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Vorgeschmack auf künftiges Museum„MiQua“-Ausstellung im Praetorium zeigt Leben der Römer und Juden in Köln

Lesezeit 4 Minuten
Die Rekonstruktion zeigt den Hof der Kölner Synagoge im Mittelalter.

So könnte die Kölner Synagoge im Mittelalter ausgesehen haben.

Weil sich die Eröffnung des jüdischen Museums in Köln („MiQua“) verzögert, soll eine Ausstellung im Praetorium einen Vorgeschmack geben.

Das „Museum im Quartier“, kurz „MiQua“, ist derzeit nicht viel mehr als eine große Baustelle, auf der lange Zeit Stillstand herrschte. Und eine seit über 20 Jahren in Köln diskutierte Idee eines einzigartigen Kulturorts, der die Zeugnisse der jüdischen und römischen Geschichte Kölns unmittelbar an ihrem Fundort unter einem Dach vereinen soll. Geplante Fertigstellungstermine des Projekts haben sich immer wieder in Luft aufgelöst (siehe Infotext).

Doch nun gibt es Hoffnung. Angesichts der vielen Verzögerungen soll im ersten Quartal 2024 im Praetorium eine Interimsausstellung eröffnen – als kleiner Vorgeschmack auf die spätere Dauerausstellung des MiQua. Das Praetorium, der römische Statthalterpalast unter dem Rathaus, ist bereits seit April 2019 wegen der MiQua-Baustelle geschlossen.

Die unterirdische Anlage soll als erster Bauabschnitt bis Anfang 2024 fertiggestellt und dann sofort für die Interimsschau mit dem Titel „Das MiQua kommt“ genutzt werden. Damit das funktioniert, muss aber die Haustechnik (Einbruch- und Brandmeldeanlage, Lüftung etc.) umgeplant werden.

LVR und Stadt teilen sich die Kosten

Laut den Plänen, über die der Kultur- und der Finanzausschuss im Juni entscheiden, werden sich der Landschaftsverband Rheinland (LVR) als Betreiber und die Stadt Köln als Bauherrin die Kosten von geschätzten 1,3 Millionen Euro jeweils zur Hälfte teilen. Angelegt ist die Übergangsschau auf einen Zeitraum von rund 18 Monaten – die Rede ist von Anfang 2024 bis Sommer 2025. Laut Kulturdezernat hängt die Dauer des Interims vom Baufortschritt ab und der Frage, wann der Endausbau der Dauerausstellung des Miqua beginnen müsse. Aktuell gehe man von Juli 2025 aus, ließ Kulturdezernat Stefan Charles mitteilen.

Ähnlich wie beim Stadtmuseum, das bis zur Eröffnung im Modehaus Sauer derzeit nur die kleine Pop-up-Bar bespielt, soll die Schau im Praetorium das Interesse am MiQua wecken. „Es besteht Einvernehmen bei allen Projektbeteiligten, dass eine Interims-Ausstellung im Praetorium eine vorzeitige Erlebbarkeit des MiQua bietet und somit positiv in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird“, teilt das Kulturdezernat mit.

Der LVR rechnet mit 100.000 Besuchern pro Jahr und einem finanziellen Ertrag von 480.000 Euro, der die Gesamtkosten von 1,8 Millionen Euro auf 1,3 Millionen reduzieren soll. Das Konzept für die Schau hat der LVR bereits erstellt, dabei werden Elemente der Landesschau „Rom am Rhein“ wiederverwendet.

Geschichten erzählen vom Alltag der Menschen

Konkret sollen Besucher beim unterirdischen Rundgang durch das Praetorium zwei „Spuren“ folgen können – einer jüdischen und einer römischen. Neben originalen Fundstücken wie dem steinernen Affenkopf von der gotischen „Bima“ (Lesekanzel) der Kölner Synagoge sowie Wandgrafiken und erklärenden Texten werden auch kurze Filme gezeigt. Darin sind Rekonstruktionen damaliger Gebäude, etwa der Synagoge aus dem 11. Jahrhundert zu sehen.

Interaktive Touch-Screens bieten Gelegenheit, über kleine Hörspiele etwas über den Alltag der Menschen der damaligen Zeit zu erfahren. Grundlage sind historische Quellen. Zum Beispiel geht es in einem Gespräch zwischen einer Hausfrau und einen Rabbiner um die Frage, ob man ein Huhn, das bei einem Sturz von einer Mauer gefallen ist, essen darf, obwohl es nicht nach der jüdischen Speisegesetzgebung geschlachtet wurde.

In einem anderen Gespräch unterhalten sich der römische Statthalter Didius Iulianus, der mittelalterliche jüdische Gelehrte Ascher ben Jechiel, die Kunsthistorikerin Luise Straus-Ernst und der Archäologe Otto Doppelfeld, der das Praetorium 1953 ausgegraben hat, bei einer fiktiven Stehparty darüber, wie sich das Viertel im Laufe seiner Geschichte verändert hat.


Chronik der MiQua-Baustelle

2010 beschließt der Stadtrat den Bau des „MiQua“, im selben Jahr sagt das Land Fördermittel zu. Die Stadt baut das Museum, der Landschaftsverband wird das „LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln“ betreiben, es soll 2015 fertig sein. Doch der Rohbau beginnt erst 2017. Nun hofft man, das markante Gebäude nach einem Entwurf des Büros „Wandel Hoefer Lorch + Hirsch“ Ende 2019 fertigstellen zu können.

Doch es kommt mehrfach zu Verzögerungen, die Kosten explodieren. Zuletzt wird ein Preis von 127 Millionen Euro genannt, als Jahr der Fertigstellung 2024. Beides ist inzwischen Makulatur. Ende 2021 kündigt die Stadt dem Stahlbauer wegen angeblich mangelhafter Leistung, die Baustelle ruht rund ein Jahr, dann wird ein anderer Stahlbauer beauftragt. Aktuell ist die Eröffnung für 2026 angekündigt. (fu)