Weniger Bußgelder, höhere Sozialausgaben, hohe Überziehungszinsen und eine Super-Dividende: Rhein-Bergs Kämmerer Klaus Eckl braucht gute Nerven.
KreishaushaltRhein-Bergs Finanz-Verantwortliche fahren auf der Achterbahn
Zinswende, Blitzer-Aus, Riesen-Rechnungen der Verkehrsunternehmen, gestiegene Sozialkosten, geringere Einsatz- und damit Abrechnungszahlen beim Rettungsdienst: Die aktuellen Controllingberichte der rheinisch-bergischen Finanzverwaltung für 2024 und die Rückschauen auf 2023 wirken erheblich weniger rosig als aus früheren Jahren gewohnt, wie die Mitglieder des Kreis-Finanzausschusses in ihrer jüngsten Sitzung zur Kenntnis nehmen mussten.
Die Blitzerstilllegung auf der A1 im März führt künftig zu elf Millionen Euro weniger in der Kreiskasse und in diesem Jahr bereits zu 8,6 Millionen Euro weniger, so Kämmerer Klaus Eckl. Nachdem bereits eine dreiprozentige Haushaltssperre verfügt wurde, kommt es nach aktuellem Stand zusammen mit weiteren, geringeren Veränderungen zu einem Zwei-Millionen-Extradefizit im Kreisetat, so dass Eckl unterm Strich anstelle des geplanten 7,4- nun von einem 9,4-Millionen-Euro-Defizit ausgeht.
ÖPNV-Töchter halten die Hand auf
Unangenehm hoch sind auch verschiedene „erhebliche überplanmäßige Aufwendungen“ für 2023 ausgefallen: Für Bus und Bahn werden mehr als 8,2 Millionen Euro extra fällig, die vor allem an RVK und Wupsi fließen und sich etwa durch Kostensteigerungen bei Energie, Material und Personal ergeben. Wieso erst jetzt? So lautete eine Frage im Ausschuss. Antwort: Weil die beiden Unternehmen, an denen der Kreis beteiligt ist, jetzt ihre Abrechnungen für 2023 geschickt haben.
Jedoch hat es neben den Mehraufwendungen 2023 auch Mehrerträge, Staatszuschüsse vor allem, gegeben. Rechnet man die gegen, kommt man unterm Strich auf nicht gedeckte Mehraufwendungen in Höhe von 3,7 Millionen Euro für Bus und Bahn.
Gestiegene Fallzahlen im Sozialbereich „nicht steuerbar“
Nicht schön lesen sich auch die Rückschauen für den Sozialbereich (7,2 Millionen Euro mehr als geplant), Jugend (2,5 Millionen) und Gesundheit (518.000 Euro), „Die Fallzahlen sind nicht steuer- und planbar“, heißt es an einer Stelle zur Begründung.
Und dann ist da außerdem noch der Punkt „Finanzmanagement“. Hier regte sich allerdings bei zwei der erfahrensten Kreistagspolitiker, den Sozialdemokraten Professor Dr. Jürgen Wilhelm und Dr. Klaus-Georg Wey, deutliches Kopfschütteln. Denn der Kreis, der einerseits in den Jahren der niedrigen Zinsen 76 Millionen Euro gewinnbringend angelegt hat, um nicht Verwahrgelder zahlen zu müssen, musste andererseits 2023 fast eine Million Euro Zinsen dafür zahlen, dass er klammen Kommunen die Kreisumlage vier Monate gestundet und in der Folge selbst nicht mehr genügend Geld flüssig hatte.
Andererseits: Diese Art der teuren „Überziehungszinsen“ holt sich der Kreis auch wieder zurück, weil die Dividende des hauseigenen Kreissparkasse nun nicht mehr bloß mit 700.000 Euro angesetzt wird, sondern mit dem beinahe Siebenfachen, nämlich 4,7 Millionen Euro. Das ist aus Sicht des Kreisbürgers wiederum sehr schön, gleichwohl gab es kritische Worte. „Man nennt es auch Pingpong“ und „Die schwäbische Hausfrau hätte damit Schwierigkeiten“: Mit diesen Sätzen begründeten Wilhelm und Wey, warum sie sich, anders als der Rest des Ausschusses, bei dem Punkt der Stimme enthielten.
Die amtierende Ausschuss-Vorsitzende Helga Loepp (CDU), die den an diesem Abend durch die Sitzung des Ältestenrates verhinderten Grünen-Politiker Roland Rickes vertrat, wies abschließend darauf hin, dass die Umlagenstundung zwar für 2024 beschlossen sei; was aber 2025 werde, müssten erst noch die Beratungen zeigen. Vor ihr hatte Ex-CDU-Fraktionschef Johannes Dünner darauf hingewiesen, dass das Stundungsangebot des Kreises an die Kommunen zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, an dem die Zinsentwicklung noch nicht abzusehen gewesen sei.
Bezirksregierung mahnt Kreis
Der Kölner Regierungspräsident Dr. Thomas Wilk (SPD) den 2024er-Haushaltsplan des Kreises mit seiner konstanten Kreisumlage von 35,5 Prozent bereits Ende März genehmigt. Die darin enthaltene Entscheidung des Kreises, sich seine Ausgaben nicht komplett bei den Kommunen zurückzuholen, sondern das fehlende Geld aus der Ausgleichsrücklage zu entnehmen, nannte Wilk „zurzeit vertretbar“. Gleichwohl mahnte der RP: „Dennoch führt diese Vorgehensweise zu einer weiteren Inanspruchnahme des Eigenkapitals, die nicht dauerhaft fortgeführt werden sollte. Eine Erhöhung der Kreisumlage halte ich daher mittelfristig für notwendig.“