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Wochenmärkten in KölnKunden fühlen sich sicherer als im Laden

Lesezeit 4 Minuten

Die allermeisten Markt-Kunden wie hier vor einem Stand in Rodenkirchen halten ausreichend Abstand in der Schlange. 

Rodenkirchen/Braunsfeld – Wochenmarkt in einer ungewöhnlichen Zeit. Auffällig: Die Besucher schauen sich weit mehr in die Augen. Vielleicht schwingen auch die Fragen mit: „Hält mein Gegenüber genügend Abstand?“ oder „Warum hält er sich nicht daran?“ Eine Besucherin trägt einen Mundschutz. Sie leidet an Asthma-Bronchiale. Das Verhalten einiger auf dem Markt beschreibt sie „manchmal als egoistisch“. Dennoch fühlt sie sich hier sicherer als in einem Geschäft.

Ein Eindruck, der auch von den Wochenmarktbetreibern bestätigt wird: „90 Prozent der Kunden halten sich daran, Abstand zu halten“, meinen Marlene und Udo Grommes, bei denen „Alles Käse“ ist. Seit Jahren schon ist Ehemann Udo für den Käseverkauf auf dem Markt zuständig, Marlene kümmert sich um die finanzielle Abwicklung. Neu ist allerdings, dass Frau Grommes nach jeder Bezahlung den Kunden anbietet, dass sie ihnen die Hände desinfiziert. Wer das nicht möchte, bekommt ein Desinfektionstuch geschenkt. Ab Samstag hatten sie dann auch Markierungen auf dem Boden. „Wir weisen die Leute ganz deutlich darauf hin, dass wir um Abstand bitten“, erklärt Frau Grommes. Wenn Kunden mit dem Finger auf die Scheibe zeigen, geht sie sofort raus und desinfiziert den gesamten Bereich. „Das ist keine Abschreckung, sondern eine Schutzmaßnahme“, erklärt sie.

Andere Marktbetreiber sehen es etwas gelassener. Rücksicht wird allerdings überall genommen. Vor dem Kartoffelstand stehen die Besucher an wie in Italien – nämlich mit einem Meter Abstand. Mehr eingekauft wird auf jeden Fall. Um kurz vor 11 Uhr ist am Geflügelstand kaum noch Ware zu bekommen. „Die Leute nehmen mehr mit, anstatt sich in die Sonne zu setzen“, stellt Michelle Lemoine fest. Ihr Reibekuchenstand lebt von vielen Stammkunden, viele sind ältere Klientel. Diese lässt sich dann doch noch in der Sonne den Reibekuchen schmecken. „Wir haben halt auch sehr viele Besucher hier aus dem Altenheim und die wollen, dass wir auf jeden Fall weiterhin kommen“, ergänzt Papa Philippo.

Eine klare Info für die Osterzeit, ob der Markt stattfindet, wäre jetzt wichtig“, meint die „Eier-Aggi“, Aggi Bulut. Denn die Eier bestellen müsste sie jetzt. Auch bei ihr werde gekauft wie verrückt. „Kunden, die normalerweise sechs Eier kaufen, nehmen jetzt 20 mit“, stellt sie fest. Frau Bulut bereitet das merklich Sorge, denn der Eierbestand schmilzt auch bei ihr bis 10.30  Uhr schon sichtbar. „Es ist halt so, dass Hühner pro Tag nur ein Ei legen, die wissen nicht, dass Corona ist“, meint sie bekümmert.

Wochenmarkt Braunsfeld

„Hier ist viel Platz, es gibt keine Selbstbedienung, niemand braucht Einkaufswagen und muss Ware aufs Band legen.“ Matthias Krings, Leiter des Braunsfelder Wochenmarkts, freut sich, dass er und die etwa 20 Stammhändler jetzt wahrscheinlich risikoärmer zur Versorgung mit frischen Lebensmitteln beitragen können als mancher Supermarkt. Vorausgesetzt, ihre Kunden halten sich an Abstandsregeln. „Alles geht gesittet zu“, stellte der Obst- und Gemüsebauer aus Berzdorf beim Blick über den Markt, der samstags im Stadtwaldrand auf dem gesperrten Teil der Kirschburger Straße stattfindet, erleichtert fest.

Bei Matthias Krings (r.) sind Handschuhe selbstredend Pflicht, wenn die Ware und Bargeld über die Standtheke gehen.

Dennoch ist Krings, dessen Firma „Früchte Krings“ aus Berzdorf auf dem Braunsfelder Wochenmarkt selbst einen Stand betreibt, rund um die Uhr in Kontakt mit dem Marktamt. Jetzt wurde den Händlern ein Ordner zur Seite gestellt. Bis hinter die Absperrung zur Friedrich-Schmidt-Straße müssen Kunden eine Schlange bilden, um bei Fisch Bornschein Meeresfrüchte zu kaufen. Sie tun es geduldig. Viel zu tun gibt es für den Ordner nicht, höchstens mal ein bisschen erinnern, wenn Freunde oder Nachbarn sich über den Weg laufen und vor lauter Wiedersehensfreude das ungewohnte Abstandhalten vergessen. So wie eine Frau und ein Mann, die mit ausgebreiteten Arme aufeinanderzukommen, aber schnell abbremsen. „Ach nein, das geht ja jetzt nicht mehr“, sagt sie und macht Luftküsschen.

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Vereinzelt sind Spaziergänger und Jogger im Umfeld unterwegs und kreuzen den Markt. „Die Sitzgelegenheiten wurden hier in der Nähe aber abgebaut, um niemanden dazu zu verleiten, sich zu versammeln“, erklärt Marktleiter Krings. Vor seinem Stand hat er Hilfslinien aufgemalt, damit die Kunden den gebotenen Abstand besser einschätzen können. Alle Händler und deren Mitarbeitende tragen Handschuhe, die sie nach der Bedienung von jedem Kunden desinfizieren.

Der Metzger Rütten hat sein Mobil mit einer Kabine für den Fleischwolf ausgestattet. Normalerweise bekommen Hundebesitzer bei jedem Einkauf Wurststückchen auf die Hand zur Weitergabe an ihre Vierbeiner, jetzt werden die Leckerchen über die Theke in Richtung Schnauzen geworfen – was trotz der ernsten Lage für manches Späßchen sorgt.

Obwohl Matthias Krings am Samstag meinte, dass die Ausgangssperre kommen wird, blieb er optimistisch für den kommenden Mittwochsmarkt, der auf dem so genannten Merzenichplätzchen an der Ecke Kirschburger/Aachener Straße von 7 bis 13 Uhr stattfindet.