Weil ein Schiffsführer die Brücke am Niehler Hafen schwer beschädigt hat, bleibt sie vorerst gesperrt. Der Fall erinnert an die „Idiotenbrücke“ an der Inneren Kanalstraße, an der regelmäßig Lkw hängen bleiben.
Nach SchiffsunfallBrücke im Hafen Köln-Niehl mindestens zwei Monate gesperrt
Überraschung und Verärgerung herrschen bei den Spaziergängern, Joggern, Hundebesitzern und Radfahrern, die am Donnerstag die Fußgängerbrücke an der Einfahrt zum Niehler Hafen überqueren wollen. „Wegen Unfallschaden gesperrt“ heißt es auf den Schildern, die die Stadt Köln dort tags zuvor eilig hat aufstellen lassen. Und damit wirklich niemand auf die Brücke geht oder fährt, wurden gleich die kompletten Zuwege mit Gittern verschlossen.
„Das gibt es doch nicht“, empört sich Anwohnerin Gabriele (80). Täglich nutzt sie die Brücke, um am Rheinufer spazieren zu gehen, und jetzt das. Kein Durchkommen mehr. Die Brücke bleibt vorerst gesperrt, nachdem sie am Mittwoch vom Kran eines Frachtschiffs gerammt und dabei schwer beschädigt wurde (die Rundschau berichtete). Stahlträger wurden massiv verformt, teils sogar abgerissen, die Schäden sind enorm.
Brücke am Niehler Hafen: Weite Umwege als Folge
Für viele Menschen bedeutet das, dass sie jetzt weite Umwege in Kauf nehmen müssen, wenn sie das Niehler Rheinufer erreichen wollen (siehe Grafik). Wegen seines alten Baumbestands, seiner großen Wiesen und sandigen Buchten ist es als Naherholungsgebiet beliebt. Auch Radfahrer, die am Rheinufer in Richtung Innenstadt fahren wollen, müssen sich Alternativen suchen. Wobei die Route durch den stark von Lkw frequentierten Niehler Hafen als nicht ganz ungefährlich gilt.
„Die Brücke muss so schnell wie möglich saniert werden“, meint Gabriele. Doch das kann dauern. Gestern begutachtete bereits ein Prüfingenieur die Schäden. Bevor er ein Urteil abgeben kann, ob die Brücke überhaupt repariert werden kann oder neu gebaut werden muss, müssen erst Unterlagen zu dem 1986 eröffneten, 98 Meter langen Bauwerk ausgewertet und Analysen erstellt werden.
Doch wie kam es überhaupt zu dem folgenschweren Unfall? Eine Sprecherin der Wasserschutzpolizei Duisburg erklärte auf Anfrage: „Am Mittwoch gegen 12.55 Uhr ist ein Gütermotorschiff mit aufgestelltem Autokran bei der Einfahrt in den Hafen gegen die Brücke geprallt. Der 50-jährige Schiffsführer und die Matrosen gaben an, dass sie sich wohl in der Höhe verschätzt hatten.“ Der Kran sei abgerissen und im Hafenbecken versunken, Personen seien nicht verletzt worden.
Schiffsführer musste 55 Euro Bußgeld zahlen
Hinweise auf Alkohol- oder Drogenkonsum habe es keine gegeben, so die Sprecherin, der Schiffsführer sei fahrtüchtig gewesen. Gegen ihn sei ein Bußgeld in Höhe von 55 Euro verhängt worden nach Rheinschifffahrtspolizeiverordnung, Paragraf 1.06, wonach „Länge, Breite, Höhe, Tiefgang und Geschwindigkeit der Fahrzeuge und Verbände den Gegebenheiten der Wasserstraße und der Anlagen angepasst sein“ müssen.
Nach Rundschau-Informationen soll es sich bei dem Unfallschiff um den 172 Meter langen, in den Niederlanden registrierten Frachter „Rhenus Carisma“ gehandelt haben. Mit Kohle beladen und auf dem Weg nach Karlsruhe, wollte er in Köln kurz Halt machen, um ein Auto abzusetzen. Viele Binnenschiffer führen auf ihren Schiffen ein oder mehrere Pkw mit, mit denen sie bei Bedarf Erledigungen an Land machen. Um die Fahrzeuge ans Ufer zu setzen, verwenden sie einen bordeigenen Ladekran, der während der Fahrt kompakt zusammengeklappt ist.
Das Unglück nahm seinen Lauf, weil die Mannschaft den Kran schon vor der Einfahrt in den Hafen ausgefahren haben soll. Der Unfall ist um so absurder, weil unter der Brücke wegen des Niedrigwassers derzeit besonders viel Platz ist. Beim gestrigen Pegelstand von 1,22 Metern betrug die lichte Höhe 16,18 Meter. Der Fall erinnert an die „Idiotenbrücke“ auf der Inneren Kanalstraße, an der regelmäßig Lkw hängen blieben, weil die Fahrer die Schilder nicht beachtet hatten.
Die Folgen sind gravierend: „Aufgrund des Umfangs der Arbeiten und der komplexen, außergewöhnlichen Fragestellung wird die Erarbeitung und Entscheidung über das weitere Vorgehen mindestens zwei bis drei Monate dauern“, teilte die Stadt mit. Den Schaden werde man selbstverständlich geltend machen.
Die Einfahrt in den Niehler Hafen wurde nach dem Unfall halbseitig für die Schifffahrt gesperrt. Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) brachte eine entsprechende Beschilderung mit einem so genannten „Wahrschau-Floß“ an. Nach Angaben der Hafenbehörde wird der Betrieb des Niehler Hafens durch diese Beschränkung jedoch nicht beeinträchtigt.