Strenge AuflagenErste Cannabis-Clubs in Köln stehen in den Startlöchern

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Die Gründer des „The Herbalist Social Club“v.l. Valentin, Doro, und Niklas.

An die Legalisierung von Cannabis glaubt Niklas Hoffmann (rechts) schon immer. Die Gründer des „The Herbalist Social Club“ bereiten sich auf den Start vor.0

Die Gründer des „The Herbalist Social Club“ bereiten sich auf den Start vor. Der gemeinschaftliche Anbau steht unter strengen Auflagen.

An die Legalisierung von Cannabis glaubt Niklas Hoffmann eigentlich schon immer. Vor sechs Jahren gründete der 34-jährige Kölner „The Herbalist“, einen Fachhandel für CBD-Produkte. CBD steht für den Wirkstoff Cannabidiol, der aus der Hanfpflanze stammt. Verarbeitete CBD-Produkte wie Öle oder Tees waren auch schon vor dem 1. April dieses Jahres in Deutschland legal — neu ins Sortiment gekommen sind nun Samen und Stecklinge für den privaten Anbau zu Hause.

Seitdem habe sich das Publikum im Ehrenfelder Ladenlokal verändert, sagt Doro Breuer, Mitgründerin des „The Herbalist Social Club“: „Auch viele ältere Leute, die vorher im Verborgenen konsumiert haben, holen sich jetzt Pflanzen nach Hause.“

Die Vereinsmitglieder des „The Herbalist Social Club“ gehören allen Schichten an: Es sind Juristen, Studenten, Mediziner, Angestellte und Rentner. Schon nachdem der erste Entwurf des Cannabisgesetzes veröffentlicht wurde, war klar, dass Hoffmann und seine Mitstreiter eine Anbauvereinigung gründen wollen. Der Gesetzgeber erlaubt diesen nicht-wirtschaftlichen Vereinen seit dem 1. Juli 2024 den „gemeinschaftlichen Anbau“ von Cannabis mit bis zu 500 Mitgliedern.

170 Cannabis-Clubs in Köln rechtlich erlaubt

In Köln gibt es ein halbes Dutzend von ihnen, doch nicht alle haben sich bereits um eine Lizenz beworben. Die Anzahl der Clubs innerhalb einer Kommune ist ebenfalls vom Gesetzgeber beschränkt worden: Ein Club kommt auf 6000 Einwohner — in Köln wären also rund 170 Clubs erlaubt.

Noch dürfen der „The Herbalist Social Club“ und andere nicht mit dem Anbau beginnen — bis zu drei Monate kann es dauern, bis die Bezirksregierung den sogenannten Cannabis Clubs ihren Antrag auf eine Lizenz bewilligt. Die Gründer stehen bereits in den Startlöchern: Weit mehr als 500 Menschen haben ihr Interesse an einer Mitgliedschaft in dem Kölner Club signalisiert, über einen QR-Code konnten sie sich auf eine Liste setzen lassen. Die Mitglieder zahlen einen monatlichen Beitrag und können dafür Cannabis für den persönlichen Bedarf erwerben: monatlich maximal 50 Gramm THC-Blüten oder Hasch.

Strenge Auflagen für die neuen Vereine

Um die Lizenz bei der Bezirksregierung Köln zu beantragen, musste der Verein bereits vor dem eigentlichen Start eine geeignete Anbaufläche vorweisen — keine leichte Aufgabe ohne Einnahmen und in einer Stadt mit Platzproblemen. Im Kölner Umland fanden sie einen familiengeführten Gärtnereibetrieb, in dem demnächst auf rund 600 Quadratmetern bis zu 1000 Cannabispflanzen für den Eigenbedarf ihrer Mitglieder wachsen sollen.

Weitere Auflagen für die Clubs sind laut Bezirksregierung unter anderem polizeiliche Führungszeugnisse aller Vorstandsmitglieder, ein Sicherheits-, Gesundheits- und Jugendschutzkonzept sowie die Benennung eines Präventionsbeauftragten. Dieser muss nachweisen, dass er oder sie sich im Bereich der Suchtprävention weitergebildet hat.

Wie der im Gesetz vorgeschriebene „gemeinschaftliche Eigenanbau“ in der Praxis funktionieren soll, wissen die Ehrenfelder Vereinsgründer noch nicht. „Es muss hohe Sicherheitsstandards geben, etwa die Arbeit in Schutzanzügen — da kann bei 500 Mitgliedern nicht jeder einen Schlüssel bekommen und mal eben zum Gießen vorbeikommen“, sagt Gründungsmitglied Valentin Schneider. Der Aufbau einer professionellen Anlage koste rund eine Viertelmillion Euro.

Erste Bachelorstudiengänge für gärtnerischen Pflanzenanbau mit Cannabis

Zuerst soll es drei verschiedene Pflanzensorten geben, einige mit mehr und einige mit weniger THC-Gehalt, so die Gründer. Für ihre Aufzucht hat der „The Herbalist Social Club“ zwei sogenannte Grower in Teilzeit gefunden. Geschult werden sie in der Schweiz. „Eigentlich sind das in der Cannabisindustrie die bestbezahlten Jobs“, sagt Niklas Hoffmann. „In den USA und Kanada werden den Growern Managergehälter gezahlt. Der Grund dafür ist die hohe Verantwortung: Im schlimmsten Fall geht eine Ernte ein und es entstehen hohe Verluste.“

Profis werden mittlerweile auch in Deutschland ausgebildet: Die FH Erfurt bietet im Bachelorstudiengang „Gärtnerischer Pflanzenbau“ ab dem Wintersemester eine Vielzahl von Modulen an, in denen sich die Studierenden explizit mit Hanf beschäftigen können.

Die Pflanze an sich ist vielseitig nutzbar — als Rauschmittel in der Freizeit, aber auch für den medizinischen Bedarf. Arthrose, Rückenbeschwerden, Krebserkrankungen — Mediziner empfehlen Cannabis vor allem bei chronischen Schmerzen. „Ein Joint kann eine gute Alternative zu Schmerzmitteln sein“, sagt die 41-jährige Doro Breuer. „Wir gehen dennoch auch mit den Problemen und Risiken, die Cannabis mit sich bringt, so transparent wie möglich um.“

Niklas Hoffmann sieht jetzt schon einen gesellschaftlichen Wandel: „Gerade hat Brasilien Cannabis entkriminalisiert, vor einigen Wochen hat Japan bekannt gegeben, seine Drogenpolitik zu überdenken. Ich bin der Meinung, dass es damit zusammenhängt, dass Länder wie Deutschland den ersten Schritt gemacht haben und der Welt gezeigt haben: Wir sind offener geworden.“ Als nächsten Schritt wünscht er sich eine komplette Legalisierung mit einem freien Markt. „Je nachdem, wie die Wahlen ausgehen, ist das aber fraglich.“