Köln – Die Internationale Akademie für Pathologie ist weltweit die größte Vereinigung des Fachgebietes. Wie ist es gelungen, deren Weltkongress nach Köln zu holen?
Ich war vor sechs Jahren Präsident des deutschen Landesverbandes der Akademie. Damals haben wir uns beworben. Köln hat den Zuschlag bekommen, weil es eine zentrale europäische Location ist, eine interessante Stadt, und letztlich hat uns die Kölnmesse ein attraktives Tagungspaket geschnürt. Es ist übrigens erst der zweite Pathologen-Weltkongress der Internationalen Akademie in Deutschland.
Wie viele Teilnehmer erwarten Sie an den sechs Tagen?
Mehr als 4000 aus aller Welt, überwiegend Pathologen, aber auch Diagnostik- und Pharmafirmen.
Um was geht es medizinisch?
Die Pathologie hat einen richtigen Innovationsschub hingelegt. Ihre Aufgabe ist es ja, Gewebe zu untersuchen, ob zum Beispiel der Knoten in der Brust oder das Magengeschwür bösartig sind. Seit etwa fünf Jahren machen wir bei den Zelluntersuchungen zusätzlich Genom-Analysen. Damit können wir sagen, wo der Tumor empfindlich ist und wie man ihn am besten behandelt.
Ein Beispiel?
Es gibt Formen von Brustkrebs, bei denen die Tumorzellen an ihrer Oberfläche vermehrt einen bestimmten Rezeptor haben. Diese Rezeptoren regen einerseits den Tumor zum Wachstum an, andererseits lassen sie sich aber mit bestimmten Medikamenten gezielt bekämpfen – wichtig für die Therapie. Über eine früher allgemeine Diagnose wie Lungen- oder Brustkrebs können wir heute dank verbesserter Methoden sagen, welcher genetische Subtyp einer Tumorerkrankung vorliegt.
Wann werden überhaupt Gewebeproben an die Pathologie geschickt?
Immer bei Tumorverdacht, aber auch bei Verdacht auf andere Erkrankungen, die an Gewerbe-Veränderungen diagnostiziert werden können. Allein an der Uniklinik Köln wird jährlich Gewebe von etwa 120 000 Patienten untersucht. Bei 12 000, also zehn Prozent, bestätigt sich ein Tumorverdacht, bei den übrigen wird der Verdacht ausgeräumt, oder wir stellen entzündliche und degenerative Erkrankungen fest. Wir machen bei Krebspatienten übrigens auch Blutuntersuchungen, sogenannte Flüssigkeitsbiopsien, um zu sehen, ob eine Therapie anschlägt oder noch wirksam ist.
Haben die Innovationen den Einfluss der Pathologie in der Medizin verändert?
Der Pathologe war früher im Klinikalltag nicht so sichtbar wie etwa der Chirurg oder Internist. Jetzt sind wir viel klinischer, bringen uns in Therapieentscheidungen ein. Der Pathologe ist daher auch bei den Tumorkonferenzen dabei. Wir wollen aus dem Gewebe die bestmögliche Therapie vorhersagen und haben an der Uniklinik eine komplett neue Abteilung aufgebaut, die sich mit der genetischen Untersuchung bei Krebszellen beschäftigt. Die Genom-Analysen sind bei der Mehrzahl der Tumoren heute schon Routine.
Welche Bedeutung hat die deutsche Pathologie international?
Sie ist weltweit in der Top-Liga hinsichtlich Forschung und Innovationen in der Diagnostik.
Wo geht die Entwicklung hin?
Die ganz große Innovation in diesem Jahr sind Analysen, welche Krebs-Patienten speziell auf Immuntherapien ansprechen. Darüber hinaus geht die Entwicklung dahin, dass sich die Pathologen digital vernetzen, Gewebe-Schnittbilder scannen und sich weltweit austauschen können. Ein Tumor kann heute auch dreidimensional dargestellt werden. Und die Bilder selber liefern wichtige Informationen, etwa wie viel Prozent der bösartigen Zellen schnell wachsen.
Gibt es wie in anderen medizinischen Fächern auch schon Personalmangel?
Ja, wir haben europaweit, aber auch weltweit einen extremen Pathologen-Mangel. Es gibt Regionen, da ist der nächste Pathologe 50 Kilometer entfernt. Das alles liegt daran, dass die Ausbildung fast ausschließlich an den Unikliniken stattfindet, die das aus ihren Budgets finanzieren muss. Und an der Ausbildung wird gerne gespart. Das Interesse der Bewerber ist aber da. Die Kombination aus Diagnostik und genetischen Analysen hat eine hohe Attraktivität für junge Ärzte und Wissenschaftler.