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Die Bronx von Dellbrück„Bananensprayer“ zeigt im Leskan-Park 300 Werke

Lesezeit 4 Minuten

Donald Trump und Boris Johnson werden auch mit Bananen verewigt.

  1. 49 Kunstorte sind bei der Museumsnacht am Samstag, 2. November, dabei.
  2. In loser Folge stellen wir Mitwirkende und Programmteile der Nacht vor.
  3. Zu Beginn ein Atelierbesuch bei Thomas Baumgärtel in Dellbrück.

Köln – Nackter, abgenutzter Betonboden. An den Wänden unverputzter Backstein. Unter den haushohen Decken und fast ebenso hohen Sprossenfenstern sind offene Eisenkonstruktionen zu sehen. Angerostete Schilder warnen Arbeiter, die es hier längst nicht mehr gibt. Die Halle 64 im Leskan-Park in Dellbrück atmet auf fast 3000 Quadratmetern alte Industrieatmosphäre. Vor mehr als 125 Jahren hat hier die Firma Total Walther begonnen, ihre Produkte rund um Brandschutz zu produzieren. Inzwischen ist die Produktion eingestellt. Stattdessen wird ausgestellt: Kunst von Thomas Baumgärtel.

Der bekannte Bananensprayer hat im Leskan-Park erstmals sein ganz eigenes Museum. „Das ist die größte Fläche, auf der ich jemals ausgestellt habe. Eigentlich ist das ja eher ein Gegenentwurf zum Museum“, sagt der Künstler, der sich immer noch nicht sattsehen kann am wunderbaren Ausstellungsort. „Die Halle hat viel Hinterhof-Charakter, sie hat etwas von der Bronx. Es fehlt eigentlich nur noch Feuer aus alten Öl-Tonnen“, schwärmt Baumgärtel.

Auch vor der Queen macht er nicht Halt.

Deutschlands größte Street-Art-Ausstellung

Gerne hätte er ein paar Öl-Tonnen mit Feuerchen aufgestellt. Aber dafür gab es keine Genehmigung. Die Genehmigung allerdings gab es, um hier auf Zeit Deutschlands momentan größte Street-Art-Ausstellung zu präsentieren. Etwa bis Mitte November zeigt Baumgärtel in der Halle rund 300 Werke.

Verlosung

Wer Bananensprayer Thomas Baumgärtel bei der Museumsnacht erleben will oder eine der 48 anderen Kunstorte besuchen möchte, sollte zumTelefon greifen: Die Rundschau verlost 10 Mal zwei Karten für die Museumsnacht am Samstag 2.November. Wer mitmachen will, sollte die Telefonnummer 01378 906058 anrufen (50 Cent pro Anruf aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk kann abweichen). Die Hotline ist bis Donnerstag geschaltet.

Oder Sie schicken ebenfalls bis zum Donnerstag eine SMS mit Namen und Anschrift und dem Stichwort KRS58 an die Nummer 99 6 99 (50 Cent pro Textnachricht). Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt. (EB)

Unter dem Titel „German Urban Pop Art“ sind Retrospektive und neue Arbeiten vereint. „Ich habe etwa 50 neue Werke geschaffen“, sagt der 58-Jährige. Darunter ist eine Anspielung an die Vostell-Plastik „Ruhender Verkehr“. Das Original des Fluxus-Künstlers – ein in Beton gegossener Pkw – steht seit 1969 auf dem Hohenzollernring. „1993 habe ich den in einer Guerilla-Aktion mit Bananen besprüht“, erzählt Baumgärtel. Es gab Stress mit Wolf Vostell, obwohl Baumgärtel doch eigentlich dessen Kunst nur ehren wollte. Denn die Bananen, die er seit inzwischen 33 Jahren als Graffiti sprüht, sind – zum einen – Auszeichnung. Inzwischen gibt es sie an mehr als 4000 Stellen weltweit.

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Anfangs nur eine kleine Provokation

Doch neben ihrer Funktion als Auszeichnung erzählt die Baumgärtel-Banane noch weitaus mehr. Je nachdem, wie der Sprayer sie einsetzt. Sie provoziert, prangert an, macht lächerlich. „Diktatoren sind Banane“ lautet eine zentrale Aussage des Künstlers. Er kritisiert Erdogan in einem ironischen Bild mit Banane im Allerwertesten ebenso wie Trump (als US-Affen) oder den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jingpin (als Raketenmann auf einer Atom-Banane). Baumgärtel, der in Köln sowohl die Kunsthochschule besuchte, als auch parallel Psychologie studiert hat, hat klare politische Standpunkte. Er steht ein für Toleranz, Klimaschutz, Demokratie. Das bringt ihm nicht nur Freunde ein. Der Türkei beispielsweise gefiel das Erdogan-Bild gar nicht. Es gab Drohungen, der Künstler stand unter Schutz.

Eine ausrangierte Werkslokomotive hat Thomas Baumgärtel in die alte Industriehalle geschafft.

Dass die krumme gelbe Südfrucht so eine zentrale Rolle im Werk von Baumgärtel spielt, verdankt er gewissermaßen dem Zufall. Während des Zivildienstes in einer katholischen Einrichtung, fiel dort ein Kreuz von der Wand, der Jesus brach ab. Baumgärtel ersetzte ihn durch eine Banane. Eine augenzwinkernde, kleine Provokation. Die erste von so vielen, die über die Jahre folgten. In der Ausstellung „German Urban Pop Art“ sieht man, dass die Kunst von Baumgärtel weitaus vielschichtiger ist als viele annehmen. „Sie sind ja doch ein Künstler“, würde es Besuchern der Halle zuweilen fast erstaunt entfahren, berichtet Baumgärtel lachend. „Ich mache so viele Sachen“, sagt er. Das ist nicht zu übersehen in der Halle 64.

Unterhaltsames Erlebnis voller Entdeckungen

Bilder, Installationen, Skulpturen, Aktionskunst und die Komposition der Exponate machen den Besuch der Ausstellung zu einem unterhaltsamen Erlebnis voller Entdeckungen. Zu ihnen gehören eine ausrangierte Werks-Lokomotive, die für die Mobilitätswende wirbt, oder ein schreckverzehrt blickender Boris Johnson hinter einer Original-ICE-Türe. Titel des Werks: „Der Zug ist abgefahren“. Unbedingt ansehen sollten sich Besucher auch die Nebenräume mit kleineren Werken und die Waschräume.

Ebenso zeigt er den Kölner Dom.

Die Ausstellung ist nur nach Voranmeldung per E-Mail (office@bananensprayer.de) zu besuchen (mindestens eine Woche Vorlauf). Einzige Ausnahme: Während der Museumsnacht am Samstag, 2. November, kann jeder spontan kommen. Um 19 Uhr öffnet Thomas Baumgärtel die Tore der Halle. Der Künstler führt um 20 und 23 Uhr durch die Ausstellung. Um 21 Uhr erläutert er seine Kunst in einem Bildvortrag. Um 22 Uhr startet die „Volksbananen-Aktion“. Auf 999 Holztafeln hat Baumgärtel die Banane gesprüht. Mit einer Aussage kann jeder die Kunst mitschreiben. Am Ende wird die Aktion im Netz gezeigt.