Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Bonner MuseumAugust Macke Haus meldet sich mit „Italiensehnsucht!“ zurück

Lesezeit 3 Minuten

Bonn – Zwischen den prallen Wassermelonen mit Blick auf die Villa Romana in Florenz von Theo van Brockhusen (der unübersehbar van Gogh im Sinn hatte), den aufgeschichteten Häuschen von Positano, die Adolf Erbslöh monumental inszenierte, und Anita Rées Porträt der barbusigen Giuseppina kann man sich kaum entscheiden: Alle drei Bilder, jedes auf seine Art, transportieren das, was das Museum August Macke Haus als Titel über seine aktuelle Ausstellung setzt: „Italiensehnsucht!“

Von 1905 bis 1933

Im Jahr 1905 unternahm August Macke seine erste Italientour – und wie ihn zog es Tausende deutsche Künstler bis 1933, als die Nazis der Moderne einen Riegel vorschoben, in den Süden: nach Rom und Rapallo, nach Florenz, Positano und in die Campagna. Dort hatte sich 1787 schon Goethe von Heinrich Tischbein malen lassen. Bereits seit 1800 galt etwa Rom als Mekka für seine Landsleute – bis in die 1930er Jahre lebten dort dauerhaft rund 1200 Maler, Zeichner und Bildhauer aus Deutschland.

Der Süden in Bonn

Bis zum 19. September ist die Ausstellung „Italiensehnsucht! Auf den Spuren deutschsprachiger Künstlerinnen und Künstler 1905-1933“ (Do 11−19 Uhr, Fr bis So 11−17 Uhr, Hochstadenring 36, Bonn). Zur Ausstellung ist ein Katalog im Wienand Verlag erschienen.(EB)

Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg: Hunger, Entbehrungen, die Stimmung im Keller, Weltwirtschaftskrise im Anmarsch. Da bot sich das idyllische, bukolische, traumverlorene Leben in Italien geradezu an – la dolce vita. Dass seit 1922 der Faschist Benito Mussolini regierte, die soziale und politische Lage desolat waren, dafür interessierten sich die Schöngeister aus Germania nicht. Das hat Martina Padberg im Zuge ihrer Recherchen für die Ausstellung herausgefunden. Im Erweiterungsbau des Macke-Hauses hängen nun 100 Gemälde und Zeichnungen von 40 internationalen Leihgebern, die diesen eher blauäugigen Blick auf ihr Sehnsuchtsland dokumentieren. Begeisterung und Faszination für das Licht und die Farben des Südens durchströmen die meisten Werke.

Ab nach Italien!

Eine Begeisterung, die ansteckend ist. Für viele Besucher dürfte die Schau der letzten Ausschlag geben, die Italienreise zu buchen. Dabei birgt die Schau, mit der sich das Macke-Museum nach siebeneinhalb Monaten Zwangspause zurückmeldet, ihre eigene Corona-Tragik: Vor einem Jahr sollte sie eröffnet werden, wegen der Pandemie setzte man „Italiensehnsucht!“ ans Ende der Ausstellungstournee. Die startete in Würzburg, ohne dass man die Schau besuchen konnte. In Zwickau, zweite Station, war sie ganze vier Tage zu sehen. Bonn wird mehr Glück haben.

Und so kann man mit den Augen von Wassily Kandinsky – noch ganz impressionistisch gepolt – und Gabriele Münter über das Meer bei Rapallo im Jahr 1906 blicken, darf auf den Spuren Mackes den in der Lagune dümpelnden Gondeln zusehen. Der 18-Jährige war sichtlich hingerissen von der venezianischen Nacht.

Das könnte Sie auch interessieren:

Der Rheinische Expressionist Walter Ophey bringt von seiner Italienreise 1910 hinreißende Impressionen mit, etwa eine geradezu pointillistische, aus Lichtpunkten bestehende, sanft kolorierte Ansicht von Positano. Dieses verschachtelte Fischerdorf am Golf von Salerno wurde zum Hotspot für die Deutschen.

Während die Einheimischen aus der hier herrschenden Not in die Städte zogen oder in die USA auswanderten, bezogen Künstler diesen malerischen Ort: Anita Rée, Carlo Mense, Richard Seewald und Alexander Kanoldt sind mit Ansichten vertreten.

Die Villa Romana in Florenz und die Villa Massimo in Rom, 1905 respektive 1910 für Stipendiaten gegründet, waren weitere Brennpunkte für die Künstler aus dem Norden, darunter August Mackes Vetter Helmut, Max Beckmann, Dora Hitz, Karl Schmidt-Rottluff, Max Pfeiffer-Watenpuhl oder auch Ernst Barlach, der mit dem „Ruhenden Däubler“ vertreten ist.

Die Italiensehnsucht hält auch 2021 an, wie man am Beitrag des ehemaligen Direktors der Villa Massimo, Joachim Blüher, im Katalog sehen kann: „In Rom ist es beeindruckend schön, die Menschen sind ungezwungen, elegant, gutaussehend, das Essen überwiegend gut, so ganz anders als zu Hause in Deutschland, nahe am Paradies.“