Das Museum Ludwig zeigt in seiner Reihe „Hier und Jetzt“ die Ausstellung „Ukrainische Moderne 1900 - 1930 & Daria Koltsova“.
Ukrainische ModerneMuseum Ludwig zeigt Bilder aus dem Kriegsgebiet

Die Glasinstallation von Daria Koltsova.
Copyright: Museum Ludwig
Es ist Architektur der Überwältigung, der erste Skyscraper der Sowjetunion: Das „Derschprom“, den Monsterbehördenbau im Zentrum der ukrainischen Stadt Charkiw, präsentiert Daria Koltsova in einer monumentalen Glasinstallation.
Hunger-Katastrophe
In der Ausstellung „Ukrainische Moderne 1900 – 1930 & Daria Koltsova“ in der Reihe „Hier und Jetzt“ im Museum Ludwig ist ihr Statement nicht zu übersehen. Böses war in der bolschewistischen Behörde ausbaldowert worden. Die Zeit des Holodomor, der Hunger-Katastrophe in den 1930er Jahren, ist eng mit den Industrialisierungsplänen in der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik verbunden.
Heute steht das konstruktivistische Gebäude der 1920er Jahre auf der Unesco-Welterbeliste. Koltsova zeigt es in Lichtstrahlen. Die 1987 in Charkiw geborene Künstlerin gibt der Tragödie nicht allen Raum. Der Zukunft zugewandt ist ihr Blick. Und darin unterscheidet sie sich nicht von ihren berühmten Landsleuten, die sich von Beginn des 20. Jahrhunderts bis in die 1930er Jahre in den stolzen Kunstzentren von Charkiw, Kiew und Odessa der künstlerische Moderne entfalteten – bis 1932 der „Sowjetische Realismus“ als einziger offizieller Stil in der Sowjetunion das Experiment Moderne beendete.
Die Ausstellung mit 90 Werken aus dem Bestand sowie Leihgaben aus Madrid, dem Nationalen Kunstmuseum der Ukraine und dem dortigen Museum für Theater-, Musik- und Filmkunst beleuchtet die Blütezeit der Moderne. Die prägte trotz Revolutionen, der traumatischen Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und der Umwälzungen in den Imperien die Kultur der Ukraine. Wie Yilmaz Dziewior, Direktor des Ludwig, betonte, waren die Bedingungen für die Schau „sehr kompliziert“.
Leihgaben aus Kiew
Unter schwierigen Bedingungen des Krieges wurden die Leihgaben aus Kiew herausgebracht, waren zuerst in Madrid zu sehen und sollen später in Brüssel, Wien und London gezeigt werden. Weitaus vielschichtiger als der westlich geprägte Begriff der „Russischen Avantgarde“, den das Museum Ludwig mittlerweile hinterfragt, ist die Schaffensphase nach Ansicht von Co-Kurator Konstantin Akinsha: „Das war Futurismus, Konstruktivismus, radikal modernistisch.“
Kasymyr Malewytsch (1879 – 1935) war ein aus der Ukraine gebürtiger Künstler und später dort als Lehrer prägend. Unter Suprematie (das Höchste) verstand er die Vorrangstellung der reinen Empfindung vor der gegenständlichen Natur. Das Schwarze Quadrat ist sein wiederkehrendes Motiv. Malewytsch gilt, neben Piet Mondrian, als der wichtigste Theoretiker der abstrakten Kunst, der wesentlich den Konstruktivismus beeinflusste. Alexandra Exter (1882 – 1949) legte in ihrer kubofuturistischen Komposition „Dame“ wiederum Farbfelder an, die an Mondrian erinnern.
In Kiew entstand 1917 die erste Kunstakademie der Ukraine mit dem Ziel, Kunst auf Grundlage nationaler Traditionen und der Weltkultur zu lehren. Einer der Gründerdozenten, Mychajlo Bojtschuk (1882 _ 1937) zum Beispiel, übernahm die Klasse für „Mosaik, Fresko und Temperamalerei“.
Holzschnittartig
Holzschnittartig wirkt sein „Mädchen mit Milchkannen“ aus den Jahren 1922–1923. Vertreten waren Künstler der Ukrainischen Moderne auch auf der internationalen Ausstellung zur freien Presse, der „Pressa“, die 1928 in Köln auf Initiative des Oberbürgermeisters Konrad Adenauer im eigens dafür gebauten Staatenhaus stattfand. Hell leuchteten die Neon-Buchstaben „USSR“. Unbeachtet blieb, dass in dem Pavillon eine ukrainische Sektion vertreten war. Das Ludwig zeigt nun Grafiken von Wasyl Jermilow.
Bis 24. September, Di bis So 10 – 18 Uhr, Bischofsgartenstraße 1.