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Weiter geschlossenWie Kneipen und Restaurants um ihre Existenz kämpfen

Lesezeit 5 Minuten
Kölner Gastronomie

Kölner Gastronomen stehen vor vielen Fragen.

  1. Die Corona-Krise trifft die Gastronomie besonders hart.
  2. Kneipen und Restaurants kämpfen bundesweit um ihre Existenz.
  3. Wir haben uns in Köln umgehört.

Köln – Sie hatten gehofft, sie wollten ein Signal, irgendetwas, woran sie sich klammern können, ein Datum, eine Finanzspritze – doch am Ende dieses Mittwochabends blieb vor allem eines bei vielen Kölner Gastronomiebetreibern: Enttäuschung. Die Bundesregierung hat sie in ihrem Plan, wie die nächsten Wochen zur Eindämmung des Coronavirus aussehen sollen, kaum bedacht. Daniel Rabe, Wirt aus der Südstadt und Gründer der Interessengemeinschaft Gastro, sagt: „Generell haben wir uns schon darauf eingestellt, dass wir nicht sofort öffnen können. Aber wir sind nicht mal erwähnt worden.“

Zumindest nicht bei den Betrieben, die von den Lockerungen profitieren, beispielsweise Buchläden. In dem elfseitigen Beschluss steht zur Gastronomie: „Für den Publikumsverkehr geschlossen sind a) Gastronomiebetriebe. Davon ausgenommen ist die Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen für den Verzehr zu Hause. b) Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen und ähnliche Einrichtungen.“ Für sie bleibt nun zunächst bis zum 4. Mai alles wie es ist: Ja, die Essensbetriebe können zwar außer Haus liefern, aber wie profitabel ist das tatsächlich? Schließlich muss dafür die Infrastruktur wie Personal und Wareneinkauf hochgefahren werden. Teils berichten Gastronomen von Tageseinnahmen von 150 bis 200 Euro. Rabe sagt: „Viele Leute haben nichts mehr, da ist kein Geld mehr.“

Kneipen in Köln

3000 Kneipen, Restaurants und Bars gibt es in Köln geschätzt. Dies teilt der Kölner Ableger des Bundesverband des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) mit. In diesen Betrieben arbeiten rund 18 000 sozialversicherungspflichtige Menschen, dazu kommen noch die vielen 450-Euro-Jobber. 2.5 Milliarden beträgt laut Dehoga schätzungsweise der jährlichen Umsatz der Branche in Köln.

92 Verstöße gegen die Corona-Schutzmaßnahmen hat die Stadt bei ihren Kontrollen im Gastrobereich vom 23. März bis Mittwoch registriert. Teils hatten Lokale tatsächlich geöffnet, das kostet den Betreiber 4000 Euro Strafe.

Erlaubt ist nur, die Speisen zum Mitnehmen oder als Lieferung zu verkaufen und die Kunden dürfen sie nicht im Umkreis von 50 Metern essen. Sonst ist eine Strafe von 200 Euro möglich. (mhe)

Denn der 4. Mai heißt auch: Es gibt einen Monatswechsel, neue Rechnungen, neue Ausgaben, aber weiter keine oder kaum Einnahmen – und die Soforthilfen sind irgendwann aufgezehrt, je nach Größe des Betriebs mal schneller, mal langsamer. Und Stundungen und Kredite verschieben Probleme ja nur in die Zukunft. Christoph Becker, Geschäftsführer des Kölner Ablegers im Bundesverband des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), sorgt sich, dass einigen Betrieben die Reserven ausgehen. „Ich befürchte schon, dass die Krise einige Betriebe die Existenz kosten kann, wenn es keinen Rettungsschirm für die Gastronomie gibt.“ Rabe geht sogar von bis zu 80 Prozent der Betriebe aus im schlimmsten Fall, der Betreiber der „Bagatelle“ in der Südstadt sieht den Staat in der Pflicht.

In manchen Gastronomen regt sich bei allem Verständnis für die Gesamtsituation Widerstand, vor allem, wenn sie sehen, was etwa vor und in Baumärkten los ist, berichtet Becker. „Da stellt sich schon die Frage der Verhältnismäßigkeit.“ Sein Verband überlegt sich zu wehren. „Wir werden das eventuell rechtlich prüfen lassen. Die Stimmen der Mitglieder werden lauter.“

Was heisst das verlängerte Gastroverbot für Ihren Betrieb?

„Ich habe es nicht anders erwartet und gehe auch nicht davon aus, dass wir im Mai aufmachen dürfen. Wirtschaftlich ist das tragisch, die Soforthilfe hat zwar geholfen, aber nach zwei Monaten wird es eng. Teilweise zu öffnen, funktioniert in einer Kneipe nicht, das geht an der Realität vorbei.“

Dennis Busch, 37, Betreiber der Kölschbar

„Ich halte es für Quatsch, dass kleine Läden aufmachen dürfen, wir aber nicht. Ich möchte auch keine Soforthilfe, ich will endlich aufmachen dürfen – wenigstens die Außengastronomie, dass ein bisschen ’was gelockert wird. Ich hoffe, dass wir Ende Mai wieder öffnen. Jeder Tag kostet uns viel Geld.

Hülya Öztürk, 53, Betreiberin Hänneschen und die Pfeffermühle

„Zurzeit werden hohe Fixkosten fällig, bei null Einkünften. Ob wir mit begrenzter Gästezahl die Kosten decken, ist fraglich. Und auch, ob viele Gäste kommen. Richtig schwer wird es in einigen Monaten, viele Gastronomen haben Kredite aufgenommen. Die müssen wir zurückzahlen. Bloß wovon? Von nichts.“

Angelika Dederichs, 50, Wirtin im Weinhaus Vogel

„Wenn ich kein Gastronom wäre, könnte ich damit leben, ich bin aber eben einer. Die Soforthilfe ist wirklich gut, aber sie reicht nicht. Ich bin auch skeptisch, ob eine Öffnung mit Abstand funktioniert. Nach zwei, drei Bier rücken die Leute automatisch zusammen – wie soll ich das verhindern?“

Josef Rayes, 66, Betreiber Biergarten Aachener Weiher

Tatsächlich stellt sich die Frage, wie eine etappenweise Öffnung der Gastronomie aussähe. Zunächst die Restaurants, weil sie wegen der Tische mehr Abstand versprechen können? Dann erst die Kneipen? Oder für den Anfang schon mal die Außengastronomie, wie unter anderem Hülya Öztürk vom „Hänneschen und die Pfeffermühle“ am Heumarkt hofft (siehe Umfrage). Rabe hält das für zu kurz gedacht. „Dann sind in ein paar Tagen 15 Grad und das hat sich erledigt.“ Dafür lohne es sich nicht, das ganze System samt Personal und Waren hochzufahren. Bei der Öffnung mit weniger Gästen sind die Mitglieder der IG Gastro laut Rabe aus ähnlichen Gründen zwiegespalten. Für die großen wäre eine teilweise Öffnung „viel, viel teurer“ als die Komplettschließung, für die kleinen sei es vorstellbar, weil dort schon mal nur der Besitzer samt drei Beschäftigten arbeite.

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Bei allen wirtschaftlichen Zwängen sagt Rabe: „Die Leute konsumieren bei uns Alkohol, die Stimmung nimmt zu, man hat in Ischgl und Heinsberg gesehen, wozu das führt. Es wäre fahrlässig, jetzt wieder alles zu öffnen. Deshalb brauchen wir Hilfe.“ Er hofft auf ein baldiges Signal aus Berlin – und will nicht wieder enttäuscht werden.