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Deutsche FilmregisseurinKämpfen, leiden und lieben – Margarethe von Trotta wird 80

Lesezeit 4 Minuten
Margarethe von Trotta dpa Premium PIC

Margarethe von Trotta 

Köln – „Als alte Frau mach’ ich keine Revolution mehr!“ Während ihre Schwester Juliane (Jutta Lampe) Ende der 60er Jahre in einer Frauenzeitschrift geduldig für Emanzipation und gegen den Paragraphen 218 kämpft, drückt Marianne aufs Tempo. Umsturz, sofort – gewaltsam aus dem Untergrund.

Barbara Sukowa verkörpert diese gefährliche Radikale in Margarethe von Trottas Meisterwerk „Die bleierne Zeit“ (1981). Hinter eisblauen Augen wütet ein Zorn, der auch Juliane trifft, die sie dann doch wieder verzweifelt herzt. Kampf, Leid und Liebe, der typische Dreiklang in den Filmen dieser Regisseurin, die am 21. Februar ihren 80. Geburtstag feiert.

Zuerst die Figur, dann die Politik

Die historischen Vorbilder – RAF-Terroristin Gudrun Ensslin und ihre Schwester, die „Emma“-Journalistin Christiane – schimmern zwar deutlich durch, und es toben durchaus Debatten um sanften gegen kriminellen Widerstand. Letztlich aber spiegelt der Film die ideologische Sprengkraft der Geschichte raffiniert im menschlichen Drama.

Margarethe von Trotta 1970 mit Rainer Werner Fassbinder in „Baal“

Zuerst die Figur, dann die Politik, so könnte überhaupt das Motto der gebürtigen Berlinerin heißen, die sich eher ungern als „Frauenregisseurin“ titulieren lässt. „Martin Scorsese dreht fast nur Filme mit Männern über Männer, aber niemand käme auf die Idee, ihn als Männerregisseur zu bezeichnen.“ Wäre aber so falsch nicht…

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Der erste wichtige Mann ihres Künstlerlebens ist Ingmar Bergman, dessen Schwarzweiß-Geniestreich „Das siebente Siegel“ sie mit 18 umwirft. Gleichzeitig schnuppert sie in Paris den frischen Wind der Nouvelle Vague, steht dann für Rainer Werner Fassbinder („Warnung vor einer heiligen Nutte“), Herbert Achternbusch („Das Andechser Gefühl“) und ihren langjährigen (1971-91) Ehemann Volker Schlöndorff („Der Fangschuss“) vor der Kamera.

Debüt als Regisseurin und Autorin im Jahr 1978

Er vertraut ihr auch die Co-Regie der Böll-Verfilmung „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ an, bevor sie 1978 ihr eigenständiges Debüt als Regisseurin und Autorin souverän besteht: „Das zweite Erwachen der Christa Klages“, dessen Titelheldin kein Heimchen am Herd, sondern eine Bankräuberin ist.

Drei Jahre später gewinnt „Die bleierne Zeit“ den Goldenen Löwen in Venedig, und fortan setzen Margarethe von Trotta und Barbara Sukowa markante Wegmarken: Die Aktrice bekommt 1986 in Cannes die Goldene Palme für ihre Hauptrolle in „Rosa Luxemburg“, einem Zeitgemälde von verblüffender Visconti-Opulenz. Den wilhelminischen Mief will die Revolutionärin mit rhetorischem Furor wegfegen, ohne ihre Menschlichkeit zu verlieren: „Alle Welt muss umgestürzt werden. Aber jede Träne, die geweint wurde, auch wenn sie abgewischt werden konnte, ist eine Anklage.“

Margarethe von Trotta 2011 mit Barbara Suckowa am Set von „Hannah Arendt“.

Manchem mag dies als Politkino im Weichspülgang erscheinen, doch man täusche sich nicht: Hier wie in der „Bleiernen Zeit“ zeigt die Staatsgewalt ihr hässliches Gesicht.

TV und Buch

Am 21. Februar heißt es bei Arte: „Ein Abend mit Margarethe von Trotta“. Deren Spielfilm „Rosenstraße“ mit Katja Riemann, Jutta Lampe und Maria Schrader eröffnet um 20.15 Uhr das Programm.

„Zeit der Frauen“ heißt um 22.25 Uhr ein Dokumentarfilm, in dem Cuini Amelio Ortiz und Peter Altmann prägende Karrierestationen der Filmemacherin zeigen und wichtige Wegbegleiterinnen und - begleiter (darunter Barbara Sukowa und Volker Schlöndorff) zu Wort kommen lassen. Der Beitrag ist bis zum 21. Mai auf arte.tv zu sehen. (Wi.)

Mit „Gegenwärtig sein“ veröffentlicht Filmpublizist Thilo Wydra dieser Tage sein drittes Buch über Margarethe von Trotta. Und wie das so ist, wenn man sich schon so lange kennt, ist es ein ganz persönliches geworden. Ein Gespräc, wie unter Freunden, in dem man dem Gegenüber tiefe Einblicke in sein privates und berufliches Leben gewährt - und auch ein lang gehütetes Geheimnis preisgibt (Kampa Verlag , 350 S., 24 Euro.) (rrh)

So bildstark und packend wirkt nicht jedes Werk der zigfach preisgekrönten Regisseurin, die von sich sagt: „Ich drehe fast so schnell wie Fassbinder.“ Allerdings schwächeln Arbeiten wie „Ich bin die Andere“ oder das Ost-West-Melodram „Das Versprechen“ an der Kinokasse, so dass Trotta acht Jahre lang um die Finanzierung von „Hannah Arendt“ kämpfen muss.

Doch 2013 glückt das Comeback mit Sukowa als jüdischer Philosophin. Sie ist schillernder Mittelpunkt jener New Yorker Cocktailpartys, auf denen die Argumente am Wetzstein des Widerspruchs geschliffen werden. Ihre Berichte über den Eichmann-Prozess und die These von der „Banalität des Bösen“ polarisieren. Doch die Kettenraucherin bleibt unbeirrbar noch auf Abwegen, reagiert allerdings gekränkt, wenn sie Liebesverlust spürt.

Man unterstellt ihr Arroganz, doch da springt die Regisseurin der Figur bei: „Das passiert Frauen, die scharfsinnig und aggressiv sind, häufiger als Männern.“ Kein Zweifel, Margarethe von Trotta liebt ihre starken und verletzlichen Heldinnen. Dies wird man gewiss auch ihrem nächsten Film über Ingeborg Bachmann und Max Frisch anmerken.