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Freddy Quinn wird 90 Jahre altEin Sänger, der die Deutschen mitten ins Herz traf

Lesezeit 3 Minuten
Freddy Quinn

 Der österreichische Sänger Freddy Quinn 

Hamburg – Es geschah Anfang der 50er-Jahre in einer Hamburger Hafenkneipe. Dort, in der „Washington Bar“ auf St. Pauli, saß ein junger Mann am Tresen, sang zur Gitarre Hillbilly-Songs und internationale Folklore. Neben Seeleuten und Damen des horizontalen Gewerbes war auch ein Reporter anwesend – der spätere Erfolgsregisseur Jürgen Roland („Stahlnetz“).

Der verschaffte dem talentierten Sänger seinen ersten TV-Auftritt. Ein Superstar war geboren: Freddy Quinn. So nannte sich der Jüngling mit der Sehnsucht in der kraftvollen Bariton-Stimme. Und er stieg schnell zu einem der größten Unterhaltungskünstler im Nachkriegs-Westdeutschland auf.

„Heimweh“, „Brennend heißer Wüstensand“, „Junge, komm bald wieder“ oder auch „Die Gitarre und das Meer“ hießen die wehmutsgeladenen Schlager, mit denen der stets adrett auftretende Freddy die mit dem Wiederaufbau ihres Landes beschäftigten Deutschen mitten ins Herz traf. Mehr als 60 Millionen Tonträger verkaufte er bis zur Jahrtausendwende. Er erhielt mehr als ein Dutzend Goldene Schallplatten und wurde 1984 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Aus der Öffentlichkeit zurückgezogen

Nun wird der Entertainer, der auch als Zirkusartist und Schauspieler Furore machte, 90 Jahre alt. Ob er seinen runden Geburtstag in Hamburg feiert oder anderswo, ist jedoch unbekannt – denn Quinn hat sich seit Längerem aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Ohnehin ist der Vorzeige-Seemann, von Geburt übrigens Österreicher, zeitlebens eine geheimnisumwitterte Person gewesen.

Als Manfred Franz Eugen Helmuth Nidl kam er am 27. September 1931 zur Welt. Sein Vater war laut Quinn ein Kaufmann irischer Abstammung, der wohl bereits 1943 in den USA, wo sein Sohn ihn nach Kriegsende suchte, gestorben war. „Damals lernte ich zum ersten Mal, was echter Seelenschmerz ist“, erklärte der Star später.

Mit seinem Liebesleben hielt sich der Frauenschwarm ebenfalls bedeckt. So starb 2008 Ehefrau Lilly Blessmann, die er Jahrzehnte lang als seine Managerin bezeichnet hatte. „Sie war mein guter Stern“, sagte Freddy über Lilly. Inzwischen er mit seiner fast 30 Jahre jüngeren Partnerin Rosi glücklich, wie er 2019 in einem seiner raren Interviews sagte. Beide reisten gern – bis nach Asien und Afrika. Und zu Hause repariere er mit Vorliebe alte Uhren. 2006 hatte Quinn zu Protokoll gegeben: „Es hat mich fast amüsiert, wenn Leute verbreitet haben, ich sei schwul.“

Mit großen Weltstars auf der Bühne gestanden

Auch zu seinem Beruf hat die Showgröße distanzierte Ansichten formuliert. „Ich bin Dienstleister und richte mich danach, was die Leute von mir verlangen“, resümierte er einmal. Dabei trat Quinn in seiner Sängerkarriere mit Weltstars wie Johnny Cash und Nana Mouskouri auf. Nur um Haaresbreite verpasste er den internationalen Erfolg, denn den Al-Martino-Titel „Spanish Eyes“ hatte der Komponist Bert Kaempfert eigentlich Quinn zugedacht.

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Daheim kam er auch im Kino groß heraus: „Die große Chance“ war 1957 Titel eines Musikfilms, in dem er einen Studenten in Heidelberg darstellte, der sich mit seiner Band ein Zubrot verdient. Der Auftakt zu 13 Freddy-Filmen bis 1971.

Als Theaterdarsteller bejubelten ihn seine Fans unter anderem bei mehr als 600 Vorstellungen des Musicals „Heimweh nach St. Pauli“ auf bundesdeutschen Bühnen. Doch Quinns ganz besondere Liebe scheint der Artistik zu gehören, wie er sie in Sendungen wie „Stars in der Manege“ vorführte. Seine Fähigkeiten auf dem Hochseil und als Dompteur hatte er erlernt, als er sich in sehr jungen Jahren einem Wanderzirkus anschloss. „Die Zeit beim Zirkus war die wichtigste Lehre in meinem Leben überhaupt“, sagte Quinn. (dpa)