Die Kunstsammlung NRW würdigt das Lebenswerk einer Feministin und Friedensaktivistin, die schon vor ihrer Beziehung zu John Lennon eine bekannte Künstlerin war.
K 20 in DüsseldorfYoko Ono – Musikerin, Friedensaktivistin und Künstlerin
Es ging erst um einen Kleckerbetrag, später um Liebe: Yoko Ono traf im November 1966 bei der Vorbesichtigung ihrer „Unfinished Paintings Objects“ (Unvollendete Gemälde, Objekte) in London auf einen Seelenverwandten: „In der Indica Gallery kam jemand auf mich zu und fragte, ob es okay sei, wenn er einen Nagel in das Gemälde schlüge. Ich sagte, das sei okay, wenn er fünf Shilling zahle. Statt die fünf Shilling zu zahlen, fragte er, ob es okay sei, wenn er einen imaginären Nagel einschlüge. Das war John Lennon. Ich dachte, da habe ich wohl einen Kerl kennengelernt, der dasselbe Spiel spielt wie ich.“
Gewaltfreier Protest
Gemeinsam spielten sie sich in die Herzen der Welt ein und entfachten in ihrem berühmten „Bed-ins“ den gewaltfreien Protest für den Frieden während des Vietnamkriegs. Als Aktivistin ist die mittlerweile 91-jährige Yoko Ono immer noch präsent – vielleicht mehr denn je, auch wenn sie zur Eröffnung der Ausstellung „Yoko Ono. Music of the Mind“ im K20 der Kunstsammlung NRW nicht kommen kann.
Ihre Botschaft wird in Düsseldorf auf digitalen Werbetafeln und dem Kö-Bogen verbreitet. Es lohnt sich, die Kopfhörer aufzusetzen und die Musik zu hören, die sie mit John, aber auch solo aufnahm. Ende 1980 erschien ihr Album „Double Fantasy“, keinen Monat später wurde Lennon bei einem Attentat ermordet. Ono produzierte weiter, ging mit dem Album „Starpeace“ 1986 auf Tournee.
„Ich glaube, das war der Grund dafür, dass ich überlebt habe – es war die Musik, die mich hat überleben lassen“, sagte sie einmal. Ono war schon lange vor ihrer Beziehung zu Lennon eine bekannte Künstlerin. Als Kind des Pianisten Eisuke, der sein Geld als leitender Bankangestellter verdiente, wurde sie in Tokio geboren. Die Familie lebte zwischenzeitlich auch in den USA und fördert ihre frühe musikalische Bildung.
Als die USA in Reaktion auf den Angriff auf ihren Marinestützpunkt in Pearl Harbor auf Hawaii Japan den Krieg erklärte, war das eine Zäsur in ihrer Kindheit. 1945 wurde die Familie aus Tokio aufs Land evakuiert, litt Hunger. Mit ihrem Bruder Keisuke legte Yoko Ono sich auf den Boden und schaute in den Himmel. „In der Luft stellten wir uns Speisekarten vor und nutzten die Vorstellungskraft zum Überleben. Vielleicht war das mein erstes Kunstwerk.“ Lebenswillen, Obskures, Witziges und Experimentierfreude spiegelt die Ausstellung wider.
Konsequentes Muster
Aber vor allem zeigt sie Yoko Ono an der Schnittstelle von der Fluxusbewegung zur Konzeptkunst. Das Gemeinschaftswerk mit der Tate Modern war zuerst in London zu sehen. Ab Samstag sind im K 20 mehr als 200 ihrer Werke zu erleben: Partituren, Videos, Bilder und Objekte, die über sieben Jahrzehnte hinweg ein konsequentes Muster erkennen lassen. „Ihr eigentliches Medium ist es, die Vorstellungskraft des Betrachters hervorzuholen“, erklärt Co-Kuratorin Patrizia Dander, die die Ausstellung im Frühjahr an den Berliner Gropius-Bau mitnehmen wird.
Als erste Frau in Japan begann Yoko Ono 1952 ein Philosophiestudium, schrieb sich nach einem Jahr in den USA für Lyrik und Komposition ein, brach das Studium aber ab, fasste stattdessen Fuß in der New Yorker Avantgarde-Szene, wo sie den Komponisten John Cage kennenlernte. „Cage verdanke ich die Zuversicht, dass die Richtung, die ich eingeschlagen hatte, nicht idiotisch war.“ Susanne Gaensheimer, Direktorin der Kunstsammlung, sieht den Bezug zu NRW in der Fluxusbewegung.
Eine Kunstrichtung, die mit Happenings und Performances, die schöpferische Idee in den Mittelpunkt stellte. George Maciunas, Propagandist dieser Bewegung, bewunderte Ono und gab ihr 1961 die erste Einzelausstellung in seiner AG Gallery in New York. 1964 inszenierte sie das erste „Cut Piece“ in Kyoto. Die Betrachter forderte sie in der Performance, die später in der New York gefilmt wurde auf, ihr auf der Bühne Stücke aus ihrer Kleidung herauszuschneiden. Sie machte sich dabei aber nur vordergründig zum Objekt. Denn die wahren Objekte waren in dem Moment diejenigen, die glaubten, die Situation ausnützen zu können.
Wie der geckenhafte junge Mann, der ihr zuletzt den BH aufschnitt. In ihrem 1964 erschienenen Buch „Grapefruit“ entfesselt Ono das Denken und zeigt im Film „No. 4 (Bottoms)“ 365 blanke Hinterteile von prominenten Vertretern des Swinging London, darunter auch die Gesäße der noch unbekannten Gruppe Pink Floyd. Als Pionierin feministischer Kunst bewahrt sie sich in ihren Arbeiten eine Heiterkeit, die Besucher der Ausstellung auch spielerisch erfahren sollen. Wie in „Painting to Shake Hands“ von 1961.
Loch in der Leinwand
Durch das Loch in der Leinwand gibt man sich die Hand. In „Half a Room“ von 1967 sind in der Mitte geteilte Möbel, Geräte, Blumen, ein Bild oder Koffer zu sehen. „Moleküle sind immer dabei, halb zu verschwinden und halb zu entstehen“, erklärte Ono rückblickend zu dieser Arbeit. Sie selbst bleibt da.
Bis 16. März, Di bis So 11 – 18 Uhr, Grabbeplatz 5, Düsseldorf.