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Prozess um Kölner Fotografen„Da gab es diesen Fokus auf Jungs“

Lesezeit 3 Minuten

Dem Fotografen, hier mit Verteidigerin Denise Gerull, wird sexuelle Gewalt an Kindern angelastet.

Köln – Am Mittwoch ging es heiß her vor dem Landgericht. Das lag nicht allein an den tropischen Temperaturen und der wegen eines Wasserschadens im baufälligen Justizzentrum an der Luxemburger Straße ausgefallenen Klima- und Belüftungsanlage. Auch die Befragung der ehemaligen Chefredakteurin (57) eines Kindermodemagazins, das von einem derzeit wegen mehrfachen schweren Kindesmissbrauchs angeklagten Kinderfotografen (53) herausgegeben wird, gestaltete sich hitzig. Der 53-Jährige soll zwischen 1999 und 2017 oder 2018 sechs Jungs zwischen sieben und 13 Jahren zum Teil schwer sexuell missbraucht zu haben.

Die 57-Jährige hatte 1996 als Stylistin bei dem Kölner Fotografen angefangen. Den Chefredakteursposten hatte sie von 1999 bis 2004 inne. „Wir haben das Magazin eigentlich groß gemacht“, und zu einer weltweit führenden Publikation in Sachen Kindermoden gemacht. Doch 2004 kam es zur Trennung. In der Rückschau, so die Zeugin, auch wegen ihres Verdachts, der Angeklagte könne eine pädophile Neigung haben. „Da gab es diesen Fokus auf Jungs“, sagte die 57-Jährige. Nach Shootings habe der Angeklagte „den von ihm bevorzugten Jungen in den Porsche gepackt“ und sei in den Freizeitpark „Phantasialand“ oder ein Freizeitbad gefahren. „Das war schon ein bisschen auffällig“, sagte die Zeugin.

Nach einem Shooting auf Sardinien, habe sie eine „laszive Aufnahme“ von einem Jungen gesehen, die sie zu der Bemerkung gereizt habe: „Für das Foto müsstest Du eigentlich in den Knast kommen.“ Erst die Antwort des Fotografen, es sei „aus der Situation entstanden“, habe sie stutzig gemacht. „Ich habe mich gefragt: Welche Situation hat der denn kreiert?“

Anwalt spricht von Rachefeldzug

Nachdem es dann 2003 nach einer anonymen Anzeige wegen mutmaßlichem Kindesmissbrauch eine polizeiliche Durchsuchung der Redaktion des 53-Jährigen gegeben habe, habe sie den Angeklagten bei einem Abendessen nebenbei auf eine Kampagne für Pädophilie der Charité aufmerksam gemacht. „Er sagte nur ganz frostig: Nein“, so die Zeugin. Wenig später war die Zusammenarbeit beendet.

Verteidiger Prof. Ulrich Sommer attackierte „die blöde Aussage“ der Zeugin, die er auf einem Rachefeldzug wähnte, weil der Angeklagte sie 2004 rausgeschmissen habe. Sein Mandant habe in einem „professionellen Umbruch“ das Magazin neu ausrichten wollen, was auch gelungen sei. Preise würden das belegen, wohingegen die Zeugin, die sich als geniale Chefredakteurin dargestellt habe, nie mehr Fuß gefasst habe in der Branche. Zudem, so der Verteidiger, sei das Charité-Programm erst 2005, also deutlich nach dem besagten Abendessen, angelaufen. Er verlangte daraufhin die Vereidigung der Zeugin und drohte ihr unverhohlen: „Es könnte sein, dass das heute der schlimmste Tag in ihrem Leben wird.“

Das Gericht lehnte die Vereidigung ab. Der Vorsitzende Richter Peter Sommer gab Verteidiger Sommer mit auf den Weg: „Zum Thema „schlimmster Tag im Leben“: Cicero hat mal gesagt, man sollte den Superlativ vermeiden, denn er reizt zum Widerspruch.“

Der Prozess gegen den Kinderfotografen wird fortgesetzt.