Alain Delon feiert seinen 85. GeburtstagVon den Schattenseiten der Schönheit
Köln – Die Rolle seines Lebens kommt fast ohne Worte aus. Da ist ein Mann, der den Borsalino mit knappem Strich über die Krempe justiert, wie er jede Geste kontrolliert und doch beinahe schlafwandlerisch durch Paris geht: Jef Costello, „Der eiskalte Engel“ in Jean-Pierre Melvilles gleichnamigem Film. Ein Killer, der auch seine Todessehnsucht hinter stoischer Miene verkapselt und nur jenem Vogel vertraut, den er als lebende Alarmanlage im Käfig hält.
Keine Figur hat das Image von Alain Delon stärker geprägt als diese. Im Original heißt Melvilles Film „Le Samourai“ und beginnt mit einem Motto: „Es gibt keine größere Einsamkeit als die eines Samurai, außer vielleicht der eines Tigers im Dschungel.“ Delon selbst erklärt später: „Einsamkeit ist für mich kein Makel, ich liebe sie.“ Er kennt sie schon aus der Kindheit, nach der frühen Scheidung der Eltern in seinem Geburtsort Sceaux und der Schulzeit in sechs Internaten. Einsamkeit ist der Steinbruch, aus dem sein marmorkaltes Leinwand-Ich gemeißelt wurde.
Seine Schönheit hat Schattenseiten wie jene Rücksichtslosigkeit, die er auch in den anderen Melville-Filmen „Vier im roten Kreis“ und „Der Chef“ zeigt. Raubtiergrazie hat er schon zehn Jahre vorher bewiesen, als völlig amoralischer Adonis Tom Ripley in René Clements Patricia-Highsmith-Verfilmung „Nur die Sonne war Zeuge“.
Dienst in der französischen Armee
Mit 19 dient Delon in der französischen Armee, sieht in Saigon Jean Gabin in „Wenn es Nacht wird in Paris“ und kann sich keine Sekunde lang vorstellen, mit diesem Giganten einmal vor der Kamera zu stehen. 1956 ist er zurück in Paris, ziellos, aber unwiderstehlich.
Zu seinen Liebhaberinnen gehört die Ehefrau des Filmregisseurs Yves Allegret, die ihren Mann überredet, dem Beau in „Killer lassen bitten“ eine Chance zu geben. Schon im zweiten Film „Christine“ spielt er neben Romy Schneider, die 1958 zwar erst 19 und doch dank „Sissi“ schon ein Star ist.
Zuerst fremdeln beide mächtig, um wenig später für fünf Jahre das berühmteste Liebespaar des europäischen Kinos zu werden. Doch Delon überflügelt seine Verlobte. Er dreht mit Luchino Visconti „Rocco und seine Brüder“, steuert in Michelangelo Antonionis „Liebe 1962“ mit Monica Vitti in tiefste Gefühlskälte, bevor er wiederum für Visconti den schneidigen Tancredi in „Der Leopard“ verkörpert.
Das könnte Sie auch interessieren:
1963 hat er seinen „italienischen Feldzug“ siegreich beendet – und mit Nathalie Barthélémy eine Neue an seiner Seite. Adieu Romy. Bald wird Nathalie Madame Delon, man bekommt einen Sohn und zieht zu dritt nach Beverly Hills, wo Delon der neue Gary Coope r werden will. Ein künstlerisches Fiasko, von dem er sich daheim rasch erholt. 1968 dreht er „Der Swimmingpool“ – mit Romy. Vor der Kamera tauschen sie die alten Zärtlichkeiten, doch die damals Verlassene meint im Tagebuch: „Es ist, als küsste ich eine Wand.“
Die Pariser Premiere wird dann von der Ermordung des jugoslawischen Delon-Leibwächters Stefan Markovic überschattet. Sein Bruder übermittelt einen Brief an die Polizei: „Wenn mir etwas zustoßen sollte, so haltet euch an Alain Delon, an seine Frau und seinen Kumpanen François Marcantoni, einen Korsen und echten Gangster…“
Rollen hart am Rand der Rufschädigung
Es gibt ein langes Verhör, aber keine Anklage. Und letztlich beglaubigen die Unterweltkontakte des Schauspielers dessen Gangsterrollen etwa in „Der Clan der Sizilianer“ (mit Gabin) oder „Borsalino“. Darin tritt er mit Jean-Paul Belmondo auf und landet und auch als Produzent einen Coup.
Später sieht man ihn als „ Zorro“ und „Der Zigeuner“ hart am Rand der Rufschädigung, aber hin und wieder auch mit großer Kunst: Sein Baron de Charlus in Schlöndorffs „Eine Liebe von Swann“ überzeugt ebenso wie die Titelrolle in Joseph Loseys „Monsieur Klein“. Der Kunsthändler, der von bedrängten Juden profitiert und dann selbst ins Visier der Nazis gerät, ist vielleicht die beste all seiner Rollen, für die er aber in Cannes wie bei den Césars nicht belohnt wird.
Da ihn das Kino nicht mehr reizt und die Beziehungen mit Mireille Darc und Rosalie van Breemen zerbrochen sind, ist die Einsamkeit zurückgekehrt: Alain Delon lebt auf seinem Anwesen in Douchy, umgeben nur von zahlreichen Hunden. An diesem Sonntag wird er 85 Jahre alt.