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Rundgang über Kölner KunstmesseWo Beuys einen Affen kriegt – das bietet die Art Cologne

Lesezeit 4 Minuten
Die Skulptur von Jörg Immendorff mit dem Titel „Joseph Beuys mit Affe“ ist bei Michael Werner zu sehen.

Die Skulptur von Jörg Immendorff mit dem Titel „Joseph Beuys mit Affe“ ist bei Michael Werner zu sehen.

Die 57. Ausgabe der Art Cologne beeindruckt durch ihre Vielfalt: von Renoirs Gemälden bis zu aktuellen Kreationen junger Galerien, sie präsentiert Höhepunkte der internationalen Kunstszene.

„Applaus“ blinkt es aus einem Leuchtkasten in luftiger Höhe am Stand der Galerie Britta Rettberg. Der dürfte Daniel Hug, dem Direktor der Art Cologne sicher sein, denn die 57. Ausgabe der ältesten Kunstmesse der Welt glänzt mit Vielfalt und hoher Qualität – von einem Gemälde von Auguste Renoir für 490 000 Euro bis zu atelierfrischer Ware bei den jungen Händlern.

Rund 170 Galerien aus 24 Ländern sind in den beiden Messehallen versammelt, die so übersichtlich und aufgeräumt wirken wie selten. Das gediegene Erscheinungsbild steht auch den Galerien im Sektor „Neumarkt“ gut zu Gesicht.

Frank Stella für 5,9 Millionen Dollar

Preislicher Spitzenreiter ist in diesem Jahr Frank Stellas Doppelbild mit konzentrischen Quadraten für 5,9 Millionen US-Dollar bei der Galerie Samuelis Baumgarte, das von einem Mobile (995 000 Euro) und einem Stabile (498 000 Euro) von Alexander Calder flankiert wird.

Eine Besucherin steht auf der Kunstmesse Art Cologne vor dem teuersten Gemälde der Kunstmesse von Frank Stella

Eine Besucherin steht auf der Kunstmesse Art Cologne vor dem teuersten Gemälde der Kunstmesse von Frank Stella

Garant für museale Werke ist die Galerie von Vertes, die mit zwei abstrakten Bildern von Gerhard Richter aufwartet (3,8 Millionen respektive 3,6 Millionen Euro), außerdem August Mackes Gemälde „Kinder mit Ziege im Wald“ aus dem Jahr 1912 für 1, 4 Millionen offeriert.

Zur Finanzierung einer Weltreise

Die Wiener Galerie Wienerroither & Kohlbacher konfrontiert eine zarte Zeichnung von Egon Schiele (1,5 Millionen Euro) mit Otto Muehls brachialer „Hinrichtung“ aus dem Jahr 1983 (140 000 Euro) und einer Außenskulptur von Franz West.

Köln: Besucher gehen bei der Eröffnung der Kunstmesse der Art Cologne durch die Hallen.

Köln: Besucher gehen bei der Eröffnung der Kunstmesse der Art Cologne durch die Hallen.

Eine Entdeckung bei der Stuttgarter Galerie Valentien ist Max Ernsts „Forêt“ (125 000 Euro), einst ein Geschenk des Künstlers an eine Frau Kalidonova aus Brünn/Prag, die sich von dem Werk trennte, um eine Weltreise zu finanzieren

In leuchtenden Farben

Großformatige Gemälde in leuchtender Farbigkeit konkurrieren eine Etage höher an den Ständen um die Aufmerksamkeit der Besucherinnen und Besucher. Die Galerie Haas zeigt Werke der Künstlergruppe „Mülheimer Freiheit“.

Bunt gekleidete Besucher kommen zur Eröffnung der Kunstmesse der Art Cologne.

Bunt gekleidete Besucher kommen zur Eröffnung der Kunstmesse der Art Cologne.

Ein Messedebütant ist die Galerie Judin, die Michael Buthe eine Soloshow widmet, dessen farbenprächtige Werke, darunter auch das „Paillettentuch“, vor nachtblauem Hintergrund ihre Leuchtkraft entfalten.

Erholung für die Augen

Erholung für die Augen ist da die ganz in Weiß gehaltene Koje des Kölners Martin Kudlek, der mit Papierfaltungen von Simon Schubert, Papierskulpturen von Angela Glajcar und Werken des Zero-Künstlers Oskar Holweck bestückt ist.

Zu den Platzhirschen gehört auch nach dem Wegzug von Köln Michael Werner, von dessen Stand Jörg Immendorffs Bronzeskulptur „Beuys mit Affe“ (550 000 Euro) grüßt. Bei Thaddaeus Ropac lockt Robert Rauschenbergs „Kitchen Widow“ (1,65 Millionen US-Dollar). Blickfang bei Eigen + Art ist Nicolai Samoris 2,85 Meter hohe Holzskulptur „Lieve legno“. Wer sich Neo Rauchs kleine Bronze „Gründer“ genauer ansieht, wird darin ein Selbstporträt des Künstlers entdecken.

Silikonferkel in Kinderbett

Mutterschaft und Körperlichkeit ist das Thema bei der Bonner Galerie Gisela Clement. Dabei zieht Anouk Lamm Anouks lebensecht nachgebildetes Silikonferkel in einem Säuglingsbett ebenso die Blicke auf sich wie die Fotoserie „Aktion mit Diana“ von Günter Brus aus dem Jahr 1967.

Köln: Ein Besucher schaut sich auf der Art Cologne Kunstmesse das Gemälde von Künstler Jörg Immendorf ·Es gibt keine Hölle· an.

Köln: Ein Besucher schaut sich auf der Art Cologne Kunstmesse das Gemälde von Künstler Jörg Immendorf ·Es gibt keine Hölle· an.

Die Repressalien gegen iranische und afghanische Frauen thematisiert am Stand der Kölnerin Brigitte Schenk die Künstlerin Sharareh Khosravani mit einer Skulptur aus echten und künstlichen Haaren, die sich aus einer überdimensionalen Rasierklinge auf den Boden ergießen.

Protest gegen AfD

Ein politischer Künstler ist auch Fabian Knecht, eine „New Position“ bei Alexander Levy. Er weist mit aus der Wand ragenden Kabelenden in Blau als Farbe der AfD und in Braun als Farbe der NSDAP auf Gefährdung durch politische Verführer hin. Das originale Camouflage-Netz an der Wand stammt aus der Ukraine, wo es von Bewohnerinnen und Bewohnern in gemeinsamer Arbeit aus Kleidungsstücken zusammengeflickt wurde. Ein Teil des Verkaufserlöses geht an eine Hilfsorganisation.

Besucher gehen bei der Eröffnung der Kunstmesse der Art Cologne durch die Hallen.

Besucher gehen bei der Eröffnung der Kunstmesse der Art Cologne durch die Hallen.

Mehr junge Galerien

Der Sektor „Neumarkt“ mit jungen Galerien, die nicht älter als 13 Jahre sind, wurde von 20 auf 26 Aussteller verstärkt. Ganz neu im Geschäft ist Super Super Markt aus Berlin, die von Julius Jacobi, dem Sohn des Kölner Sammlers Georg Jacobi geführt wird.

Eine Besucherin steht vor der ·Wall of Bäm·, eine sechs Meter lange Wand, auf der Arbeiten von über 60 Künstler*innen verschiedener Generationen aus den Bereichen Bildende Kunst, Fotografie, Illustration und Design zeigen. Alle Werke kosten 400 EUR.

Eine Besucherin steht vor der ·Wall of Bäm·, eine sechs Meter lange Wand, auf der Arbeiten von über 60 Künstler*innen verschiedener Generationen aus den Bereichen Bildende Kunst, Fotografie, Illustration und Design zeigen. Alle Werke kosten 400 EUR.

Auch in der Familie Flick hat sich die Kunstleidenschaft übertragen: Alex Flick hat die in London ansässige Galerie Gathering gegründet, die ebenfalls ihren ersten Auftritt auf der Art Cologne hat.

Internationale Anbieter

Aus New York ist Silke Lindner angereist, die die Malerin Ang Ziqi Zhang vorstellt, die abstrakte Malerei mit figürlichen Elementen und Schrift verbindet (3600 bis 9500 Euro).

Besucher gehen bei der Eröffnung der Kunstmesse der Art Cologne gehen durch die Hallen an der aufblasbaren Skulptur der Künstlerin Zuzanna Czebatul mit dem Titel: ·Embargo· vorbei.

Besucher gehen bei der Eröffnung der Kunstmesse der Art Cologne gehen durch die Hallen an der aufblasbaren Skulptur der Künstlerin Zuzanna Czebatul mit dem Titel: ·Embargo· vorbei.

Im Bereich „Art + Object“ gibt es überraschende Präsentationen. So lässt Dierk Dierking etwa mittelalterliche Madonnen auf die filigranen Raumzeichnung von Norbert Kricke treffen.

„Wir leben in einer extrem schwierigen Zeit“, stellte die BDVG-Vorsitzende Anke Schmidt bei der Eröffnung fest. „Jetzt wollen sich die Menschen eine Freude machen, das ist ein spürbarer Effekt“, folgert der Galerist Manuel Ludorff.

Bis 10.11., Koelnmesse, Halle 11, Fr/Sa 11–19 Uhr, So 11–18 Uhr