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Streit um die WeidengasseGrillrestaurants in Köln dürfen nicht mehr „rauchen“

Lesezeit 3 Minuten
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Eine Fülle an Restaurants und Döner-Ständen befindet sich auf der Weidengasse im Eigelsteinviertel. 

Köln – Dem einen steigt es beim Gang durch die Weidengasse als verführerischer Wohlgeruch in die Nase, den anderen, die oberhalb der Grillrestaurants wohnen, als beißender Rauch in die Augen. Seit nunmehr fünf Jahren fordern die Anwohner der beliebten Gastromeile im Eigelsteinviertel, dass die Abluft der Holzkohlegrills gefiltert werden muss. Bisher kämpften sie gegen Windmühlen. Es gab keine Handhabe. Doch nun liegt ein Geruchsgutachten vor, dass die Stadt Köln bei einem Ingenieurbüro in Auftrag gegeben hat. Das Ergebnis ist eindeutig: Das entspricht nicht den Vorgaben, der Rauch muss sich verziehen. Und diese Maßgabe reicht weit über den Eigelstein hinaus.

Wie ist die Ausgangslage?

Auf der Weidengasse gibt es auf einer Länge von rund 300 Metern zwischen Eigelstein und Hansaring fünf Holzkohlegrill- und acht Küchenabluftanlagen. Nur bei 15 Prozent davon existieren Abgasreinigungsanlagen, haben die Gutachter festgestellt. Bei den anderen geht der Rauch ungehindert über Schornsteinanlagen in die Luft. Im Jahr 2017 hat der „Bürgerverein Kölner Eigelstein“ erstmals Maßnahmen gegen die Rauchentwicklung gefordert. Unterschriften wurden gesammelt, Versammlungen abgehalten, der Dialog mit den Restaurantbetreibern gesucht. Schließlich gab es eine Fahrt nach Mannheim. Dort ist die Stadtverwaltung weiter als Köln bei der Regulierung solcher Grillanlagen. Das Instrument: Geruchsgutachten.

Was haben die Gutachter untersucht?

Es hat keine Feinstaubmessung stattgefunden. Dafür gibt es im Bereich der Speisenzubereitung keine Richtlinien. Die Gutachter haben in einem aufwendigen Verfahren sogenannte Geruchseinheiten gemessen. Sind die Holzkohlegrills auf der Weidengasse zur Spitzenzeit maximal befüllt, wurden 9500 bis 28 000 Geruchseinheiten pro Kubikmeter Luft gemessen. Zur Einordnung: Die „Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft“ sieht 500 Geruchseinheiten vor.

Zu welchem Schluss kommen die Gutachter?

„Es wird dringend empfohlen, die Holzkohlegrillanlagen mit effizienten Abluftreinigungssystemen zu versehen“, lautet die Schlussfolgerung der Gutachter. Ein mehrstufiges Reinigungssystem sei notwendig, um die Belastung erträglich zu machen. Mit einer Erhöhung der Schornsteine sei es nicht getan, denn die müssten bei der Belastung eine für ein Wohngebiet kaum realisierbare Höhe haben. Eine Alternative könnten Gasgrills sein.

Wie wird das Gutachten aufgenommen?

Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Grüne) fasst es für sich so zusammen: „Sensationell.“ Jetzt sei nach fünf Jahren Kampf endlich eine Handhabe da. „Das Gutachten wird Wirkung haben“, verspricht Hupke. Die Restaurantbetreiber kämen an der Untersuchung nicht mehr vorbei. Auch Regina Börschel, für die SPD in der Bezirksvertretung, ist zufrieden. Allein, sie hätte sich gewünscht, es könnte auch Feinstaubmessungen geben, um die gesundheitlichen Gefahren zu ermessen. Groß ist die Erleichterung auch beim Bürgerverein Kölner Eigelstein.

„Es hätte nicht mehr lange gedauert und es wäre geklagt worden“, sagt Ruth Wennemar, Sprecherin des Vereins. Die Umsetzung der Konsequenzen will der Verein eng begleiten. „Wir werden jetzt mit Filterherstellern sprechen. Noch ein Jahr zu warten, dazu sind wir nicht bereit.“ Gasgrills sieht Wennemar nicht als Lösung an. Die Geruchsbelästigung bleibe dabei bestehen. Die Stadtverwaltung sieht nun die Gastronomen in der Pflicht. Das Gutachten komme zu dem Schluss, die rechtlichen Anforderungen würden nicht eingehalten, so eine Sprecherin. Die Betreiber seien nun aufgefordert, innerhalb von vier Wochen zu erklären, wie sie das ändern wollen. Die Rundschau hat Restaurantbetreiber mit Grills auf der Weidengasse dazu angesprochen. Keiner wollte sich äußern.

Ist nur der Eigelstein betroffen?

Regina Börschel sagt: „Das Gutachten zur Weidengasse ist das Einfallstor.“ Bezirksbürgermeister Hupke: „Wir wollen weiter gehen.“ Ihm lägen auch schon Beschwerden von Anwohnern aus der Zülpicher Straße, aus Ehrenfeld oder vom Chlodwigplatz vor. Auch auf der Keupstraße oder in Kalk sieht er grundsätzlich Handlungsbedarf. Zwar brauche es in jedem einzelnen Fall erneut ein Gutachten. „Aber nun ist es leichter und schneller machbar.“ Börschel und der Bürgerverein fordern sogar bundeseinheitliche Regelungen.