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Stadt KölnMassive Kürzungen bei Sozialem, Sport und Kultur werden abgemildert

Lesezeit 4 Minuten
Menschen mit Schwimmringen und Plakate demonstrieren.

Gegen Kürzungen bei den Hilfen für Geflüchtete protestierten diese Demonstrantinnen im November.

Soziale Träger und Kulturschaffende in Köln fürchten massive Kürzungen. SPD und Linke kritisieren Pläne und fordern Erhalt sozialer Strukturen.

Was wird aus unserer Arbeit, aus unseren Projekten, aus unseren Angeboten für die Menschen in Köln? Das fragen sich seit Monaten zahlreiche soziale Träger, Sportvereine und Kulturschaffende. Seit die Stadtverwaltung im November ihre massiven Kürzungspläne für den Doppelhaushalt 2025/2026 vorgestellt hat, sehen sich viele Organisationen, Vereine und Initiativen in ihrer Existenz bedroht. Manchen will die Stadt die Zuschüsse kürzen, anderen ganz streichen. Denn ohne Kürzungen, so die Verwaltung, drohe Köln die Haushaltssicherung, also ein Nothaushalt, den die Bezirksregierung kontrolliert. Dann seien auf einen Schlag alle freiwilligen Leistungen weg.

Der Aufschrei ist groß, am Rathaus reihte sich zuletzt eine Demonstration an die andere, die Rundschau berichtete. Ob Jugendarbeit, Flüchtlingshilfe, Frauenhäuser oder die Offene Jazz Haus Schule – alle eint die Sorge, dass sie ihre Angebote bald stark reduzieren oder ganz einstellen müssen, wenn die Stadt sie nicht mehr unterstützt.

Am heutigen Freitag kommt es zum Schwur. Dann will das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt den Doppelhaushalt im Finanzausschuss beschließen – und per Änderungsantrag noch einige Härten abmildern. Welche Kürzungen zurückgenommen oder wenigstens reduziert werden sollen, stand bis gestern Mittag noch nicht fest.

Kürzungen sollen zurückgenommen werden

Und so war bei den Betroffenen bis zuletzt Zittern angesagt. Der Stadtsportbund und die „Allianz des Kölner Sports“, der neben FC, Viktoria, Fortuna und Haien die größten Breitensportclubs der Stadt angehören, forderten gestern noch einmal, Kürzungen im Sportbereich in Höhe von 20 Millionen Euro zurückzunehmen. Dem Sport werde sonst „auf Jahre hinaus die Basis entzogen, um seinen gesellschaftlichen Aufgaben und Leistungen gerecht zu werden“, so der Stadtsportbund-Vorsitzende Helmut Schaefer. Angesichts der Rotstift-Politik drohten viele Sportplätze in Köln zu verrotten. Der „Kahlschlag“ müsse gestoppt werden, sonst werde die Sportstadt Köln zur „Sportwüste“.

Aus der Opposition im Stadtrat kommt ebenfalls scharfe Kritik. SPD und Linke lehnen die geplanten Sozial-Kürzungen ab und fordern den Erhalt der sozialen Infrastruktur.

„Köln muss sozial bleiben. Dafür brauchen wir gut funktionierende soziale Strukturen, die auskömmlich finanziert sind“, betont SPD-Fraktionschef Christian Joisten. Sie böten „oftmals lebenswichtige Unterstützung für viele Menschen in unserer Stadt und sichern den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft. Sie gerade jetzt zu schwächen, während unsere Gesellschaft auseinanderzubrechen droht, wäre ein fataler Fehler mit unabsehbaren sozialen Folgekosten“, so Joisten.

Solidaraufschlag soll eingeführt werden

Die SPD forderte, die Kürzungen vollständig zurückzunehmen – in der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, im Sozialbereich, Sport, bei Kunst und Kultur oder Integration. Zur Gegenfinanzierung solle unter anderem der jährliche Betriebskostenzuschuss an die städtischen Bühnen um sechs Millionen Euro gesenkt und ein Solidaraufschlag von einem Euro pro Konzert- oder Theaterkarte eingeführt werden. Die SPD will auch den Bau von Fahrradbrücken an der Bastei, der Hohenzollernbrücke und am Ubierring verschieben sowie den geplanten Grünzug in Nippes an der Gürteltrasse.

Güldane Tokyürek, Fraktionschefin der Linke, betonte: „Ohne Mehreinnahmen sind die Probleme nicht zu lösen.“ Ihre Fraktion will den Gewerbesteuerhebesatz um fünf Punkte anheben und so 77 Millionen Euro Mehreinnahmen generieren.

Bei Grünen, CDU und Volt gab es bis zuletzt ein zähes Ringen um Kompromisse. Gestern veröffentlichten sie am späten Nachmittag ihre Änderungen am Haushaltsplanentwurf der Kämmerei. Demnach werden Kürzungen bei verschiedenen Kulturprojekten revidiert (siehe Bericht im Kulturteil). Die Verwaltung soll auch evaluieren, „wie innerhalb der städtischen Museen Synergieeffekte zum Beispiel durch das Zusammenlegen von Häusern und Sammlungen, zusätzlichen Ausstellungen oder eine gemeinsame Vermarktung genutzt werden können“.

Beihilfe für Sportvereine

Auch im Sozialbereich, der Jugendhilfe und im Sport werden Kürzungen zurückgenommen. So sollen die Träger der freien Wohlfahrtspflege jetzt im laufenden Jahr 294.422 Euro mehr und im nächsten Jahr 550.000 Euro mehr als bisher geplant erhalten. Das inklusive Zentrum für selbstbestimmtes Leben bekommt nun in 2025 und 2026 je 195.000 Euro mehr als im Haushaltsplanentwurf vorgesehen. Der Fördertopf für Träger im Bereich Migration wird gegenüber der bisherigen Planung um 600.000 Euro pro Jahr aufgestockt. Das Handwerkerinnenhaus erhält je 308.000 Euro mehr als gedacht. Zur Unterhaltung von Sportstätten soll es 2025 und 2026 insgesamt 500.000 Euro mehr Beihilfen an Sportvereine geben als von der Verwaltung vorgesehen

Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin sagte, man halte an den Mindeststandards zur Unterbringung für Geflüchtete fest und stärke im Bereich der Integration viele Institutionen. „Gleichzeitig unterstützen wir den von der Verwaltung vorgelegten und dringend notwendigen Konsolidierungskurs. Mit dem Entwurf der Verwaltung und unseren politischen Nachjustierungen bekommt Köln einen soliden, genehmigungsfähigen und zukunftsorientierten Haushalt.“