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Selbsttest in KölnE-Scooter mit großem Fahrspaß – und großen Problemen

Lesezeit 4 Minuten

Simon Westphal auf dem E-Roller

Köln – Mit meinem E-Scooter bin ich auf der Aachener Straße unterwegs und höre ein Paar tuscheln: „Sind die jetzt eigentlich zugelassen?“ Kurze Zeit später bekomme ich während eines Überholmanövers den Satz eines Autofahrers, der sich offenbar sicherer ist, an den Kopf geworfen. „Runter von der Straße!“ Er hat Unrecht.

Der E-Scooter ist auf der Straße genau richtig. Seit dem vergangenen Wochenende sind zwei Modelle für den Straßenverkehr zugelassen, einer davon ist der „Moover“ der Firma Metz, den ich mir vom Händler „Roller-Revolution“ auf dem Melatengürtel geliehen habe. Neu kostet das Gerät gut 2000 Euro. Solange es Fahrradwege gibt, ist dort der Platz für den elektronischen Tretroller. Sobald der Weg endet, gehört der Scooter auf die Straße – keinesfalls auf den Bürgersteig.

Mit eingeschaltetem Motor 20 Stundenkilometer

Die Funktionsweise des E-Scooters ist schnell erklärt. Mit dem Drücken beider Bremsen startet der Akku, der rechte Daumen gibt Gas. Der erste Eindruck ist gut, die Füße haben nebeneinander genug Platz und der Körper nimmt eine angenehme Position ein.

Was fehlt, ist die Möglichkeit, sich beim Abbiegen bemerkbar zu machen.

Mit eingeschaltetem Motor bringt es der Metz Moover auf 20 Stundenkilometer. Für ein Überholmanöver reicht die Geschwindigkeit nur in seltenen Fällen. Beim Anfahren macht dem Roller dagegen kein Fahrrad etwas vor. Ein, zwei Tretbewegungen sind zum Start nötig, hat der Roller Schrittgeschwindigkeit erreicht, geht es entspannt und ohne weiteres Zutun mit dem Daumen weiter.

Höchstgeschwindigkeit innerhalb von drei Sekunden

Dann erreicht der Scooter allerdings innerhalb von drei Sekunden die Höchstgeschwindigkeit. Der Schub beim Start ist so groß, dass der Körper ruckartig nach hinten gedrückt wird. Ohne festen Griff und gesunde Körperspannung geht es nicht. Ist der Motor aus, funktioniert der Moover wie ein ganz normaler, etwas schwerfälliger Tretroller, mit dem entspannt 16 bis 17 Stundenkilometer möglich sind.

Simon Westphal ist zufrieden

Auch den Härtetest am Herkulesberg besteht der Roller mit Bravour. Selbst an den steilsten Anstiegen sind 15 Stundenkilometer drin. Bergab sichern die starken Scheibenbremsen die Kontrolle. Vorsicht geboten ist mit der Vorderradbremse. Stichwort: Überschlagsgefahr.

Stabilität nur mit beiden Händen am Lenker

Auf befestigten Straßen fühlt man sich schnell sicher, sogar eine schwere Schultertasche ändert daran nichts. Auch unebene Wege sind kein Problem – egal ob staubig im Grüngürtel oder mit Stolperfallen auf den Ringen.

Verleihsysteme

Der erste Anbieter für Verleih-Systeme für E-Scooter steht in Köln in den Startlöchern und hat das Qualitäts-Agreement mit der Stadt unterzeichnet. Am Dienstag starteten die ersten Roller des US-Unternehmens „Lime“ in Berlin, ein genaues Einstiegsdatum für Köln konnte das Unternehmen am Mittwoch noch nicht nennen. Mit drei weiteren Anbietern steht die Stadt Köln in Kontakt. Alle Anbieter wollen die Qualitätsvorgaben einhalten. Das Qualitäts-Agreement beinhaltet auch einen Plan für Verbotszonen, in denen keine Verleih-Stationen installiert werden dürfen.

Bordsteinkanten sind für die 12-Zoll-Reifen ebenfalls keine Hürde. Problematisch wird es auf Kopfsteinpflaster nur für Brillenträger. Da die Brille wie der gesamte Körper extrem stark vibriert, muss mit einer Hand immer wieder nachjustiert werden.

Der E-Scooter meistert beim Test in Köln fast jede Situation ohne Probleme. Was fehlt, ist die Möglichkeit, sich beim Abbiegen bemerkbar zu machen.

Und genau da liegt die größte Gefahr. Sobald sich eine Hand vom Lenker verabschiedet, geht jegliche Stabilität verloren. So ergibt sich abseits der sicheren Fahrradwege im richtigen Straßenverkehr das nächste große Manko. Linksabbiegen ist bei regem Verkehr kaum möglich.

Gefahr auf viel befahrenen Straßen: Kein Blinker

Einen Blinker gibt es nicht, die ausgestreckte Hand ist wie auf dem Fahrrad die einzige Möglichkeit. Ohne jedes Signal, auch nach mehrfachem Umschauen, ist das Abbiegen grob fahrlässig und kann schnell zu Unfällen führen. Nach den ersten Erfahrungen ändere ich mein Verhalten: Rechts ranfahren und die Straße überqueren, wenn frei ist.

Der E-Scooter meistert beim Test in Köln fast jede Situation ohne Probleme. .

Die Gefahr auf viel befahrenen Straßen ist auch ohne Abbiegemanöver groß. Auf der Tunisstraße – ein Alptraum auch für Fahrradfahrer – werde ich von einem Auto fast gestreift. Im Vergleich zum Fahrrad hat der Roller noch weniger Stabilität. Eine kleine Berührung kann für einen schwerwiegenden Unfall reichen. Eine Helmpflicht wäre sinnvoll.

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Nach gut 20 Kilometern ist der Akku leer. An der Steckdose dauert es bis zu vier Stunden, bis er wieder voll aufgeladen ist. Zwar lässt sich der Scooter mit drei einfachen Handgriffen zusammenklappen, die 17 Kilogramm Gewicht sind dagegen ein Mobilitätsproblem.

Ein tolles Spielzeug

Fazit: Der E-Scooter ist ein tolles Spielzeug – daran gibt es keinen Zweifel. Das Fahren macht Spaß, besonders auf engeren Wegen oder beim Slalomfahren in der Schildergasse fühlt sich die Fahrt sogar richtig schnell an. Kommentare von Fußgängern halten sich in Grenzen, Blicke erntet der Roller dagegen an jeder Ecke.

Dass er jedoch eine Straßenzulassung bekommen hat, erschließt sich nach dem ersten Test nicht. Das quasi nicht mögliche Linksabbiegen ist dabei das größte Manko. Vielleicht ist es Übungssache, optimal ist es sicher nicht. Aber: Der E-Scooter-Trend ist noch jung. Die Hersteller müssen und werden an den Schwächen arbeiten.