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Nachwuchs in KölnKölner Zoo gelingt dritte Naturbrut bei bedrohter Krokodilart

Lesezeit 4 Minuten
Besser geht's nicht: Auf Mamas Rücken kann den winzigen Krokodiljungen nichts passieren.

Besser geht's nicht: Auf Mamas Rücken kann den winzigen Krokodiljungen nichts passieren.

Wussten Sie, dass Krokodile mit Vögeln verwandt sind? Dafür, dass die geheimnisvollen Panzerechsen nicht verschwinden, kämpft das Team des Kölner Zoos.

Auf ihre Mama „Mindo“ können sich die drei winzigen Philippinenkrokodile voll und ganz verlassen. Sie lässt ihren Nachwuchs nicht aus den Augen, schwimmt immer wie zufällig genau zwischen den staunenden Aquariums-Besuchern und den kleinen Panzerechsen. Die schlängeln sich schon wie Mama durch Wasser, eine hat ein Heimchen erwischt, das so gerade in ihr mit Minizähnchen bewehrtes Maul passt. Entschlossen ruckelt die kleine Echse ihren Kopf in den Nacken — und hat's geschafft. Das Heimchen ist geschluckt!

Bis die Zoobesucher das zu sehen bekommen, dauert es. „Erstmal haben die Jungtiere die Lage sondiert, sich versteckt gehalten. Das ist genau das richtige Verhalten, das brauchen sie, wenn sie ausgewildert sind!“, freut sich Aquariums-Kurator Thomas Ziegler. Er stellte gestern gemeinsam mit Revierchefin Anna Rauhaus die dritte im Terrarium gelungene Naturbrut der vom Aussterben bedrohten Art vor. Nur noch 100 Tiere der seltensten Krokodilart der Welt gibt es in freier Wildbahn, sie leben ausschließlich auf den Philippinen. Um ihr Aussterben zu verhindern, kooperiert der Zoo schon seit langem mit Artenschützern dort.

Der Natur Tiere bedrohter Arten zurückgeben. Darum geht es in modernen Zoos.
Thomas Ziegler, Aquariums-Kurator

Als erstem in ganz Europa gelang dem Kölner Zoo 2013 eine Nachzucht bei Philippinenkrokodilen, sie sind Einzelgänger, außerhalb der Paarungszeit attackieren sie sich. 2015 glückte gleich die erste Naturbrut, 2021 die zweite. Alle fünf in Köln als Naturbrut aufgewachsenen Tiere wurden an die Schutzstation auf den Philippinen abgegeben. Sie tragen dort zur genetischen Vielfalt der Art bei und vergrößern die Wild-Population.

Panzerechse Mindo wacht über ihren Nachwuchs.

Panzerechse Mindo wacht über ihren Nachwuchs.

Bei einer Naturbrut läuft – fast – alles so ab wie in der freien Wildbahn. Das Krokodilweibchen baut aus Steinen, Ästen und Pflanzenteilen ein großes Erd-Nest.

Temperatur im Nest bestimmt Geschlecht der Jungen

Temperatur im Nest bestimmt Geschlecht der JungenDort hinein legt es seine Eier – alle an verschiedenen Stellen des Nestes. „In der Mitte, da wo es am wärmsten ist, entwickeln sich in den Eiern Männchen, aus denen am Rand schlüpfen weibliche Krokodile“, erklärt Rauhaus. Um ganz sicher zu gehen, dass auch Weibchen geboren werden, hat das Team einen Teil der Eier in einen Inkubator gelegt, in dem die Temperatur bestimmt werden kann. Unmittelbar nach dem Schlupf wurde das weibliche Jungtier seiner Mutter zugeführt – sie bewacht und umsorgte es ebenso wie seine Brüder.

Rauhaus und Ziegler sieht man die Freude an, wenn sie die winzigen, für den Erhalt der Art so wertvollen kleinen Krokodile beobachten. Eines hat das Köpfchen auf der Wasseroberfläche liegen und lässt seinen Körper im rechten Winkel sehr lässig ins tiefere Wasser hängen, ein anders reckt seinen schwarz-gelb geringelten Echsenschwanz nach oben und versucht, ein Heimchen zu erwischen. Das dritte lugt unter einer Wurzel hervor. Auch diese drei Philippinenkrokodile werden, wenn sie gut eineinhalb Jahre sind, der Schutzstation in ihrem Ursprungsland übergeben. „Aus Zoos, die Tiere aus der Natur entnehmen, sind Zoos geworden, die der Natur Tiere bedrohter Arten zurückgeben“, sagt Ziegler. „Darum geht es doch!“ Die Aufgabe moderner Zoos sei es, bedrohte Arten durch koordinierte Nachzuchten und Kooperationen mit den Herkunftsländern zu stärken, ihren Bedrohungsstatus gemäß der Initiative der Weltnaturschutzunion „Reverse the Red“ schrittweise zu bessern.

Krokodile sind näher mit Vögeln verwandt als mit Eidechsen.
Anna Rauhaus, Revierchefin im Terrarium

Bei der Aufzucht der Jungtiere hat das Aquariums-Team, unterstützt von Biologie-Studierenden, wichtiges Wissen über die Brutpflege der Krokodile gesammelt, das es an andere Zoos weitergibt. So hatte etwa noch niemand beobachtet, ob die Art Brutpflege betreibt. „Das tut sie“, sagt Rauhaus. „Und sogar sehr intensiv. Dabei sieht man, dass Krokodile entwicklungsgeschichtlich näher mit den Vögeln als etwa mit Eidechsen verwandt sind.“ Deshalb bewachen sie etwa ihre Nester. Und deshalb können die klitzekleinen Krokodile in den Eiern durch ein hohes Fiepen ankündigen, dass sie bereit sind, zu schlüpfen. Und wenn Gefahr droht, dürfen die Kleinen auf den Rücken ihrer Mama klettern. Gefüttert werden sie nicht, aber Mindo lässt die Heimchen im Wasser unangetastet, wenn eins ihrer Jungen sie anvisiert hat und darauf zu paddelt.

Knapp zwei Jahre können die vier zusammenbleiben, dann heißt es Abschied nehmen. „Das ist immer sehr emotional“, sagt Ziegler. „Und gut. Weil wir es geschafft haben und sie in ihrem Ursprungsland auswildern können.“