Noch während „Markus Lanz“ am Dienstagabend lief, gab es scharfe Kritik an Friedrich Merz. Auch in der Sendung bekam der CDU-Chef Widerspruch.
Auftritt in TalkshowFriedrich Merz zieht scharfe Kritik nach Lanz-Auftritt auf sich
Nach den Krawallen in der Silvesternacht in Berlin hat CDU-Parteichef Friedrich Merz eine stärkere Präsenz des Rechtsstaats an Brennpunkt-Orten gefordert. Wenn der Staat das ganze Jahr über wegschaue, könnten sich Brennpunkte und rechtsfreie Räume entwickeln, sagte Merz am Dienstagabend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. „Ich denke, wir haben in Deutschland über zu viel Zeit, zu viele Jahre lang weggeschaut.“
„Wir müssen dem als Rechtsstaat früher begegnen“, sagte Merz. Er verwies darauf, dass viele Täter bei den Berliner Krawallen in der Silvesternacht einen Migrationshintergrund gehabt hätten. „Wir haben es mit einem veritablen Problem mangelnder Integration junger Menschen zu tun“, sagte Merz. „Ich gehöre nicht zu denen, die pauschal sagen: Diejenigen, die hier als Ausländer leben, sind nicht integriert. Das ist Unsinn.“ Es gebe ein Problem mit einer kleinen Gruppe von Ausländern.
ZDF-Talkshow „Markus Lanz“: Friedrich Merz wirft Klimaproteste und Silvesterkrawalle in einen Topf
„Das sind überwiegend Jugendliche aus dem arabischen Raum, die nicht bereit sind, sich hier an die Regeln zu halten, die Spaß daran haben, diesen Staat herauszufordern“, sagte Merz. „Wir sprechen hier über Leute, die eigentlich in Deutschland nichts zu suchen haben“, führte Merz aus.
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Merz warf zudem auch die Klimaproteste in Lützerath in einen Topf mit den Krawallen an Silvester. Die „sogenannte Klimabewegung“ greife nun ebenfalls die Polizei an, erklärte Merz. „Das sind Straftaten, das sind Gewalttaten“. Dafür gab es Widerspruch aus der Runde. „Ich wäre vorsichtig, alles in einen Topf zu schmeißen, was wir an Randale sehen in diesem Land“, erklärte RND-Chefredakteurin Eva Quadbeck.
Soziologe El-Mafaalani kontert Friedrich Merz: „Werden Sie in ein, zwei Wochen zurücknehmen müssen“
Widerspruch bekam Merz in nahezu allen Punkten vom Soziologen Aladin El-Mafaalani vom Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Osnabrück. „Das sind unsere Kinder. Das ist Deutschland“, erklärte El-Mafaalani. Merz rede ihm „ein bisschen viel über Arabischstämmige“. Die Polizei habe eine ganze Reihe anderer Nationalitäten erfasst. „Also wahrscheinlich werden Sie in ein, zwei Wochen das zurücknehmen müssen.“
Hinweise des Fachmanns El-Mafaalani ignorierten Merz und auch Moderator Markus Lanz weitgehend. „Sie wollen jetzt nicht die Opfergeschichte dieser Typen erzählen“, befand Lanz, um damit nach eigener Aussage seinen Gast vor Anfeindungen zu bewahren. „Wenn sich jemand in diesem Land anstrengt, dann kann er was werden“, stellte der Moderator eine kühne These auf, um den Hinweis des Soziologen, dass viele Jugendliche mit Migrationshintergrund sich in Deutschland ausgeschlossen fühlten, zu entwerten.
El-Mafaalani konfrontierte Merz auch mit der Forderung der Berliner CDU, die Vornamen der deutschen Tatverdächtigen aus der Silvesternacht öffentlich zu machen. Das sei für ihn „irrelevant“, erklärte der CDU-Chef. „Das Signal ist: Selbst wenn ihr hier geboren seid, am Ende gucken wir uns noch mal den Vornamen an“, entgegnete der Soziologe.
Debatte bei „Markus Lanz“: „Aber wenn ich was falsch mache, dann wollen Sie meinen Vornamen wissen“
Merz unterstrich, dass er eine Minderheit mit seinen Worten meine. Der Großteil der Menschen mit Migrationshintergrund füge sich gut in die deutsche Gesellschaft ein. „Aber wenn ich was falsch mache, dann wollen Sie meinen Vornamen wissen oder machen einen Phänotyp-Check“, konterte El-Mafaalani die Worte des CDU-Chefs erneut, und zielte damit auf Aussagen des CDU-Politikers Christoph de Vries ab. Merz distanzierte sich auf Nachfrage nicht von de Vries, sondern wich aus.
„Wenn wir uns in schwierigen Stadtteilen mal anschauen, wie sehr junge Männer zurückfallen, dann müssen wir feststellen, dass sie bezogen auf Bildung und ihre Perspektive an den Rand gedrängt sind. Wenn wir aber in migrantische Milieus schauen, sehen wir, dass junge Mädchen ziemlich erfolgreich sind“, führte El-Mafaalani aus. Merz sprach dennoch lieber von „kleinen Paschas“, statt sich mit den Argumenten El-Mafaalanis auseinanderzusetzen. „Da bin ich nicht bereit zu sagen: Die haben es hier schwer in Deutschland“, erklärte Merz.
Scharfe Kritik am CDU-Chef Friedrich Merz nach Auftritt bei „Markus Lanz“: „Friedrich Merz ist ein Rassist“
Kritik anhören musste sich Merz in der Sendung auch von Ökonom Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. „Wenn wir uns als Land nicht öffnen, attraktiver werden, dann werden wir ein riesiges Problem bekommen. Wir brauchen dort einen Mentalitätswandel“, forderte Fratzscher und übte in diesem Kontext Kritik an der langjährigen Regierungspartei CDU und Merz.
Der Auftritt des CDU-Chefs sorgte am Dienstagabend noch während der Sendung in den sozialen Netzwerken für Wirbel. „Beeindruckend, wie Friedrich Merz bei Lanz die perfekte Karikatur des latent rassistischen Onkels, der ‚halt gern provoziert‘, vorführt und dabei auch noch ernst bleibt“, kommentierte der Sozialdemokrat Korbinian Rüger.
In eine ähnliche Kerbe schlug Parteikollege Metin Hakverdi. „Erst ‚Afghanen‘, dann ‚Araber‘ und schließlich ‚Religion‘. Bitte Herr Lanz, lassen sie den Merz noch weiterreden, dann wird er mit ‚schwarze Haare‘ kommen“, schrieb der SPD-Politiker bei Twitter.
Zuspruch für Friedrich Merz aus der CDU: „Genialer Auftritt heute Abend bei Lanz“
„Er weiß genau, was er tut. Hetzen als politisches Programm“, befand derweil der Linken-Politiker Robert Fietzke. Luigi Pantisano, Mitglied im Parteivorstand der Linken, fand noch klarere Worte: „Ich mache es kurz: Friedrich Merz ist ein Rassist“, schrieb Pantisano am Dienstagabend auf Twitter.
Viel Lob in den sozialen Netzwerken bekam unterdessen Soziologe El-Mafaalani. „Ganz starker Auftritt von Aladin El-Mafaalani gerade bei Lanz“, schrieb Grünen-Politiker Christopher Pieper. „Wie immer top inhaltlich vorbereitet, sodass die Plattitüden von Friedrich Merz komplett auseinandergenommen werden.“
Zuspruch bekam Merz für seine Aussagen unterdessen aus der eigenen Partei. „Genialer Auftritt heute Abend bei Lanz“, schrieb CDU-Politiker Christian Natterer. „Klare Kante beim Thema Migration und das deutliche benennen von Problemen. Kein Wischi Waschi!“
Neben CDU-Chef Friedrich Merz und Soziologe Aladin El-Mafaalani waren auch die RND-Journalistin Eva Quadbeck und der Ökonom Marcel Fratzscher in der ZDF-Talkshow zu Gast. (mit dpa)