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Glukose-Fall in KölnLeiter der Kölner Mordkommission berichtet von verräterischen Tütchen

Lesezeit 2 Minuten
Blick auf die Heilig Geist Apotheke in Köln Longerich

In dieser Apotheke wurde das tödliche Glukose-Gemisch verkauft.

Ein kleines Detail brachte die Mordkommission auf die Spur der Angeklagten, die sich seit Donnerstag vor Gericht verantworten muss.

Die Mitarbeiterin klebte Etiketten quer, während die Chefin sie längs über die Falz von Tütchen anbrachte. Dieses kleine Detail brachte die Mordkommission wohl auf die Spur der Angeklagten (52) im sogenannten Glukose-Fall, bei dem im September 2019 eine 28-Jährige und ihr Kind starben.

Seit Donnerstag steht die 52-Jährige wegen fahrlässiger Tötung und versuchten Mordes vor dem Landgericht. Die Apothekerin, die die Vorwürfe über ihre Verteidiger bestreiten ließ, soll beim Abfüllen von 50 Gramm-Glukose-Portionen diese mit dem Betäubungsmittel Lidocainhydrochlorid verunreinigt haben, die die 28-Jährige dann bei einem Routinetest auf Schwangerschaftsdiabetes bei ihrem Gynäkologen trank. Die Schwangere zeigte Minuten später schwere Vergiftungssymptome und kollabierte schließlich. Stundenlang kämpften Ärzte vergebens um ihr Leben und das ihres Kindes, das noch per Not-Kaiserschnitt zur Welt geholt wurde.

Verdacht zuerst gegen Mitarbeiterin

Anfangs habe es keinerlei Verdacht gegen die Angeklagte gegeben, teilte der Leiter der Mordkommission im Zeugenstand mit. Zunächst, so der 57-Jährige, habe eine Mitarbeiterin der Heilig Geist Apotheke in Longerich unter Verdacht gestanden die Verunreinigung herbeigeführt zu haben. Die Frau hatte Etiketten für Tütchen, in die die Glukose portioniert werden sollten, vorbereitet und ausgedruckt. Zudem habe die Frau neues Lidokainhydrochlorid bestellen wollen, weil es nur noch einen kleinen Restbestand in der Apotheke gegeben habe. Als Erinnerungsstütze habe die Mitarbeiterin dann das fast leere Gefäß mit dem Betäubungsmittel sowie die Etiketten für den nächsten Arbeitstag bereitgelegt.

Am nächsten Tag sei die Glukose aber bereits abgefüllt gewesen, habe die Mitarbeiterin erklärt, so der Kripobeamte weiter. Auch das Gefäß mit dem Rest vom Lidocainhydrochlorid — die Substanz ist rein äußerlich und vom Geruch her nicht von Glukose unterscheidbar — sei nicht mehr da gewesen. Auffällig sei aber gewesen, dass die Etiketten so auf den Tütchen angebracht gewesen seien, dass damit die Tütenfalz versiegelt gewesen sei. Die Mitarbeiterin habe die Etiketten aber immer am Fuß der Tütchen quer aufgeklebt, wie andere Mitarbeiter in der Apotheke bestätigt hätten.

Fingerabdrücke der Angeklagten auf den Tütchen

Außerdem sei mit Tipp-Ex der aufgedruckte Preis entfernt worden. „Die Mitarbeiterin hat uns gesagt: Das mache ich so nicht“, sagte der 57-Jährige. Eine kriminaltechnische Untersuchung der Klebeflächen der Etiketten habe dann ergeben, dass sich dort Fingerabdrücke der Angeklagten befanden, so der Beamte weiter. Die Hypothese der Ermittler sei dann gewesen, dass die Apothekerin die Tütchen gefüllt und dabei das Betäubungsmittel mit der Glukose vermischt habe. Der Prozess wird fortgesetzt.