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„1863·Paris·1874“Ausstellung im Wallraf-Richartz-Museum würdigt die Geburt des Impressionismus

Lesezeit 4 Minuten
WRM-Kuratorin Barbara Schaefer

WRM-Kuratorin Barbara Schaefer

Dem 150. Jahrestag dieses Ereignisses widmet das Wallraf ab 15. März bis 28. Juli eine große Schau, die diese „Revolution in der Kunst“ anhand von 81 Werken zeigt.

Heute zieren Motive von Monet, Manet, Degas und Renoir millionenfach Wandkalender oder Kunstdrucke, und ihre Sonderausstellungen sind Ereignisse mit Blockbuster-Garantie. Das war nicht immer so. Als am 15. April 1874 am Pariser Boulevard des Capucines die erste eigenständige Impressionisten-Schau eröffnete, galt sie als Treffen von Sonderlingen.

Dem 150. Jahrestag dieses Ereignisses widmet das Wallraf ab 15. März bis 28. Juli eine große Präsentation, die diese „Revolution in der Kunst“ anhand von 81 handverlesenen Werken auch mit ihrer Vorgeschichte würdigt.

„Bildunwürdige“ städtische Szenerien

Kuratorin Barbara Schaefer weiß, was die Impressionisten seinerzeit zu Außenseitern stempelte. „Es lag an den Themen, der Maltechnik und der Tatsache, dass die Werke größtenteils im Freien entstanden.“ Als Akademie-tauglich galten „Mythologie, Historiengemälde und heroische Landschaften. Das alles mit einer glatten Oberfläche – vom Malvorgang war nichts mehr zu sehen.“

Anders die Impressionisten: „Sie widmen sich dem Hier und Jetzt, ,bildunwürdigen' städtischen Szenerien oder einer einfachen Blumenwiese, malen mit raschem Pinselstrich, der so auch auf der Leinwand bleibt. Das galt als unfertig.“

Die Sehgewohnheiten bestimmten damals die jährlichen Salon-Ausstellungen der Pariser Akademie, deren Jury über Wohl und Wehe einer Karriere urteilte. Doch 1863 setzte Napoleon III. das erste wichtige Datum, indem er den zunehmenden Protesten der ausjurierten Malerinnen und Maler nachgab und einen „Salon des Refusés“ ins Leben rief.

Dieses Forum der Zurückgewiesenen würdigt Köln als Vorstufe der Initialzündung von 1874 und zeigt daraus gleich zwei Meisterwerke: Paul Cézannes Porträt von Antony Valabrègue, wobei den Geschmacksrichtern wohl die ungestüm mit dem Palettmesser aufgespachtelte Farbe missfiel.

Und dann Claude Monets „Frauen im Garten“. „Da hatte sich der Künstler schon mit den akkurat gemalten Roben der Damen alle Mühe gegeben und auch mit dem Großformat auf Salontauglichkeit gesetzt, aber letztlich waren für die Jury vielleicht die flirrende Botanik und der Lichteinfall des Guten zu viel“, vermutet die Kuratorin.

Schau mit kleinem Wermuts-Tropfen

Nun kommt dieses Prunkstück als Leihgabe des Pariser Musée d'Orsay an den Rhein. Letzteres hatte als weltgrößter Impressionistentempel den 150. Jahrestag natürlich ebenso auf dem Schirm wie das Wallraf und spielt seine Trümpfe spektakulär aus (siehe Info am Textende). „Natürlich können wir damit nicht konkurrieren“, räumt Schaefer ein.

Dass man nun kein Bild aus der 1874er Debütpräsentation (wohl aber im selben Jahr entstandene Gemälde) zeigen kann, ist freilich nur ein Wermutströpfchen. Denn aus den späteren sieben Pariser Impressionistenausstellungen bis 1886 erhält man fantastische Leihgaben: Monets „Grüne Welle“ aus dem New Yorker Metropolitan Museum, vom gleichen Künstler eine grandiose Strandszene (Art Institute Chicago), dazu Degas' apart belichtete „Probe im Tanzsaal“ (Phillips Collection Washington) oder Paul Gauguins „Interieur mit Aline Gauguin“ aus Sheffield.

Das intelligente Konzept der Kölner Schau soll zeigen, „wo die Revolutionäre herkamen. Vielen ist gar nicht bewusst, dass Berthe Morisot, Sisley, Pissarro und Monet alle auch im klassischen Salon ausgestellt haben.“ Dieses Kapitel ist im Wallraf zudem mit Werken von Courbet, Corot und Millet bestens bestückt. Wobei Édouard Manets „Toter Torero“ (National Gallery, Washington) – „ein ganz, ganz beeindruckendes Bild“ – zusätzlich als Werbeplakat die Museumsfassade zieren wird.

Viele Künstler, so Schaefer, „suchten durchaus die offizielle Anerkennung, haben aber ihre avantgardistischen Ideen weiterverfolgt. Irgendwann ging die Schere auseinander, und sie wurden vom Salon nicht mehr berücksichtigt“.

Umgekehrt sieht man in Köln auch eine „Badende“ von William Adolphe Bouguereau. „Der hat ganz klar auf den Zeitgeschmack und den Rückenwind des Salons gesetzt. Er wollte verkaufen, und die Kunstkritik hat ihm auf die Schulter geklopft.“

War die Leihgaben-Beschaffung schwierig? „Keineswegs. Also gut, Manets ,Frühstück im Grünen' haben wir gar nicht erst angefragt, aber es lief alles sehr erfreulich – auch weil wir bei der Vorbereitung der Amerika-Ausstellung (2018/19) viele Brücken über den Atlantik geschlagen haben.“

Natürlich hofft Barbara Schaefer auf großes Publikumsinteresse. „Denn ganz abgesehen von der Klasse der Exponate könnte unser Konzept für die Besucher ein spannendes Erlebnis bieten. Man denkt ja gern in aufeinander folgenden Abschnitten, aber wir zeigen, was alles parallel geschah.“

So hängen im großen Mittelsaal des Obergeschosses die im Salon nobilitierten Impressionisten neben den abgelehnten, „so dass man sich immer nach dem Warum fragen kann“.

„1863·Paris·1874: Revolution in der Kunst – Vom Salon zum Impressionismus“ vom 15. März bis 28. Juli.


Der Platzhirsch

Das Musée d'Orsay zeigt vom 26. März bis 14. Juli eine große Impressionisten-Ausstellung mit rund 130 Werken, die ab 8. September in der National Gallery Washington zu sehen ist. Außerdem verleiht das Haus in einem nationalen Kraftakt 178 Gemälde an 34 Orte vom korsischen Ajaccio bis zur Normandie-Gemeinde Yvetot.

Besonders reich bedacht werden dabei Caen, Giverny, Rouen und Tourcoing, aber auch der kulturelle Außenposten in der römischen Villa Medici sowie Saint-Denis im Überseedépartement La Réunion dürfen sich über weitere Leihgaben freuen. (Wi.)