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Konzert in BonnRobbie Williams verwandelt den Hofgarten in einen Pool der Wonne

Lesezeit 3 Minuten
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Robbie Williams auf der Hofgartenwiese in Bonn 

Bonn – „Was ist das? Entertainment?“, fragt er. Um dann, mit breitem Snoopy-Grinsen, die Antwort postwendend hinterher zu schicken: „To love your audience“. Dein Publikum zu lieben. Dienstagabend im ausverkauften Bonner Hofgarten fühlen sich 25.000 Menschen vom ersten Moment an geliebt. Und deshalb von Robbie Williams (48) auch ganz wunderbar entertained.

Große Hits, intime Geständnisse und eine Mega-Show

Fast zwei Stunden lang präsentiert der britische Chef-Unterhalter genau das, was seine Fans bestellt haben. Einen Mix aus großer Show, aus scheinbar intimen Geständnissen und einem Potpourri seiner größten Hits. Letztere arrangiert als Kreisschluss, beginnend mit „Let me entertain you“ und endend mit „Angels“. Beide Stücke stammen vom ersten Solo-Album „Life thru a lense“, das 1997 erschien. Es war der Beginn einer Superstar-Karriere, die die Erfolge bei Take That noch weit in den Schatten stellt. Mehr als 70 Millionen verkaufte Tonträger (Williams) stehen hier 45 Millionen (Take That) gegenüber.

Allerdings existierte die legendäre britische Boygroup, zu der Williams als 16-Jähriger stieß, bis zur Auflösung nur sieben Jahre. Während der Wirtssohn aus Staffordshire sein 25-jähriges Jubiläum feiert. Von 1997 an gerechnet mit zwei Jahren Verspätung. Ursprünglich war sein Bonner Auftritt als Top-Act zum 250. Beethoven-Geburtstag 2020 geplant. So aber geht München, wo Williams vorigen Samstag auftrat, der Ehre verlustig, der einzige deutsche Spielort des Senkrechtstarters ohne Schulabschluss zu sein.

Robbie Williams badet in der Bewunderung seiner Fans

„Are you louder than Munich?” (Seid ihr lauter als München?) kitzelt der Mann im schwarzen Muscle-Shirt über schwarzen Jeans den Ehrgeiz seiner Anhänger. Die ihrem „Rock DJ“ mit der Ohohila-Frisur – oben hoch zum Bürzel gestylt, hinten lang zum Entenschwaz auslaufend – immer wieder entgegen brüllen, wie „Supreme“ sie ihn finden und wie geil seinen musikalischen „Hot Fudge“. Ein Knaller, durch den „Monsoon“ (nicht zu verwechseln mit dem Tropenregen von Tokyo Hotel), weit übers „Millennium“ hinweg. „No regrets“, dass sie ihm all die Jahre gefolgt sind. Bis hin zur Läuterung von einem der „Lost“ war und nun ein „Better man“ ist.

Auch als gezähmter Ehegatte und Vater von inzwischen vier Kindern (der nach dem Konzert die Nacht im Tourbus durchfahren wird, um dem innig geliebten Nachwuchs einen Guten-Morgen-Kuss zu bringen) ist Williams kein bisschen langweilig. Dafür braucht es nicht erst einen Blick auf seinen Hals, den üppige, schwere Silberketten schmücken, im Zentrum eine mit Plakette, die verkündet: „F** off“. Oder auf die knapp bekleideten Tänzerinnen, die, ihre Popos präsentierend und ihre Becken kreiseln lassend, auch als Go-go-Girls durchgehen könnten. Ist das jetzt sexy? Oder frauenverachtend?

Eine Show, die auch polarisieren kann

Noch immer ist er einer, der polarisiert. Man kann das lustig finden, wenn seine Band „Y.M.C.A“ anspielt und er das abbricht mit den Worten: „No! No! That’s the Village People. I’m Robbie F**ing Williams, nein Danke für die Village People.“ Oder schwulenfeindlich. Und darüber, ob sich Anna, die Geburtstag hat und deshalb nach oben zum Star aufs Sofa darf, sich nur darüber freut, kann man auch länger grübeln. Zwar besingt er sie mit „Something stupid“, aber er legt ihr auch den Oberschenkel über die Schulter und wuschelt ihr die lange Haare von hinten so unvorteilhaft ins Gesicht, dass sie danach aussieht wie Cousin Itt aus der „Addams Family“. Zärtlich geht anders.

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Aber die „f**ing lovely audience“ bekommt das, aus der Entfernung, vielleicht gar nicht mit? Während Williams, am Bühnenrand niederkniend wie auf einem Gebetbänkchen, ganz nah heran gezoomt wird, wenn er darüber spricht, wie es war, Take That zu verlassen und „Boo-Drugs“, böse Drogen, zu nehmen. Bei „She´s the one“, wie aus Sehnsuchtshonig gedrechselt für diese so sanfte und zugleich so starke Stimme, lösen sich alle Bedenken auf. Aus dem Hofgarten wird ein Pool der Wonne.