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Debatte um GroßmarktWarum nicht nur Köln keine Lösung findet

Lesezeit 4 Minuten
Vor dem Eingang zum Großmarkt stehen Bauzäune mit Absperrband und Barken.

Die denkmalgeschützte, aber sanierungsbedürftige Halle des Großmarkts in Köln-Raderberg.

Bis Ende 2025 ist der Betrieb des Großmarkts in Köln-Raderberg gesichert. Doch was geschieht danach und wie sieht die Lage für Händler in anderen Großstädten aus?

Die Diskussion um den Großmarkt in Köln ist mittlerweile zum ausgewachsenen Streit zwischen den Fraktionen im Stadtrat gereift. Die einen forderten den Erhalt bis 2028, die anderen nutzten ihre Mehrheit und beschlossen ein neues Konzept zu erstellen. Doch Köln ist bei diesem Thema kein Einzelfall, auch Düsseldorf, München und Hamburg haben das Thema auf der Agenda.

Düsseldorf macht dicht

Nur rund 34 Kilometer entfernt von Köln, hat der Stadtrat Düsseldorf bereits 2021 beschlossen, den dortigen Großmarkt einfach aufzulösen – mit Stichtag 31. Dezember 2024. Über Jahre hatte die Verwaltung dort gemeinsam mit Händlern nach einem tragfähigen Konzept gesucht – vergeblich. Ohne gemeinschaftliche Lösung entschied die Politik auf das Ende des Großmarkts.

Ein Händler hatte dagegen geklagt und vom Verwaltungsgericht Düsseldorf zunächst Recht bekommen. Doch die Kommune wehrte sich gegen das Urteil. Vor Zwei Wochen folgte die Wende in dem Fall: Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) hat entschieden, dass die Auflösung rechtmäßig ist. Die Begründung des 4. Senats des OVG: „Die Gemeinden sind bei der Entscheidung über die Schaffung und Beibehaltung einer öffentlichen Einrichtung [...] frei, wenn es sich – wie hier – um eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe handelt.“ Demnach darf eine Kommune mit einem politischen Beschluss zugewiesene Flächen zurücknehmen und eine Großmarktsatzung ändern.

Funktion der Daseinsvorsorge

„Der Großmarkt entspricht nicht mehr heutigen Standards. Die Funktion als Einrichtung der Daseinsvorsorge hat der Großmarkt zudem längst verloren. Die Landeshauptstadt Düsseldorf sieht daher keinen Bedarf mehr, den Großmarkt als öffentliche Einrichtung zu betreiben“, so eine städtische Mitteilung.

Das Stichwort Daseinsvorsorge fiel auch in der Diskussion in Köln zuletzt immer wieder. Doch was bedeutet das im derzeitigen Kontext? Denn die großen Nahversorger bauen mittlerweile alle ihre eigene Logistik auf. So plant Lidl ein riesiges Regionalzentrum mit Verwaltungstrakt in Gremberghoven, die Rundschau berichtete. Und es sind nicht nur die Großen: Anfang des Jahres zog das Kölner Familienunternehmens Karadag, das Märkte für türkische Produkte betreibt, nach Jahren im Großmarkt in eine eigene Lagerhalle in Köln-Wahn.

Bagger und Schutt sind auf dem Großmarkt-Gelände zu sehen.

Abriss-Arbeiten auf dem Großmarkt-Gelände in Köln.

Die Händlerzahlen im Großmarkt sind seit Jahren rückläufig. Auf der Homepage der Stadt ist immer noch von 220 Firmen die Rede, in der Ratssitzung Mitte Juni sprachen die Politiker noch von rund 160 Händlerinnen und Händlern.

Gründe dafür sind nicht nur Erfolgsgeschichten wie die von Karadag. Die Pandemie und die Preisentwicklungen erschweren die Situation für die Händler zunehmend. Und die Branche wandelt sich: Viele Restaurants und Wochenmarktstände lassen sich gleich vom Hof in der Region beliefern. Regional ist wieder in. Die Frage ist, wie viele Händler noch übrig sein werden, bis die von der Politik zugesicherte Betriebssicherheit am 31. Dezember 2025 ausläuft.

Mammutprojekt in München gekippt

Doch es geht nicht nur um die Waren und Händler. Es geht auch um Stadtentwicklung. Das zeigt neben Köln mit der um die denkmalgeschützte Großmarkthalle herum entstehenden Parkstadt Süd auch das Beispiel München. Dort befindet sich der Großmarkt im Ortsteil Sendling sehr zentral, unweit der Isar.

Wie die Münchener Abendzeitung schrieb, hatte ein Investor auf dem 310.000 Quadratmeter großen Areal eine neue 220.000 Quadratmeter Großmarkthalle, aber auch rund 600 Wohnungen plus 46.000 Quadratmeter Bürofläche bauen wollen. Doch die Rolle rückwärts folgte. Plötzlich sei nur noch die Rede von 80.000 Quadratmetern Großmarkt. Das Problem: Die Flächen müssen für die weniger werdenden Händler bezahlbar bleiben.

Und selbst in Hamburg gab es vor Jahren Diskussionen über den Großmarkt mit 40.000 Quadratmeter Fläche. Von dort aus gehen die Waren sogar bis nach Berlin oder Polen. Hier hat die Politik 2021 ein klares Zeichen gesetzt und die Mietverträge vorzeitig um zehn Jahre bis 2044 verlängert. In der Größe des Areals und auch des Einzugsgebiets scheint Großmarkt noch zu funktionieren. Möglicherweise wäre es für Köln – aber auch für Düsseldorf – eine Option, mit anderen Städten wie Bonn und Aachen gemeinsam einen größeren Versorgungspunkt zu schaffen.