Die Stadtspitze kippte im vergangenen Jahr die Zielzahl von 6000 neuen Wohnungen, die jährlich in Köln entstehen sollten. Eine neue konkrete Zielvorgabe scheint aktuell fast unmöglich.
Wohnungsmangel in KölnWie die Verwaltung den Wohnungsbau stärken will
„6000 neue Wohnungen im Jahr sind nicht mehr realistisch.“ Das hatte der Beigeordnete für Planen und Bauen der Stadt Köln, Markus Greitemann, im vergangenen Sommer im exklusiven Rundschau-Interview konstatiert. Auch Wirtschafts- und Stadtentwicklungsdezernent Andree Hack und Harald Rau, Beigeordneter für Soziales und Wohnen, stellten sich den Fragen unserer Redaktion. Ein halbes Jahr später sieht sich die Stadt gemeinsam mit Politik und der Wohnungswirtschaft weiterhin mit einer Baukrise konfrontiert, die eine konkrete Zielvorgabe nahezu unmöglich macht. Die Rundschau fragte nach, was die Verwaltung seitdem unternimmt, um den Bau wieder anzukurbeln.
Projekt „Wohnungsbau stärken“
Alles müsse auf den Prüfstand, erklärte Greitemann im Sommer. Doch wie sieht dieser Prüfstand aus? Kurz darauf habe die Verwaltung ein Projektteam zusammengestellt, mit dem Auftrag, Verbesserungsmöglichkeiten zur Unterstützung der Wohnungswirtschaft zu erarbeiten. Das Projekt erhielt den Titel „Wohnungsbau stärken“ und fand laut dem Beigeordneten für Planen und Bauen im engen Austausch mit Kölner Projektentwicklern, aber auch mit Bestandshaltern statt.
Greitemann erklärt: „Das Projektteam hat ein Maßnahmenpaket zusammengestellt, das vor allem Erleichterungen bei den kommunalen Auflagen sowie Vereinfachungen in Verwaltungsabläufen durch Standardisierungsprozesse vorsieht. Denn ein wichtiges Ziel ist es, dass wir als Verwaltung in unseren Verfahren, die den Wohnungsbau betreffen, noch schneller werden.“ Viele dieser Maßnahmen erfordern jedoch politische Beschlüsse. Die Maßnahmen sollen bald der Politik zur Beratung vorgelegt werden.
Keine finanziellen Entlastungen
Der Baudezernent betonte erneut, dass Wohnungsbau nur im Dreiklang zwischen Wohnungswirtschaft, Verwaltung und Politik funktioniere. Auf die Frage, welche Möglichkeiten die Verwaltung eigentlich zur Beschleunigung habe, antwortete Greitemann deutlich: „Gerade den finanziellen Entlastungen, zum Beispiel bei Kostenübernahmen oder -beteiligungen bei Frei- und Spielflächen oder Erschließungsmaßnahmen, konnte die Stadt nicht zustimmen. In der aktuellen haushalterischen Gemengelage ist eine direkte finanzielle Unterstützung privater Vorhabenträger nicht zu begründen.“
Keine Rückkehr beim Zins
Die wirtschaftliche Situation ist allerdings der Hauptgrund dafür, dass die Projektentwickler und Investoren derzeit größtenteils die Füße still halten. Zum einen sind es die gestiegenen Zinsen, zum anderen das deutlich höhere notwendige Eigenkapital, das nicht nur private Käufer, sondern auch Entwickler für ihre Finanzierungen einbringen müssen. Andree Haack, Beigeordneter unter anderem für Stadtentwicklung und Wirtschaft, beschreibt die angespannte Lage: „Die Immobilienwirtschaft steckt immer noch in einer Krise. Aber es gibt erste Anzeichen, dass sich die Branche erholt.“ Insbesondere die Zinsentwicklung spiele dabei eine wichtige Rolle. „Klar ist aber auch, dass es auf absehbare Zeit keine Rückkehr zu den historisch niedrigen Zinsen aus 2022 geben wird. Die Branche wird sich erholen, aber sie wird sich auch verändern“, so Haack.
Sorgen und die Folgen der Krise
Die angespannte Lage hat aber bereits ihre Folgen. So hat mit der Düsseldorfer Interboden Anfang des Jahres bereits ein regionaler Entwickler Insolvenz angemeldet. Interboden gehört zur Wohnungsbau Initiative Köln (WIK), dem hiesigen Zusammenschluss aus Projektentwicklern und bauträgernahen Dienstleistern, die den Wohnungsbau in Köln nach vorne bringen sollen. Das Düsseldorfer Unternehmen hat unter anderem Flächen in Longerich und in Kalk.
Der Wirtschaftsdezernent sieht das Problem, dass viele Projekte von unterschiedlichen Entwicklern derzeit auf dem Prüfstand gestellt würden, „weil sie unter anderen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aufgesetzt wurden“. Gleichzeitig fallen bundesweit die Preise für Wohneigentum, auch in Köln, wie die Rundschau jüngst berichtete.
Haack macht sich jedoch keine Sorgen, dass hiesige Firmen, auch mit Projekten in Köln, die Krise nicht überleben könnten. „Solide durchfinanzierte Unternehmen und Projekte werden diese Phase überstehen. Und die Kölner Immobilienbranche ist da vergleichsweise gut aufgestellt. Bisher hat noch kein Kölner Unternehmen Insolvenz anmelden müssen. Das spricht für die Bodenständigkeit der hiesigen Immobilienwirtschaft. Die Kölner Unternehmen kennen ihren Markt“, so Haack, der hinzufügt: „Es sind eher die überregional agierenden Investoren wie die Gerch Group oder Consus Adler, die in den Insolvenzstrudel gekommen sind.“
Kein Leistungsversprechen
„Grundsätzlich wird eine Zielzahl für den jährlichen Wohnungsbau häufig als Leistungsversprechen der Planungs- und Genehmigungsbehörden verstanden und daher oft auch nur in Richtung Verwaltung interpretiert“, erklärt Haack. Der Dezernent fügt hinzu: „Die aktuelle Situation zeigt aber sehr deutlich, dass es nun nicht an der Verwaltung liegt. Sondern dass der Markt eine größere Zahl an Wohnungen gerade nicht hergibt.“ Greitemann ergänzt: „Es sollten realistische Annahmen getroffen werden, welche Zahlen im Wohnungsbau tatsächlich umsetzbar sind. “ Doch was ist realistisch?
In den vergangenen zehn Jahren ist das Ziel von 6000 neuen Wohnungen pro Jahr nie erreicht worden. 2020 erreichte die Statistik mit 2013 fertiggestellten Wohnungen ihren Tiefpunkt. Daraus resultiert die Frage: Wie viele Wohnungen benötigt die Stadt eigentlich? Der Rückstand aus den vergangenen Jahren scheint bereits jetzt enorm. Die beiden Beigeordneten sind sich einig, dass das Wohnbündnis der Stadt erneuert werden muss. Erst dann wird es wohl auch wieder konkrete neue Zielzahlen geben, die unter anderem auf einer Bedarfsprognose der Verwaltung beruhen sollen.
Sozialer Wohnungsbau
Der öffentlich geförderte Wohnungsbau steht vor einer noch größeren Herausforderung: Allein im nächsten Jahr fallen rund 4500 Wohnungen aus der Mietpreisbindung heraus. Hier war von 1000 neuen Wohnungen im Jahr die Rede, die jedoch nicht ausreichen, um den Bedarf zu decken. 2023 sind nur Förderzusagen für 531 Wohneinheiten erteilt worden. Dabei hat rund die Hälfte der Kölnerinnen und Kölner Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein, der Voraussetzung ist für eine Wohnung mit niedrigen Mietkosten zwischen sechs und acht Euro je Quadratmeter.
Eine konkrete Vorstellung nennt die Stadt auch in diesem Fall nicht. „Ich halte es für richtig, Rahmenbedingungen für höhere Ziele zu schaffen, weil in den kommenden Jahren mehr Wohnungen aus der Mietpreisbindung fallen als durch das Förderziel neu entstehen oder in der Preisbindung gehalten werden können. Ich hoffe, dass das Land uns durch weiter optimierte Rahmenbedingungen unterstützt“, erklärt Harald Rau, Beigeordneter für Soziales, Gesundheit und Wohnen.