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Sicherheit für SchulkinderKöln will Schulstraßen dauerhaft einrichten

Lesezeit 5 Minuten
Elterntaxis sollen durch „Schulstraßen“ vor dem Transport der Kinder direkt vor die Schule abgehalten werden.

Elterntaxis sollen durch „Schulstraßen“ vor dem Transport der Kinder direkt vor die Schule abgehalten werden.

Köln ist auf dem Weg, als eine der ersten Kommunen Deutschlands dauerhaft sogenannte Schulstraßen einzurichten. Was bedeutet das konkret? Wir geben einen Überblick.

Die Sperrung soll Sicherheit geben für die jüngsten Verkehrsteilnehmer auf den Straßen: Durch ein zeitweises Durchfahrtverbot am Morgen und am Nachmittag werden Eltern in Schulstraßen daran gehindert, ihre Kinder mit dem Auto zu bringen und abzuholen. Nachdem rund ein Jahr lang an vier Schulstandorten Pilotprojekte mit einer zeitweisen Sperrung liefen, hat die Verwaltung diese Projekte nun ausgewertet.

Das Fazit ist positiv: Die Verkehrszahlen in Schulstraßen lassen sich deutlich reduzieren. Schulstraßen sind laut Stadt „ein wichtiges Instrument“, um die Verkehrssicherheit für Schulkinder zu erhöhen. Verkehrsdezernent Ascan Egerer begrüßt die Maßnahme für mehr Sicherheit von Schülerinnen und Schülern. Nun könnten zu den Modellprojekten viele Schulstraßen dazu kommen.

Welche Pilotprojekte sollen verstetigt werden?

Alle vier, die durchgeführt wurden. Das sind die Katholische Grundschule Vincenz-Statz in der Lindenbornstraße in Ehrenfeld, die Gemeinschaftsgrundschule (GGS) Maria-Montessori in der Straße Am Piostorhof in Ossendorf, die Rosenmaarschule in Höhenhaus und die GGS Diesterwegstraße in Brück. An den Pilotprojekt-Schulen sind die Straßen werktags von 7.45 bis 8.15 Uhr morgens und von 15 bis 15.30 Uhr für den motorisierten Individualverkehr gesperrt. Es gibt Ausnahmen – beispielsweise für Rettungsfahrzeuge, Polizei und Schulbusse. Die dauerhafte Einrichtung der vier Schulstraßen soll kurzfristig umgesetzt werden. Vorher entscheiden die zuständigen Bezirksvertretungen über den Verwaltungsvorschlag.

Wie kam das Projekt Schulstraße ins Rollen?

Die Initiative gegen sogenannte Elterntaxis vor Grundschulen ging sowohl von besorgten Eltern als auch von Schulleitungen aus. Eltern, die ihre Kinder direkt vor der Schule absetzen oder abholen, halten sich oft nicht an Verkehrsregeln, verstopfen die Straßen und machen waghalsige Wendemanöver, die die Kinder in Gefahr bringen können. Das Aktionsbündnis „Kidical Mass“, das sich für die Sicherheit von Kindern und Jugendlichen als Fußgänger und Radfahrende einsetzt, initiierte 2021 die erste Demonstration für eine Schulstraße. Dabei orientierte man sich an der Stadt Wien. Parteivertreter wurden ins Boot geholt, schließlich fiel der Ratsbeschluss für die Pilotprojekte.

Erste Erfahrungen mit Schulstrassen Köln

An der Grundschule Lindenbornstraße in Ehrenfeld wurde des Pilotprojekt bereits vor rund zwei Jahren gestartet.

Wie ist die rechtliche Grundlage für die dauerhafte Einrichtung einer Schulstraße?

Ein Erlass des Landes NRW aus dem Januar 2024 ermöglicht es Kommunen, selbstständig über die Einrichtung einer Schulstraße zu entscheiden und zu bestimmten Uhrzeiten eine Durchfahrtssperre zu bestimmen. Dazu muss eine straßenrechtliche Teileinziehung erfolgen. Diese beschränkt die Widmung der Straße. Für eine Teilentziehung für die allgemeine Nutzung der Straße müssen Gründe − wie die Gefährdung von Kindern − angeführt werden. „Die neuen Empfehlungen des Landes NRW für die rechtliche Umsetzung bestärken uns darin, diesen Weg weiterzugehen“, sagt Egerer.

Wird es Anpassungen für Anwohner bei den Kölner Schulstraßen geben?

Ja. Auf ihre Bedürfnisse soll stärker eingegangen werden. So soll es eine neue Beschilderung sowie eine Ausnahmegenehmigung für Anwohnende per Allgemeinverfügung geben. Anwohnende können dann zu den Sperrzeiten nicht nur ausfahren, sondern auch in die Straße einfahren. Im März dieses Jahres hatte der Rat zudem beschlossen, dass die Verwaltung prüfen soll, ob in Schulstraßen während der Sperrungen eine Regelgeschwindigkeit von 10 Stundenkilometern eingeführt werden soll.

Wird es weitere Schulstraßen geben?

Das ist sehr wahrscheinlich. Das Interesse ist groß. Bereits jetzt haben laut Stadt rund 40 Schulstandorte ihr Interesse daran angemeldet, eine Schulstraße einzurichten. Für einige gibt es bereits politische Beschlüsse vonseiten der Bezirksvertretungen. Das gilt für: Breslauer Straße, Kölner Straße und Lindenburger Allee, Schulpfad, Kretzerstraße. Die Bezirksvertretung Innenstadt hat einen Grundsatzbeschluss für die Einrichtung von Schulstraßen im gesamten Bezirk Innenstadt gefasst. Noch keinen politischen Beschluss aber eine Vormerkung bei der Stadtverwaltung haben unter anderem die Johanniter-Schule in Lövenich, die GGS Garthestraße in Riehl und die GGS Antwerpener Straße in der Innenstadt.

Haben nur Grund- und Förderschulen Interesse angemeldet?

Nein. In der Regel sind es Grund- oder Förderschulen, die wollen, dass die Straße an ihrem Standort zur Schulstraße wird. Doch in der städtischen Liste der Interessenten ist auch das Apostelgymnasium in Lindenthal aufgelistet.

Wie ist nun die Vorgehensweise zur Einrichtung weiterer Schulstraßen?

Jede Schule und deren Umgebung muss einer Einzeluntersuchung für die Eignung einer Schulstraße unterzogen werden. Deshalb soll ein Gesamtkonzept entwickelt werden. Das Konzept soll potenzielle Schulstandorte analysieren, an denen Schulstraßen umsetzbar wären und Rahmenbedingungen definieren. Ein zu entwickelnder, standardisierter „Schnell-Check“ mit verschiedenen Kriterien soll aufzeigen, ob an dem Standort eine Schulstraße möglich ist, bevor eine genauere Betrachtung erfolgt. Dabei sollen zunächst die Schulstandorte bewertet werden, für die es schon Anträge und Beschlüsse gibt. Danach sollen die Anträge von Grund- und Förderschulen bearbeitet werden, später andere Schulformen.

Wann kommen neue Schulstraßen?

Diese Frage kann die Verwaltung noch nicht beantworten. „Da sowohl das Konzept als auch der Verfahrensprozess für weitere Schulstraßen noch in der Entwicklung ist, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch keine konkrete Aussage zum Zeitrahmen gegeben werden“, teilt Stadtsprecher Robert Baumanns auf Rundschau-Nachfrage mit.

Sieht die Verwaltung Schulstraßen als „Allheilmittel“?

Nein. Sie stellt klar fest: „Von einer grundsätzlichen Reduzierung des Hol- und Bringverkehrs kann auf Grundlage der Ergebnisse des Pilotprojekts aktuell nicht ausgegangen werden.“ Bei Straßen mit hohem gewerblichem Verkehr oder Kundenverkehr seien temporäre Sperrungen zudem grundsätzlich nicht sinnvoll. Neben verkehrstechnischen, baulichen und verkehrslenkenden Maßnahmen will die Stadt hier auf Aufklärungs- und Kommunikationskampagnen setzen.

Wie bewertet „Kidical Mass“ die Entwicklung?

Als „schönen Erfolg“ sieht Simone Kraus, Sprecherin von „Kidical Mass“, das Köln dauerhaft Schulstraßen einrichten möchte. „Köln ist damit die erste Kommune in Deutschland, die das macht“, sagt sie. Kraus merkt allerdings auch an, das eine Schulstraße nicht für jede Straße die richtige Lösung sein kann. „Grundsätzlich müssen Schulen und Schulwege bei den Radverkehrsnetzen mitgedacht werden“, fordert Kraus und fügt hinzu: „Bei der Planung eines Konzepts durch die Stadt hoffen wir darauf, dass wir eingeladen werden und aktiv mitwirken können.“ Bisher sei das noch nicht erfolgt. „Dabei ist der NRW-Erlass durch unsere Lobby-Arbeit zustande gekommen“, argumentiert die „Kidical Mass“-Sprecherin.