Die Premiere ist ein voller Erfolg, das Publikum ist vom westlichen Klassiker im südafrikanischen Gewand begeistert.
Isango Ensemble„Die Zauberflöte – Impempe Yomlingo“ eröffnet das 35. Kölner Sommerfestival
Die drei Damen der Königin sind entzückt: was ist das doch für ein hübscher Kerl! Und dazu auch noch ohnmächtig. Sie nutzen die Situation weidlich aus und betätscheln den gutaussehenden Unbekannten von oben bis unten. Zumal sie ihm kurz zuvor das Leben gerettet haben. Da muss ein bisschen Spaß schon drin sein. Heute würde man das als übergriffig bewerten.
1791, als Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Die Zauberflöte“ uraufgeführt wurde, machte man sich darüber noch keine Gedanken. In diesem Sinne ist der Anfang des ersten Akts, so wie ihn das südafrikanische Isango Ensemble auf die Bühne der Kölner Philharmonie bringt, durchaus authentisch. Aber sonst ist in der bahnbrechenden Adaption des britisch-südafrikanischen Regisseurs Mark Dornford-May (fast) alles ganz anders als im Original.
Donnerstagabend eröffnet „Die Zauberflöte – Impempe Yomlingo“ das 35. Kölner Sommerfestival: Die Premiere ist ein voller Erfolg, das Publikum vom westlichen Klassiker im südafrikanischen Gewand begeistert. Wenn sich der schöne Unbekannte alias Prinz Tamino (Masakana Sotayisi) auf den Weg macht, um Tamina (Nombongo Fatyi), die Tochter der Königin der Nacht (Paulina Malefane), aus den Fängen des Fürsten Sarastro (Ayanda Tikolo) zu befreien, unterstützt von Vogelfänger Papageno (Luvo Tamba), dann geschieht das vor Wänden aus rostigem Wellblech auf hölzerner Rampe.
1791 wurde Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Die Zauberflöte“ uraufgeführt
Statt mit Holz- und Blechbläsern, Pauken, Tastenglockenspiel und Streichern wird Mozarts Musik von Marimbas, Trommeln, klatschenden Händen und Wasserflaschen in unterschiedlicher Füllhöhen als Klangkörpern umgesetzt. Das hört sich überraschend anders und erfrischend schön an. Aber paradoxerweise gleichzeitig auch genau richtig. So, als hätte es schon immer so klingen müssen, so mitreißend-fröhlich, füllig-rund und gute Gefühle auslösend. Später fügen afrikanische Chorgesänge dem eine weitere neue Facette hinzu.
Tamino besteht seine Abenteuer nicht länger im Märchenreich, sondern mitten im Township. Aber auch da geschehen Wunder. Beispielsweise, dass sich die Zauberflöte – in die Sprache der südafrikanischen Xhosa übersetzt Impempe Yomlingo – in eine Trompete verwandelt. Die vom Musikalischen Leiter des Ensembles, Mandisi Dyantys, in cooler Jazzmanier gespielt wird.
Die schönen Stimmen – besonders die von Paulina Malefane, der auch die künstlerische Leitung obliegt und die die hoch riskant zu singende Arie der Königin der Nacht mit Lerchenleichtigkeit bewältigt und Ayanda Tikolo, dessen charakterstarker Bassbariton auch einem Porgy gut anstehen würde – und die farbenfrohen Kostüme tun ein Übriges, dieses Kulturen verbindende Singspiel auf der Höhe der Neuzeit zum Genuss für alle Sinne zu machen.
Für Frauenpower sorgen nicht nur die drei Damen der Königin (Sisipho Hubela, Siyanda Ncobo und Cikizwa Rolomana), die mit ihren Speeren ebenso lässig Ungeheuer töten wie sie Sarastros Bodyguards abmurksen, sondern auch drei spirituelle Wesen (Siyasamkela Kakaza, Zoleka Mpotsha und Ongeziwe Phelisa). Von ihren Outfits – Tussi-Kostüme, magentafarbene Handschuhe und Handtaschen oder mit rosa Federn gesäumte Babydolls zum Teddybär im Arm – darf man sich keinesfalls täuschen lassen. Immer wieder greifen sie machtvoll ins Geschehen ein, stehen Tamina in weiblicher Solidarität zur Seite.
Die jetzt auf Englisch gesungenen Arien wie „Der Vogelfänger bin ja ich“ oder „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ erkennt man mit Entzücken wieder und freut sich auch über die Gimmicks. Jedes Mal, wenn die Königin der Nacht erscheint, leuchtet über ihr eine blaue Neonmondsichel auf, die Geist-Frauen werden vom pinkfarbenen Neonschriftzug „The Spirits“ begleitet, und die Vogelschar, die Papageno fast schon in seinem Käscher wähnt, trägt rosa Suits, auf deren Rücken das Wort „Bird“ im Brilli-Look glitzert.
Während die Musikerinnen und Musiker im Mix aus traditioneller Kleidung und Streetlook auftreten, wirkt die Königin der Nacht mit ihrer Lederkorsage und dem wallenden Rock aus grauen, schwarzen und weißen Federn wie eine Mixtur aus Steampunk-Lady und fantastischem Vogelwesen. Aber für Papagenos Netz ist die erzürnte Beherrscherin der Stunden zwischen Dämmerung und Morgen mehr als nur eine Nummer zu groß.
135 Minuten (mit Pause), in englischer Sprache, bis 14.7, Bischofsgartenstr. 1, Fr. 20 Uhr, Sa. 15 und 20 Uhr, So. 14 und 18 Uhr. Preise: ab 69,90 Euro inklusive Gebühren.
Weitere Gastspiele im Rahmen des 35. Kölner Sommerfestivals: „Les Ballets de Trockadero“ (Premiere. 16.7., bis 21.7.), „Elvis Tribute Artist World Tour“ (Premiere: 23.7., bis 28.7.), „Cabaret“ (Premiere: 30.7., bis 4.8.). Tickets unter Tel. 0221 280 280. Mehr Infos gibt es auf der Homepage des Sommerfestivals.