„So ein Mist“Laute Beschwerden über neue Pförtnerampel an Aachener Straße
Köln-Weiden –
Gehupe und Beschimpfungen quittieren um 7.59 Uhr den Eingriff der neuen Pförtnerampel in den Berufsverkehr. An der Ortseinfahrt von Weiden warten auf der Aachener Straße 64 Fahrzeuge. Zwar wächst der Stau noch, aber sein Ende ist weit von der Kreuzung Bonnstraße entfernt. Etliche Autofahrer müssen noch zwei Rot-Phasen abwarten, bis sie die Pförtnerampel endlich passieren können.
„Hier war früher immer Grün. Ich habe noch nie erlebt, dass ein Fußgänger rüber wollte oder ein Auto wendete, und sonst schaltete die Ampel ja nicht“, sagt ein Autofahrer. Aber der Stau ist gewollt. Er soll auf Intervention des Oberverwaltungsgerichts Münster das vom Kölner Verwaltungsgericht verfügte Dieselfahrverbot für ganz Köln abwenden. Dazu dürfen die Stickstoffdioxid-Messwerte an der Messstelle vor dem Rheincenter in Weiden jedoch im gesamten nächsten Jahr nicht zu hoch sein.
Künstlicher Stau bringt Autofahrer auf die Palme
Der Verkehrsclub von Deutschland ist zufrieden. Er hatte die Pförtnerampel 2017 vorgeschlagen, und befürwortet nun einen ganzen Ring von Pförtnerampeln um die Stadt. Im Prinzip an allen Einfallstraßen. „In Zürich funktioniert das seit Jahren und hat den Individualverkehr um 30 Prozent gesenkt“, sagt VCD-Vorstandsmitglied Hans-Georg Kleinmann. Neben ihm schimpft indes der nächste Autofahrer über den künstlichen Stau. Etliche Motoren laufen.
88 Sekunden Rot
Dauergrün zeigte die erste Ampel stadteinwärts auf der Aachener Straße hinter dem Ortsschild von Weiden früher. Doch am Mittwoch wurde sie umgerüstet – zur „Pförtnerampel“. Zuvor zeigte sie nur mal Rot, wenn ein Fußgänger queren wollte oder ein Auto wenden.
88 Sekunden dauert die Rotphase jetzt – inklusive einer Rot-Gelb-Phase von fünf Sekunden. Grün zeigt die Ampel 22 Sekunden lang an. In dieser Zeit können bis zu 25 Autos die Signalanlage passieren. Gestern stauten sich kurzzeitig knapp 80 Autos. (mfr)
Eine Autofahrerin sagt: „Jetzt ja wohl erst recht!“ Die Fahrerin eines weißen Opel aus Bergheim lehnte ein Umsteigen auf Bus und Bahn – wie alle nach dem Zufallsprinzip befragten Autofahrer – strikt ab: „Die Bahn ist oft überfüllt. Sie fällt dauernd aus. Das macht kein Arbeitgeber auf Dauer mit“, sagt sie. Die meisten der Befragten kommen aus dem Nachbarort Königsdorf.
S-Bahn sei zu voll und zu teuer
Auch der Fahrer eines Mercedes-Geländewagens, der angibt, sein Fahrzeug für die Arbeit zu brauchen: „Die Ampel macht doch auf der Aachener Straße keinen Unterschied. Ich wüsste nicht, was sie bringen sollte.“ Eine weitere Königsdorferin mit einem schwarzen VW Beetle erklärt: „Ich spare keine Zeit mit der Bahn, mit dem Auto ist es einfach bequemer.“ Eine andere Frau aus Königsdorf will nach Lövenich: „Per S-Bahn ist das zu kompliziert und kostet vier Euro pro Fahrt. Da sollten sie mal anfangen und was ändern.“
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Der Bus der Linie 950 aus dem Rhein-Erft-Kreis fährt regelmäßig nach „Weiden Zentrum“. Jetzt steckt er in Höhe des überbelegten Pendlerparkplatzes fest, der seit 2005 mit Parkdecks erweitert werden soll. 2020 vielleicht dann wirklich. Es wird wieder 22 Sekunden lang Grün: Einige Autofahrer bekundeten ihren Unmut mit Vollgas. Einer ist offenkundig so gefrustet, dass er die nächste rote Ampel einfach ignoriert. Hinter ihm bildet sich Stau.
Geschätzte Wartezeit: Zehn Minuten
Ein Mercedes-Fahrer aus Düsseldorf öffnete das Fenster und brüllte aus dem Auto: „So ein Mist hier.“ Auf zehn Minuten schätzt der Fahrer eines blauen Audis seine Wartezeit, dann hat er Grün. Doch auf der Aachener Straße wird er noch oft an rote Ampeln kommen. Der VCD erkundigte sich gestern, warum es nicht möglich sei, an der Pförtnerampel die Wartesekunden anzuzeigen. Doch die Techniker winkten gleich ab: „Sobald ein Fußgänger drückt, oder ein Auto wenden will, würde die Zeitangabe nicht mehr stimmen.“
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Joisten beobachtete von 7 bis 9 Uhr den Berufsverkehr. „Die Ampel geht zu Lasten unserer Nachbarkommune und verursacht, wie zu erwarten, Stau und eine zusätzliche Umweltbelastung“, so Joisten. Er hätte vorrangig die Kapazitäten von Pendlerparkplätzen, Bussen und Bahnen gesteigert, „statt Bürgern zusätzliche Probleme zu bescheren“. Es müsse nicht viel ausgebaut werden, um die Stadtbahnen in Dreifachtraktion fahren zu lassen.