AboAbonnieren

Kölner Autorin Elke Pistor„Ein Weihnachtsmann für alle Fälle“ über das Erbe der geheimnisvollen Schwester

Lesezeit 3 Minuten
Der Weihnachtsmann ist auch schon mal gerne für Eventagenturen unterwegs. 

Der Weihnachtsmann ist auch schon mal gerne für Eventagenturen unterwegs.

Die Kölner Autorin Elke Pistor legt mit „Ein Weihnachtsmann für alle Fälle“ ihren mittlerweile vierten Weihnachtskrimi vor.

Nach 57 Jahren, fünf Monaten und vier Wochen zu erfahren, dass man eine Schwester hatte, ist ein ziemlicher Schock. Wobei Schock Nummer zwei das Wörtchen „hatte“ vorwegnimmt: Die bis dato unbekannte Schwester wurde ermordet. Und Josefine Jeschiechek, Mutter dreier erwachsener Kinder, seit einem Jahr ohne Mann und seit einer Woche auch ohne Job, ist ihre Erbin.

Schwesterlicher Rat vom Geist

Doch der Nachlass besteht weder aus Geld noch aus Immobilien. Stattdessen sieht sich Josefine im Besitz der Event-Agentur „Ho! Ho! Ho! – Die Leihnachtsmänner“. Kann man das noch toppen? Ja. Denn Beate Silberzier, die tote Schwester, ist zum Geist geworden. Den allerdings nur Josefine sehen und hören kann.

„Ein Weihnachtsmann für alle Fälle“ ist der vierte Weihnachtskrimi der Kölnerin Elke Pistor. „Ich mag es, wenn es um ein bestimmtes Thema geht“, sagt die 56-Jährige, „ich habe zum Beispiel auch schon mal einen Landkrimi geschrieben.“ Die Verknüpfung Weihnachten und Krimi findet sie besonders reizvoll: „Bei Weihnachten denkt man an alles Mögliche – aber nicht an Mord.“

Tanz um den Baum

Ist sie selbst ein Fan von Weihnachten? Spontane Antwort: „Ja!“ Wobei sie dann einschränkt: „Aber ich bin kein Fan von Weihnachts-Deko. Das macht bei uns mein Mann.“ Und weil der aus Schweden ist, wird bei ihr Zuhause auch Weihnachten auf die schwedische Art gefeiert: „Das ist viel fröhlicher, es geht viel ausgelassener zu. Wir tanzen um den Weihnachtsbaum! Wir sind eine große Familie, da sind auch viele Kinder dabei, zusammen sind wir 25 Leute“, sagt Autorin Elke Pistor.

Familie, so die Kölnerin, sei für sie das Wichtigste an Weihnachten. Auch in ihren Krimis spielt Familie eine große Rolle. „Ich versuche, meine Figuren so anzulegen, dass sie eine Entwicklung durchmachen.“ So wird Janne Glöckchen, die Heldin von „Kling und Glöckchen“, von der Verwandtschaft nicht für voll genommen, die ungesellige Konditorin Annemie Engel muss in „Makrönchen, Mord & Mandelduft“ unter Menschen, weil ihr Bruder des Mordes verdächtigt wird oder die neue Protagonistin, Josefine Jeschiechek, sieht sich Ende 50 von ihren Lieben verlassen. Was sie braucht, ist eine Perspektive.

Dass ihr die ausgerechnet ihre chaotische, impulsive, aber sehr fantasievolle verblichene Schwester vermittelt, hat System: „Beate ist eine, die völlig befreit ist. Sie ist ,ein freier Geist'. Sie kann tun und lassen, was sie will. Ohne Konsequenzen zu befürchten. Sie lebt ja nicht mehr.“ Gleichzeitig ist sie eine weibliche Variante von Charles Dickens' „Der Geist der Weihnacht“. Weil sie Josefine, der kontrollierten, ordnungsliebenden Buchhalterin, vor Augen führt, was ihr bislang abging: Spontaneität, die Bereitschaft, Risiken einzugehen, etwas Neues zu wagen. Wie als Rauschgoldengel eine Rede zu halten.

Aber auch die alles und alle idealisierende Beate lernt dazu. Ihre wunderbare Weihnachtswelt ist nicht so goldglänzend und wunderbar, wie sie geglaubt hat. Wie sich die beiden ungleichen Schwestern zusammenraufen – wobei Beate anfangs gar nicht glaubt, dass sie tot ist, was herrlich komische Dialoge nach sich zieht – beschreibt Elke Pistor umwerfend.

Herz und schwarzer Humor

Zumal es auch noch einen Mord aufzuklären gibt: Wer hat Beate getötet? Anfangs eher unfreiwillig, dann zunehmend mit Begeisterung, wächst Josefine in die Rolle als Chefin von Wichteln und Weihnachtsmännern, Rauschgoldengeln und Ruprechtinen, Feen, Hexen, Elfen, Prinzen, Prinzessinnen und einem veritablen Wikinger hinein. Abseits vom überaus dankbaren Weihnachtssujet und den kriminalistischen Elementen bringt Pistor auch noch Lohndumping, gleichgeschlechtliche Liebe und die immer noch allzu seltene Konstellation „Ältere Frau und jüngerer Mann“ unter.

Alles voll auf der Höhe der Zeit. Und gleichzeitig sehr knuddelig, mit viel Herz und schwarzem Humor geschrieben. Schon beim ersten Satz ahnt man, dass dieser Krimi viel Spaß machen wird. Er lautet: „Zu sterben war für Beate Silberzier ein vollkommen neues Erlebnis.“ Es folgt eine aufgeweckte Geschichte.

Elke Pistor: Ein Weihnachtsmann für alle Fälle. Emons, 253 S., 13 Euro