Mäuseplage, zu große Klassen, zu wenig Therapie - mehr als 150 Demonstrierende forderten vor dem Schulausschuss in Köln bessere Bedingungen für Inklusion.
Protest vor dem RathausDemonstration für bessere inklusive Bildung an Kölner Schulen
„Obwohl alle Schülerinnen und Schüler ein gesetzlich verbrieftes Recht auf inklusive Bildung haben, sind die Rahmenbedingungen an inklusiven Schulen immer noch deutlich schlechter als an Förderschulen“, machte Ute Berger vom Verein Mittendrin klar. Um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen und bessere Bedingungen für inklusive Bildung zu fordern, demonstrierten mehr als 150 Menschen am Montagnachmittag auf dem Theo-Burauen-Platz. Für die Politikerinnen und Politiker, die an der Sitzung des Schulausschusses teilnahmen, war ein Hindernis-Parcours aufgebaut.
Vier Kölner Schulen demonstrierten mit unterschiedlichen Anliegen
Die Demonstrantinnen und Demonstranten kamen aus vier Kölner Schulen. Die inklusive Grundschule Kunterbunt aus Vogelsang wollte darauf aufmerksam machen, dass die bauliche Situation dort im Argen liegt. „Unser Schulgebäude ist so marode, wir haben Mäuse im Gebäude“, klagte Schulpflegschaftsvorsitzender Calogero La Mendola.
Aus der Friedrich-List-Grundschule aus Porz-Gremberghoven war neben einigen Schülerinnen und Schülern das gesamte Kollegium in die Innenstadt gekommen. Das Problem an der Schule, an der seit 1995 Gemeinsames Lernen praktiziert wird: zu große Klassen. „Die Klassen werden vollgestopft“, klagt ein Lehrer. Statt einer Klassenstärke von 25 Kindern im Gemeinsamen Lernen sei diese auf 28 angewachsen, zuweilen auch noch größer. „Die Folge ist, dass die Lehrkräfte viel weniger auf die einzelnen Kinder eingehen können“, sagt Schulleiterin Silke Clasing. Besonders schwierig sei das vor dem Hintergrund, dass die Schule nun auch Familien-Grundschul-Zentrum geworden sei.
Die Rosenmaarschule kämpft um Sozialarbeiter. Viele Schulkinder waren aus Höhenhaus gekommen, um mit Plakaten auf ihre Wünsche aufmerksam zu machen. Eine große Abordnung von Demonstranten kam von der Gesamtschule Holweide, die sich auch mit einem offenen Brief an die Stadt gewandt hatte.
Stadt möchte Therapeutenplätze ein Jahr nicht nachbesetzen
Das Problem an der Gesamtschule Holweide: Die Stadt möchte zwei Fachkräftestellen in der Ergotherapie und der Motopädie, die im kommenden Jahr vakant werden, nicht direkt neu besetzen, sondern eine einjährige Sperrfrist verhängen. „Dies würde bedeuten, dass alle bisher unterstützten Schülerinnen und Schüler sowie auch die für das neue Schuljahr Angemeldeten mindestens zwölf Monate auf die ergotherapeutische und motopädische Unterstützung seitens der Schule verzichten müssten“, schreibt die Schulgemeinschaft. Derzeit gibt es an der Gesamtschule Holweide 185 Förderschülerinnen und -schüler, für die die Therapien immens wichtig seien. „Es kann nicht ernsthaft die Absicht der Stadt Köln sein, in der Entwicklung der Inklusion und der sozialen Betreuung für bedürftige Schülerinnen und Schüler drei Schritte zurück zu gehen“, heißt es im Offenen Brief.
Protest findet seit rund zwei Jahren statt
Seit fast zwei Jahren protestiert der Verein Mittendrin gemeinsam mit Schülern, Eltern- und Lehrerschaft für eine Verbesserung inklusiver Bildung. Wer sein Kind im inklusiven Lernen unterbringen möchte, muss - so die Demonstrierenden - viele Hürden überwinden. Viel einfacher sei es, ein Kind mit einer Einschränkung auf einer Förderschule unterrichten zu lassen.
Viele Eltern hörten schon vor der Einschulung eine entmutigende Beratung in Kita oder Gesundheitsamt. Weite Schulwege und zum Teil keine Schülerbeförderung stellten eine weiterer Hürde beim Besuch der weiterführenden Schule dar. „Inklusion bedeutet für Eltern einen hohen Zeitaufwand und mündet oft in totaler Überforderung“, sagte Berger und ergänzte: „Wir fragen uns, warum das alles an Förderschulen finanzierbar ist und an inklusiven Schulen nicht.“