Das Plädoyer von Verteidiger Abdou Gabbar geriet in Köln zu einer Art Generalabrechnung mit Gericht und Staatsanwaltschaft.
Prozess in KölnVerteidigung fordert Freispruch im Fall „verbrannte Frauenleiche“
Im Prozess um die verbrannte Frauenleiche von Ochtendung hat die Verteidigung am Montag Freispruch für den 37 Jahre alten Angeklagten gefordert. Das Plädoyer von Verteidiger Abdou Gabbar geriet dabei zu einer Art Generalabrechnung mit Gericht und Staatsanwaltschaft, die nicht an der Aufklärung des Falles interessiert gewesen seien. „Von Beginn an wurde sich auf meinen Mandanten als Tatverdächtigen Nummer eins eingeschossen“, sagte Gabbar.
Zahlreiche Hinweise seinerseits auf einen Dritten an der Tat beteiligten Mann, seien weder ernst genommen worden, noch wurde ihnen nachgegangen. Der Grund, so Gabbar: „Der Verteidigung sollte kein Raum für eine faire Verteidigung gewährt werden.“ Gericht und Staatsanwaltschaft warf er „Voreingenommenheit“ vor. Im Dezember 2020 war das Opfer laut Anklage von dem Angeklagten durch das geöffnete Beifahrerfenster oder die geöffnete Beifahrertür mit zwei Kopfschüssen aus nächster Nähe getötet worden. Anschließend, so die Anklage weiter, habe der Angeklagte mit Hilfe eines Komplizen die Leiche an den Ortsrand des rheinland-pfälzischen Ochtendung gebracht, dort an einem Wegesrand abgeladen, mit Brennstoff übergossen und angezündet. Wenig später wurden die verkohlten Überreste von Spaziergängern gefunden.
Rundumschlag gegen die Justiz
Gabbar bemängelte besonders, dass ausgerechnet jener Mann, der dem Angeklagten geholfen haben soll, die Leiche zu beseitigen, im Prozess nicht vernommen wurde. „Das ist schon bemerkenswert“, sagte Gabbar. Das Gericht hatte sein Vorgehen damit begründet, dass dem Zeugen ein Aussageverweigerungsrecht zustehe, da er sich wegen Beihilfe strafbar gemacht haben könne. Gabbar rügte weiter, dass weder von der Polizei, noch von der Staatsanwaltschaft jemals gegen den Mann ermittelt worden sei. Das habe sich auch nicht geändert, als sein Mandant im ersten Verfahren im Dezember 2021 diesen Helfer als den Todesschützen belastet habe. Der Angeklagte hatte damals ausgesagt, dass der Mann das Opfer während der Autofahrt vom Rücksitz mit zwei Kopfschüssen getötet habe.
Eine Version, die ein forensischen Sachverständiger als am wahrscheinlichsten bezeichnete. Dennoch sei auch da nicht weitergehend gegen den Helfer ermittelt worden. Interessant in diesem Zusammenhang: Der Anwalt des mutmaßlichen Helfers war beim Plädoyer im Saal zugegen. Als „rechtsstaatlichen Supergau“ bezeichnete Gabbar noch, dass eine für den Fall geloste Schöffin von ihren Pflichten entbunden worden sei, „weil sie einfach keine Lust hatte“, an so einem langen Prozess mitzuwirken. Da auch die eigentliche Ersatzschöffin nicht zur Verfügung gestanden habe, habe sich das Gericht „einfach eine Ersatz-Ersatz-Schöffin von der Straße geholt“.
Das Urteil soll am 27. Juni fallen. Die Staatsanwaltschaft hatte Ende Mai auf Lebenslang plädiert.