Was ist der Weg aus der Krise? Laut Immobilienexperten hat Köln gar keine andere Wahl als zu wachsen.
Immobilienexperten zur WohnungsnotWie Köln aus der Wohnungskrise kommen könnte
Die Stadtspitze passt ihre Ziele für den kriselnden Wohnungsbau nach unten an. Das erklärten die Dezernenten Markus Greitemann, Andree Haack und Harald Rau vor einigen Tagen im großen Rundschau-Interview. Doch ist das der Weg aus der Krise? Laut Immobilienexperten hat Köln gar keine andere Wahl als zu wachsen.
Julia Braschoß ist Geschäftsführerin eines Kölner Makler-Unternehmens und stellvertretende Vorsitzende des Immobilienverbands (IVD) West. Sie weiß um die schwierige Situation auf dem Wohnungsbaumarkt. Braschoß erklärt: „Durch die gestiegenen Zinsen ist die Immobilienfinanzierung sowohl für die potenziellen Erwerber von Wohneigentum als auch für Kapitalanleger empfindlich teurer geworden. Wir haben von Kapitalanlegern gehört, bei denen die Bank ein zusätzliches Beleihungsobjekt oder deutlich mehr Eigenkapital zur Bedingung für die Kreditvergabe gemacht hat.“
Die Preise gehen runter
Das bestätigt, dass die Bedingungen für Investoren immer schwieriger werden, was auch dazu führt, dass Investitionen an Attraktivität verlieren. Braschoß stellt jedoch fest, dass der Markt sich bereits verändere. „Nach Anhebung der Zinsen im vergangenen Jahr geben die Preise mittlerweile nach. Für das nächste halbe Jahr wird sich diese Entwicklung wahrscheinlich fortsetzen. Das könnte man zunächst als Marktberuhigung verstehen.“ Doch günstigere Preise für den Endkunden lösen nicht die Probleme, die den Wohnungsbau derzeit ausbremsen.
Das Problem bei der Schaffung von neuem Wohnraum sei die Komplexität, so Braschoß. Denn es sei nicht nur die aktuelle Wirtschaftslage, die problematisch ist. „Es sind viele Faktoren, die ineinander greifen: Unter anderem der Fachkräftemangel, fehlende Flächen und die verkehrliche Anbindung verschärfen die Lage zusätzlich.“
Doch wie sehen die Lösungen aus? „Die Digitalisierung ist eine Möglichkeit, die Dinge schneller auf den Weg zu bringen.“ Wenn alle Beteiligten in einer digitalen Bauakte arbeiten könnten, dann können Genehmigungsprozesse beschleunigt werden. Ohne neues Bauland auszuweisen gehe es jedoch nicht. Durch die großen Universitäten und auch große Unternehmen, die in Köln zu Hause sind, sei Wachstum sozusagen programmiert.
Eine wirkliche Lösung ist jedoch derzeit nicht greifbar. Eine Blaupause, die als Grundlage für alle Großstädte dienen kann, um sich aus der Wohnungsbaukrise zu befreien, habe noch keine Stadt erschaffen, so Braschoß. Das größte Problem sieht die Expertin vom Immobilienverband aber erst noch kommen: „Jede Wohnung, die wir heute nicht bauen, trifft uns in zwei Jahren doppelt.“
Ähnlich sieht es auch die Politik. Die FDP Ratsfraktion warnt: „In einer Stadt wie Köln, wo jährlich eigentlich zwischen 6000 und 8000 neue Wohnungen benötigt werden, wird sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt dramatisch verschlimmern.“ Die baupolitische Sprecherin, Stefanie Ruffen, konstatiert: „Alle in dieser Stadt wissen, dass wir viel mehr Wohnraum benötigen als jährlich fertiggestellt wird. Eine politische Reaktion des Ratsbündnisses aus Grünen, CDU und Volt bleibt jedoch bisher aus.“
Strengere Auflagen durch Erhaltungsschutzsatzungen, Kooperatives Baulandmodell, Masterplan Grün, Erbpacht würden die wenigen willigen Investoren abschrecken. Ruffen bemängelt: „Außer die Feststellung, dass es weniger Wohnungen werden, kommt auch von den Fachleuten aus der Verwaltung nichts Konkretes.“
Die Vorsitzende des Bauausschusses der Stadt Köln fordert: „Wir benötigen in dieser Stadt dringend den Willen von allen Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung, an der Situation etwas nachhaltig zu ändern. Dazu gehören in unseren Augen der Abbau von allen städtischen Bau-Auflagen, die über die gesetzlichen Regelungen hinausgehen.“ Unter anderem das Zulassen von mehr Verdichtung, was auch ökologisch sinnvoller sei, die schnelle Vergabe von Grundstücken und zügige Bearbeitung von Bauanträgen, aber auch der schnelle Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs zur besseren Erreichbarkeit des Stadtgebietes.
Die Architektin erklärt: „Wohnungsbau-Akteure sollten sich in Köln willkommen und nicht als Bittsteller fühlen.“