatische Initiative einer internationalen Staatengemeinschaft, der auch Deutschland angehören solle. Das sei wichtig, denn „wir stürzen die ganze Welt ins Chaos“, schlägt Kretschmer Alarm. Markus Lanz ist diese Aussage offensichtlich zu lapidar. Er will wissen, wen Kretschmer in diesem Zusammenhang mit „Wir“ meine. „Alle, die jetzt in Verantwortung sind“, lautet seine Antwort.
Twitter-Nutzer ohne Verständnis für Kretschmer-Auftritt bei Lanz
Von den Zuschauerinnen und Zuschauern erntet der sächsische Ministerpräsident für seinen Auftritt bei Lanz viel Kritik. „Kretschmer aus Sachsen sitzt bei Lanz und bewegt sich in der Illusion, man könne mit Putin verhandeln, man bräuchte nur ausreichende diplomatische Initiative, dann werde es sich schon finden. Naive Allgemeinplätze, sonst hat Kretschmer nichts zu sagen. Schwer erträglich“, lautet einer von vielen ähnlich gearteten Tweets.
Der Hashtag #Kretschmer trendete im Anschluss an die Sendung. Über 3300 Menschen hatten den Auftritt des CDU-Politikers in der Talkshow am Donnerstagmorgen kommentiert. Die meisten davon bewerteten ihn negativ.