Köln – Dieses Foto ist das Symbolbild der schweren Ausschreitungen vom Auswärtsspiel des FC in Nizza. Ein stark tätowierter Mann tritt mit voller Wucht auf sein Opfer ein. Die Szene ist von Pressefotografen festgehalten und international verbreitet worden. Kriminaldirektor Michael Esser nennt den Mann den „Treter“. Der Angreifer gehört zu den 16 Tatverdächtigen, die die Ermittlungsgruppe „Nizza“ identifiziert hat.
Auch sein Zwillingsbruder ist bereits bekannt
Wie Rundschau aus Justizkreisen erfuhr, ist der Mann 35 Jahre, lebt in Köln und ist den Ermittlungsbehörden in Sachen Fußballkriminalität schon seit 2012 bekannt. Doch nicht nur ihn kennen die Ermittler; auch sein Zwillingsbruder ist bei Straftaten in Zusammenhang mit Fußballspielen schon aufgefallen. Und genau dies war für die Ermittler in der Vergangenheit häufig ein Problem.
Der 35-Jährige soll nach Delikten mehrfach die Taten abgestritten und angegeben haben, sein Bruder sei am Tatort gewesen – und andersherum. So konnten Polizei und Staatsanwaltschaft dem tatverdächtigen Nizza-Treter wiederholt nichts nachweisen. Doch im Fall der Ausschreitungen von Nizza gelang es der Polizei nun, den Mann anhand seiner Tätowierung zu identifizieren – die hat der Bruder auf dem Oberschenkel nicht. Die szenekundigen Beamten hatten den 35-Jährigen schnell erkannt. Die Polizisten würden die betreffenden Fußballchaoten „in und auswendig kennen“, sagte Esser weiter.
Keine Fluchtgefahr und keine U-Haft für den Kölner
In Untersuchungshaft ging der 35-Jährige nicht, wie Kriminaldirektor Esser am Mittwoch vor Journalisten sagte. Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn erklärt: „Der Verdächtige lebt in geordneten Verhältnissen und hat einen festen Wohnsitz. Der Haftgrund der Fluchtgefahr bestehe nicht.
Conference-League-Spiel
1500 Fans von Partizan Belgrad hatten sich zu der Partie am Donnerstagabend in der Conference League in Müngersdorf angekündigt. Mehrere Hundert Einsatzkräfte der Polizei waren im Einsatz, um das Hochrisikospiel zu überwachen. Am späten Nachmittag waren die ersten Anhänger von Belgrad in der Innenstadt sichtbar. Laut grölend liefen rund 200 der vorwiegend in Schwarz gekleideten Anhänger in der Domgegend umher und zogen später zur Altstadt. Immer wieder wurden provozierende Gesten gezeigt. Polizeikräfte beobachteten das Geschehen. Am Abend begleiteten die Kräfte die Anhänger ins Stadion. Von schweren Zwischenfällen wurde zunächst nichts bekannt. Die Polizei sprach von 150 „Risikopersonen“ aus Serbien und rund 80 Hooligans, die es genau zu beobachten gilt. Polizeipräsident Falk Schnabel sagte, dass sich die Behörde intensiv mit den Sicherheitsmaßnahmen rund um das Spiel befasse. (ta)
Gegen den 35-Jährigen werde weiter wegen gefährlicher Körperverletzung und schwerem Landfriedensbruch ermittelt. Außerdem habe der Mann keine Vorstrafen. Es sei bereits gegen den Mann bei anderen Fußballdelikten ermittelt worden, dabei seien Verfahren teilweise eingestellt worden. Nach der Razzia in dem Ermittlungsverfahren sitzen vier Männer in U-Haft. Ein 28-Jähriger aus Köln wurde von der Haft unter Auflagen verschont – eine Auflage ist nun, dass der junge Mann sich von Fußballereignissen fernhalten muss. Die Behörden ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung, schwerem Landfriedensbruch und Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz. Willuhn erklärte, dass die Mindeststrafe für diese Vergehen bei sechs Monaten und die Höchststrafe bei zehn Jahren Gefängnis liege.
Die Razzia wurde bei manchen FC-Fans auch kritisch gesehen. Im Internet beklagten einige Anhänger, dass die Ermittlungsbehörden mit ihren Maßnahmen übertreiben. Die Staatsanwaltschaft verteidigte ihr Vorgehen: „Wer das behauptet, dem ist nicht mehr zu helfen. Es waren Schwerkriminelle am Werk“.
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Willuhn trat auch dem Vorwurf entgegen, die Ultras würden „alle über einen Kamm geschert“. Der Oberstaatsanwalt hatte schon bei der Vorstellung der Ermittlungsergebnisse gesagt, die Ultras müssten sich mehr von den Gewalttätern aus ihren Kreisen distanzieren und der FC die Täter stärker ächten.