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Pilotprojekt in KölnWas das Kölner Abwasser über den Stand der Corona-Pandemie verrät

Lesezeit 4 Minuten

Köln – Köln ist neben 19 anderen deutschlandweiten Standorten ab sofort Teil eines von der EU geförderten Pilotprojekts zur Überwachung des Abwassers. Es soll Daten zum Pandemiegeschehen liefern und im besten Fall als Frühwarnsystem im Kampf gegen das Coronavirus dienen.

Die Grundlage für diese Methode: In Ausscheidungen lässt sich das Coronavirus nachweisen. Über die Konzentration des Virus in den Klärwerken lassen sich dann Rückschlüsse auf die Verbreitung des Virus ziehen.

Die Stadtentwässerungsbetriebe (Steb) haben bereits Erfahrung in diesem Bereich. Schon im Mai 2020 waren sie Teil eines Projekts mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Weil die Finanzierung nicht gesichert war, lief es aber schon wenige Monate später wieder aus. Ein Jahr später starteten die Steb in Kooperation mit dem Gesundheitsamt einen neuen Anlauf – finanziert aus der eigenen Tasche. Seit Oktober 2021 entnahmen die Steb über 60 Proben aus den Klärwerken in Stammheim und Langel und ließen sie vom Technologiezentrum Wasser (TZW) in Karlsruhe analysieren.

Wertvolle Daten für das Pandemiegeschehen der Region

Nun läuft das neue Projekt an. Und das ist noch einmal eine bedeutend größere Hausnummer als die bisherigen Vorhaben. Gleich drei Bundesministerien – Umwelt, Gesundheit und Bildung – übernehmen die Federführung. Dementsprechend stolz ist die Vorständin der Steb, Ulrike Franzke, darüber, dass Köln dabei ist. „Durch die systematische Überwachung werden wir zukünftig wertvolle Daten liefern, die Rückschlüsse auf das Infektionsgeschehen in unserer Stadt zulassen und insgesamt dazu beitragen, die Pandemie wirksam zu bekämpfen“, sagt Franzke. Zwei Proben pro Woche schicken die Steb in Zukunft über den Postweg ins Karlsruher Labor.

Ergebnisse bisheriger Untersuchungen

90 Prozent beträgt laut Stadt aktuell der Anteil der Omikron-Variante am gesamten Infektionsgeschehen. Das geht aus der Analyse der Proben hervor, die die Stadtentwässerungsbetriebe (Steb) von Oktober bis Februar in Kooperation mit dem Gesundheitsamt in den Klärwerken in Stammheim und Langel entnommen haben.

Das Abwasser könne laut Stadt dazu dienen, die Pandemieentwicklung mit einem zeitlichen Vorlauf zwischen vier und zehn Tagen abzuschätzen. Der Grund: Auch wenn Tests noch nicht anschlagen und sich Infizierte noch nicht krank fühlen, scheiden sie Viren aus. Das haben bereits Studien aus mehreren europäischen Ländern belegt.

Weil bisherige Proben ergaben, dass die Daten der Klärwerke in Langel und Stammheim nahezu identisch sind, werden in Zukunft nur noch in Stammheim Proben genommen. Dort landet über 83 Prozent des Kölner Abwassers aus Haushalten und Gewerbe.

Per Hand werden die Abwasser-Proben übrigens nicht entnommen. Im Großklärwerk in Stammheim übernimmt diese Aufgabe ein sogenannter automatischer Probe-Entnehmer (siehe Foto). In einer Mischprobe wird das Abwasser dabei aus 24 Stunden vereint. (sim)

Auch Gesundheitsdezernent Harald Rau erhofft sich durch das „innovative Vorgehen“, bisher nicht vollständig erfasste Veränderungen des Infektionsgeschehens besser abbilden zu können. „Auch die Dunkelziffer mit den bislang nicht erfassten Infektionen wird beleuchtet. Das kann zu einer großen Verbesserung im weiteren Kampf gegen die Pandemie führen“, sagt Rau. Das Potenzial der Abwasser-Überwachung gilt als groß. In wenigen Ländern wird es bisher flächendeckend eingesetzt, viele Länder bauen ihre Strukturen dafür aber aktuell aus. Warum das so ist, lässt sich relativ leicht erklären. Die Vollständigkeit der Daten ist schließlich nicht abhängig von Testkapazitäten, komplexen Meldevorgängen, Softwarefehlern oder der sonst so wichtigen Eigenverantwortung der Menschen. Sondern ganz einfach vom Gang aufs „stille Örtchen“.

Zur Wahrheit gehört trotz aller Euphorie aber auch, dass die Analysemethoden noch ganz am Anfang stehen. „Wir befinden uns immer noch in der Übungsphase“, erklärt Steb-Sprecherin Birgit Konopatzki. Was genau wird mit den Daten angestellt? Wie können Ergebnisse sinnvoll verglichen werden? Was ist, wenn die Proben durch Regen stark verdünnt sind? Klare Antworten gibt es darauf noch nicht.

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Anhaltspunkte dafür, in welche Richtung sich das Infektionsgeschehen entwickelt, können die Daten zwar liefern. Bis aus Abwasser-Proben verlässliche Rückschlüsse auf Inzidenzen gezogen werden können, wird es aber wohl noch eine Weile dauern. Laut Steb läuft das Projekt zunächst für ein Jahr. Dann soll entschieden werden, ob ein flächendeckender Einsatz der Methode sinnvoll ist.