Anne Will und Florian Streibl streiten, als es um die Bierzelt-Rhetorik geht. Den FW-Politiker erzürnt eine Aussage der Moderatorin sehr.
Anne Will zur Aiwanger-AffäreModeratorin und FW-Vertreter im Zwist: „Im Bierzelt reden Sie antisemitisch“
Den Skandal um antisemitische Flugblätter scheint der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) größtenteils überstanden zu haben, Redebedarf gibt es aber nach wie vor. Anne Will rückte das Thema bei ihrer Rückkehr aus der Sommerpause am Sonntag (11. September) in den Fokus.
Die Talkgäste sind sich einig: Die Inhalte des Pamphlets sind abscheulich. Unterschiedliche Auffassungen allerdings gibt es darüber, wie Aiwangers mit den Vorwürfen umgegangen ist und wie es nun in Bayern weitergehen soll. Hubert Aiwanger selbst gibt dazu bei Anne Will keine Auskunft, stattdessen tritt der Fraktionschef der Freien Wähler im Bayerischen Landtag, Florian Streibl, den Versuch an, Aiwanger zu verteidigen. Die anderen Talkgäste: CSU-Urgestein Günther Beckstein, Politologin Prof. Nicole Deitelhoff, Marina Weisband (Grüne) und Journalist Roman Deininger („Süddeutsche Zeitung“) machen ihm diesen Job nicht leicht.
Anne Will aus Sommerpause zurück: Fall Hubert Aiwanger beschäftigt Gäste
Beckstein („Mir bleibt eigentlich der Atem weg, wenn man dieses Flugblatt liest“) kritisiert Aiwangers Umgang mit der Affäre als unprofessionell und nennt das Vorgehen des bayrischen Wirtschaftsministers „Herumgeeiere“. Marina Weisband bemängelt, dass sich Aiwanger nicht entschuldigt habe. Nicht der Vorfall vor 35 Jahren sei entscheidend, sondern das Verhalten des erwachsenen Aiwangers, der sich als Opfer inszeniert habe. Hubert Aiwanger hatte in Bezug auf die Berichterstattung in der Flugblatt-Affäre erklärt, er sei das Opfer einer Schmutzkampagne.
Prof. Deitelhoff findet, Aiwanger habe „politische Tugenden vermissen“ lassen. Die Konfliktforscherin sieht in Deutschland die Demokratie in Gefahr. Der Fall Aiwanger sei nur ein Beispiel dafür, wie inhaltliche Vorwürfe in eine angebliche Kampagne des politischen Feindes umgemünzt würden. Dies sei problematisch. „Wenn es nur noch darum geht, wer ist mein Feind, wer ist mein Freund, dann verlassen wir den Boden des demokratischen Miteinanders“, warnt Deitelhoff.
Anne Will und Florian Streibl streiten über Bierzelt-Aussage
Streibl gibt an, dass man den Umgang mit Antisemitismus in Deutschland diskutieren müsse. Ob Aiwanger das gut mache, will Anne Will wissen – und erhält eine irritierende Antwort. „Wir haben jetzt gerade Wahlkampf in Bayern“, so Streibl. Will hakt nach: „Das ist die Erklärung dafür, dass man sich jetzt nicht ins Bierzelt stellt und Asche auf sein Haupt streut!“
Bei dem wohl spannendsten Moment der Sendung entwickelt sich nun ein Schlagabtausch zwischen der Moderatorin und dem Aiwanger-Verteidiger. „Wirklich?“, so Anne Will. „Sie behaupten, die Freien Wähler sind das Bollwerk gegen den Antisemitismus. Dann sind die das doch auch im Bierzelt!“
Florian Streibl attackiert Anne Will: „Das ist eine boshafte Unterstellung!“
Streibl führt seinen persönlichen Kampf gegen Antisemitismus ins Feld. „Aber nicht im Bierzelt“, unterbricht ihn Will, „da reden Sie antisemitisch“. Diesem Vorwurf widerspricht Streibl nun entschieden. „Das muss ich mir wirklich verbitten, so eine Unterstellung! Das ist eine boshafte Unterstellung!“ Anne Will relativiert: „Ich will verstehen, was Sie damit meinen, wenn Sie sagen, sowas macht man nicht im Bierzelt, das Bierzelt ist ja kein Beichtstuhl“, beteuert sie.
Streibl antwortet, die Aufarbeitung müsse woanders geschehen und darüber hinaus nicht im Wahlkampf. Er plädiert darauf, auch an den Menschen Hubert Aiwanger zu denken. So ein Vorfall mache eine Familie „fertig“, sagte er. Deswegen sei das Empfinden Aiwangers, da sei eine Kampagne gegen ihn im Gange, nachvollziehbar.
SZ-Chefreporter Deininger stellt klar, in Hubert Aiwanger keinen Antisemiten zu sehen. „Der Politiker Hubert Aiwanger ist nie mit Antisemitismus aufgefallen“, so der Journalist.
Er äußert sich auch zur Kritik an der SZ für deren Berichterstattung, in der Aiwanger als mutmaßlicher Verfasser des Pamphlets dargestellt wurde, und verteidigt die Verdachtsberichterstattung. Es sei aber ein Fehler gewesen, dass man den Eindruck erweckt habe, „nicht mit maximaler Fairness gegenüber Hubert Aiwanger“ zu agieren. Das Blatt brachte Ende August die Flugblatt-Affäre mit einem Artikel ins Rollen.