Konzert im Kölner PalladiumLiam Gallagher zündet Oasis-Nostalgie pur
- Liam Gallagher braucht einige Zeit, um den Saal auf Tour zu bringen.
- Doch nach ein paar Liedern in Köln wird klar, dass der alte Oasis-Sound noch immer voll taugt, um das Publikum zum kochen zu bringen.
- Um sich besoffen zu fühlen, braucht es an diesem Abend allerdings kaum Bier...
Überpünktlicher Beginn kurz vor 21 Uhr. 14 Stücke und fünf Zugaben. Schluss fast exakt 22.30 Uhr. Alles voll im 90-Minuten-Normbereich, keine besonderen Vorkommnisse Montag im fast ausverkauften Palladium. Insofern hatte Köln mehr Glück als Hamburg, wo Liam Gallagher vergangene Woche das Konzert in der Sporthalle abbrach, weil seine Stimme nicht mehr mitmachte.
Knapp 4000 Fans erlebten einen ausgesprochen disziplinierten 47-Jährigen, der artig Songs wie „For What It´s Worth“ von seinem Solo-Debüt „As You Were“ ankündigte und dazu aufforderte mitzusingen. Das Wildeste in den ersten 30 Minuten ist, abgesehen vom krachenden, scheppernden, schrebbelnden Sound, die Kameraführung.
Besoffen von der Kamera
Auf der Leinwand wackeln und zittern die Bilder der Band, als befände die sich auf hoher See. Sie kippen in Schräglage, sie schwenken abrupt von rechts nach links und umgekehrt, vollführen Drehungen, die schwindlig machen. All das in einer Optik so grobkörnig wie ein Super 8-Film. Wer dem dauerhaft mit Blicken folgt, braucht kein Bier, um besoffen zu werden.
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Immer wieder formieren sich tief klingende Chöre, die „Li-am! Li-am! Li-am!“ intonieren. Für postpubertäre Jungs, aus denen längst gestandene Männer geworden sind, ist der Sänger aus Manchester noch immer ein Idol. Mit dem smarten Skandalburschen vergangener Tage hat er optisch nicht mehr viel gemein. Ein formloses weites Obergewand mit Kapuze lässt den Körper nur erahnen, überm weißen Kordelzug am Hals wuchert ein Bart, der ihn wirken lässt wie einen Küstenfischer mit schwammig gewordener Kinnlinie. Aber auch die Liebe der Frauen, die ihm vor der Bühne Schals und selbstgemachte Schilder entgegenhalten, ist ungebrochen.
Erst mit Oasis-Nostalgie zündet der Funke
Bereits das arg zerschredderte Intro „Rock’n Roll Star“ ließ ahnen, dass es ohne Oasis-Reminiszenzen nicht abgehen wird. Tatsächlich stammen elf der Stücke, die im Palladium gespielt werden, von der Kultband. Mit „Morning Glory“, „Columbia“ und „Stand By Me“ präsentiert Gallagher ein phänomenales erstes Oasis-Set. Und ab da springt der Funke so richtig über.
Auch „Once” und der Titelsong „Why Me? Why not” vom zweiten, am 20. September 2019 veröffentlichten, Solo-Album überzeugen. Ab „Gas Panic!“ geht das Oasis-Feuerwerk in die Vollen. Gallaghers Ankündigung „This is the last song“ vor „Live Forever“ entpuppt sich gottlob als Fake. Vier Zugaben – „Acquiesce“, „Roll With It“, „Supersonic“ und „Champagne Supernova“ – krönen, was beinahe ein Tribute-Konzert sein könnte. Wäre der Sänger nicht das Original.
Zwei Minuten lang tobt der Applaus, ehe der Abend mit „Cigarettes & Alcohol“ den letzten Ritterschlag erhält. Später, draußen vor der Halle, sieht man einen jungen Mann, der ungeniert ein parkendes Auto anpinkelt. Skandal? Ja. Aber nur am Rande. Und definitiv nicht Liam Gallaghers Schuld.