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Interview mit Jan Bülow„Dieses Projekt war Liebe auf den ersten Blick“

Lesezeit 4 Minuten
Johannes Leinert (Jan Bülow, l) und Dr. Julius Strahten (Hanns Zischler, 2.v.l.) beim Kräftemessen unter Physikern in einer Szene des Films «Die Theorie von allem» (undatierte Filmszene).

Drama in Schwarz-Weiß: Jan Bülow (l.) mit Hanns Zischler und Marie Goyette.

Gespräch mit dem Schauspieler Jan Bülow über seinen neuen Kino-Film „Die Theorie von allem“ und durchgeknallte Rocker.

Jan Bülow kommt vom Theater, ist im Ensemble des Burgtheaters. Einem breiten Publikum wurde er als Panikrocker in „Lindenberg – Mach dein Ding“ bekannt. Dieter Oßwald sprach mit ihm über seinen neuen Film „Die Theorie von allem“, der Donnerstag seinen Kinostart hat.

Herr Bülow, wie oft haben Sie das Drehbuch lesen müssen, bis Sie die schräge Story um Weltformel und Quantenmechanik kapiert haben?

Ich habe es eigentlich noch immer nicht kapiert! (Lacht) Dennoch hat sich mir der Sinn dieser Geschichte schnell erschlossen ich war sofort begeistert. Dieses Projekt war Liebe auf den ersten Blick. Man muss nicht alles verstehen auf metaphysischer Ebene, um von dieser Story fasziniert zu sein. Als ich den fertigen Film mit Regisseur Timm Kröger ansah, sind mir Sachen aufgefallen, bei denen ich ihn fragte „Weshalb ist nun das nochmal passiert?“. Worauf er mir das erneut erklärte. Es gibt es für alles in diesem Film eine schlüssige Erklärung – aber es geht auch ohne!

Rigorose Filme wie dieser sind Raritäten im deutschen Kino. Ist die Branche zu feige, weil Förderfürsten und TV-Sender das so verlangen?

Das kann ich nicht sagen, ich bin kein Filmwissenschaftler. Vermutlich muss man weniger den Produzenten die Schuld geben, als dem Publikum, welches eben bestimmte Dinge sehen möchte. Der deutsche Zuschauer ist oft sehr anspruchslos. Vieles wird ständig vorgekaut und überkandidelt dargestellt. Bei Komödien finde ich den Humor grauenhaft.

Das geht in Amerika ganz anders, wenn ich etwa an Ben Stillers „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ denke, einen meiner Lieblingsfilme.

Nicht nur inhaltlich, auch formal gibt sich der Film radikal. Wie wirkt sich das visuelle Konzept auf das Spielen aus?

Für mich als Theatermensch war es schwierig, mich daran zu gewöhnen, was genau der Regisseur möchte. Beim Film bin ich zunächst immer sehr misstrauisch. Ich muss mich jedes Mal wieder daran gewöhnen, dass eine Aufnahme unwiderruflich ist. Die Ansage des Regisseurs war oft: „Mach noch weniger!“. Denn diese Psychothriller-Ebene funktioniert nicht, wenn man sie als Schauspieler mitspielt. Wenn ich die ganze Zeit Panik und Verwirrung spiele, dann kommt das beim Publikum nicht an.

War diese Rolle die notwendige Abwechslung zu Udo Lindenberg?

Udo in allen Ehren, aber ich habe schon zwischendurch ein bisschen Angst gehabt, dass ich auf den Lindenberg festgelegt werde. Und nur noch für durchgeknallte Rocktypen besetzt werde. Deswegen war es mir wichtig, einen Punkt zu machen. Und in einem völlig anderen Film eine völlig andere Rolle zu spielen. Mir gefallen Herausforderungen, ich finde langweilig, wenn Dinge einfach sind.

Glauben Sie selbst an Verschwörungstheorien und Metaversen? Oder sind das ganz fremde Welten?

Ich habe schon einen gewissen Sinn für okkultes Zeug. Wenn ich bei Verschwörungstheorien aber finde, dass es keine wissenschaftliche Grundlage gibt, dann hört es auf, mich zu begeistern. Bei metaphysischen Dingen verstehe ich nur Bahnhof. Mehr als Quantenphysik für Dummies kann ich nicht erklären. Anderseits macht es doch Spaß, bei einem ersten Kennenlernen zu erzählen, dass es total viele Welten gibt. Und wir uns dort nie getroffen hätten. (Lacht)

Muss man sich Regisseur Timm Kröger als Nerd vorstellen, der auch in der Mittagspause nur über Einstein redet?

Timm ist ein ganz normaler, fröhlicher Mensch. Er weiß genau, was er möchte, weil er jede Szene vorab schon 10 000 Mal durchgespielt hat. Der Dreh war völlig entspannt, weil dieser wissenschaftliche Diskurs im Film ja gar keine große Rolle spielt. Da geht es mehr um Anekdoten dazu. Verstehen kann diese Dinge ohnehin nur, wer eine angeborene Kerbe im Gehirn hat.

Welche Kerbe im Gehirn braucht ein Schauspieler? Was ist die wichtigste Qualität in dem Job?

Für mich persönlich? Ich kann gut reagieren. Wenn zum Beispiel Leute nicht recht haben, kann ich mich irgendwann damit abfinden. Ich bin kein Besserwisser. Ich bin gut in der Zusammenarbeit mit anderen Leuten. Ich bin ein ziemlicher Team-Mensch.

Was ist Ihr Ratschlag für Kinogänger? Ein Flasche Rotwein mitnehmen?

Es sollte jedem selbst überlassen sein. Ich finde, den Film kann man sich durchaus zweimal anschauen. Muss man aber nicht. Wenn mir jemand sagt, dass er mit dem Film überhaupt nichts anfangen kann, finde ich das auch in Ordnung. Ich bin jedenfalls sehr happy damit. Und ich freue mich, wenn andere Spaß daran haben. Wer dabei gerne Rotwein trinkt, nur zu!