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Kölner VerlegerBenedikt Taschen blickt auf 40 Jahre seines Verlags zurück

Lesezeit 3 Minuten
taschen lind

Benedikt Taschen auf einem Foto, das Peter Lindbergh 2019 auf Ibiza machte.

Köln – „Onassis hat sich ja auch mit 19 Jahren den ersten Tanker gekauft.“ Den kessen Satz gab Benedikt Taschen 1980 ebenfalls mit 19 in seinem 25 Quadratmeter großen Comic-Laden in der Lungengasse von sich. Große Klappe? Wohl kaum. Gewiss, damals konnte der Kölner Arztsohn kaum ahnen, dass er wenig später den zuvor hochpreisig-elitäten Kunstbuchmarkt mit auf den ersten Blick unverschämt billigen Ausgaben aufmischen würde.

Zumal er da anfangs auf dünnen Seil tanzte. 1984 lieh er sich überall Geld, um 40 000 Exemplare einer englischen Magritte-Monografie aufzukaufen. Für 9,95 DM je Band war der ganze Bestand in wenigen Tagen unters Volk gebracht und der junge Verlag gerettet. „Ein Genie wie mich für DM 9,95?“ fragten auf Werbeplakaten bald auch Dalí und Picasso, die Titelhelden der ersten selbstproduzierten Kunstbücher des Hauses.

Scharfblick für Qualität

Billig gleich unseriös – dieses Etikett wollte die geschockte Konkurrenz dem Newcomer gern anheften, doch das ging gründlich schief. Einerseits hatte Taschen schon als Kind etliche Ausstellungen besucht und schon die Comics „unter Kunstvorbehalt“ gestellt: also mit scharfem Blick für Linienführung, Charakterzeichnung und atmosphärische Gestaltung ausgewählt. Kein Wunder, wenn man den von Carl Barks gezeichneten Donald Duck als ästhetische Messlatte nahm.

Zum anderen rekrutierte er renommierte Kunsthistoriker für die Texte und setzte auf höchste Bildqualität. Die dreisprachigen Bände garantierten zudem hohe Auflagen. 1989 beeindruckte die Ausgabe mit allen Van-Gogh-Gemälden, 1996 folgte das komplette Werkverzeichnis von Claude Monet in Zusammenarbeit mit dem Pariser Wildenstein-Institut: knapp 1500 Seiten für knapp unter 200 Mark – und eine Art Ritterschlag in der Branche.

Der findige Verleger hatte immer schon ein Händchen für Werbung, ließ etwa Töchterchen Marlene (heute gleichberechtigte Geschäftsführerin des weltweit präsenten Unternehmens) mit Gummi-Ente posieren und fordern: „Ich will kein Taschenbuch, ich will ein Buch von Taschen.“ Zeitweise garnierte er seine Kataloge mit aparten Symbolen: ein Geldsack für Bestseller, eine Zigarre für „Lieblingsbuch des Verlegers“, eine durchgestrichene Zigarre für das Gegenteil. Davon nahm er mit Rücksicht auf die geknickten Autoren wieder Abstand.

Die Auswahl wächst und wächst

Unterdessen wuchs und wuchs das Themenangebot: Neben Klassischer Moderne nun auch Zeitgenössisches von Jeff Koons bis Christo, dazu gehobene Lebensart in „Paris Interiors“ oder Architekturbänden, die meist seine erste Frau Angelika herausgab. Dazu kamen „Sex Books“ wie „Eric Kroll’S Fetish Girls“.1999 zündete Taschen die nächste Stufe der Erfolgsrakete: Billig war gestern. Jetzt ging man unter dem Titel „Sumo“ mit Schwergewichten in den Ring: Helmut Newtons Fotografien machten in einer 38,5 Kilo schweren, von einem Philippe-Starck-Buchständer gestützten Luxusausgabe 1999 den Anfang. Heute würde die limitierte, handsignierte und längst ausverkaufte Rarität 20 000 Euro kosten, ist aber vergriffen und demnächst in deutlich erschwinglicheren Varianten erhältlich.

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Der Newton-Brocken hatte auf der Frankfurter Buchmesse mit spektakulären Aktfoto-Plakaten einen ebenso großen Auftritt wie das formatsprengende Werk „GOAT – Greatest Of All Times“, zu dessen Vorstellung der darin verewigte Muhammad Ali 2003 an den Main reiste.

Benedikt Taschen selbst macht sich ebenfalls nicht unbedingt klein. So kaufte er das das achteckige von John Lautner gebaute Chemosphere House, das wie ein gestrandetes Ufo am Hang über Los Angeles klebt. Nebenan wohnt David Hockney, der auch schon zu Sumo-Ehren kam.

Der Verleger, in dritter Ehe mit Lauren Taschen verheiratet, lebt in L.A. und Berlin. Immer noch macht er leidenschaftlich gern Bücher. Und ein so schönes, exzentrisches und in eine reizvolle Nische verliebtes Werk wie Johann Christoph Volkamers „The Book of Citrus Fruits“ kann heutzutage wohl nur in diesem Verlag erscheinen, der am Kölner Stammsitz soeben sein 40-jähriges Bestehen beging. An diesem Mittwoch feiert dessen Gründer seinen 60. Geburtstag.