In Nordrhein-Westfalen haben am frühen Freitagmorgen Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr begonnen. Auch Köln ist vom Streik betroffen.
KVB-Streik am Freitag in KölnBahnen stehen still – das sagen die Kölner
Wieder Streik in Köln, wieder keine KVB in Sicht, inzwischen wird die Ausnahmesituation fast zur Routine: Es sind viele junge Leute, die am frühen Freitagmorgen unterwegs sind. An den Ampeln sind viele Fahrräder und E-Scooter zu sehen. Man hört regelmäßig Hupen, weil die Straßen sehr voll mit Autos sind.
Das sagen die Kölner
Leonie (35) sagt: „Weil keine Bahnen fahren, laufe ich heute und ich finde das auch völlig in Ordnung. Ich brauche zu Fuß eine halbe Stunde zur Arbeit. Wenn man sich darauf einstellen kann, finde ich das gar nicht schlimm. Ich kann den Streik auch nachvollziehen. So habe ich mich vorm Arbeiten schon mal was bewegt. Natürlich ist es nicht ganz so einfach für die Leute, die pendeln müssen.“
Leon (21) sagt: „Ich muss heute zur Arbeit laufen. Eine halbe Stunde zu Fuß bei der Kälte ist nicht schön, aber was soll man machen. Zur Hälfte verstehe ich, warum der Streik wichtig ist und zur anderen Hälfte bin ich natürlich genervt davon.“
Auch FFF rufen zur Demo auf
Am Barbarossaplatz sind wie überall in der Stadt die Gleise verwaist. Die Bewegung Fridays for Future ruft heute zu einer Großdemonstration auf, es wird nicht viel gehen in der Stadt. Am späten Vormittag treffen sich die Umweltschützer auf der Uniwiese und ziehen dann in die Stadt. Am Nachmittag ist eine Kundgebung auf der Deutzer Werft.
Mitarbeitende der KVB starten am Vormittag am Betriebshof Niehl zum Hansaring. Dort haben sie ein Banner mit der Aufschrift „Wir sind es wert“ an einer Schranke aufgehängt. Auf weiteren Bannern verleihen sie ihrer Forderung nach besserer Bezahlung Ausdruck.
Mit enttäuschten Gesichtern stehen einige der Protestierenden am Freitagmittag am Treffpunkt des Demozugs von „Fridays for Future“ vor der Uni-Mensa. Rund 400 Menschen auf Rädern oder zu Fuß hatten sich hier schätzungsweise zusammengefunden, um über die Zülpicher Straße bis zur Deutzer Werft zu ziehen. Für die Verhältnisse der Klimabewegung war das recht wenig, wie Demonstrantin Phaedra (21) aus Köln erklärt: „Im Gegensatz zu anderen Protesten, wie dem vor einem halben Jahr, wo die ganze Uniwiese voll war und man nicht wusste, wo man hintreten soll, ist es heute echt leer.“ Der Streik bei der KVB sei ein möglicher Grund dafür. „Aber wo ein Wille ist, ist eigentlich auch ein Weg“, fügt die Studentin an. „Wahrscheinlich sind viele auch einfach frustriert, weil sich halt eben gar nichts tut. Das geht mir teilweise auch so.“
Ein Gefühl der Ohnmacht scheint sich breit zu machen: „Von Zuversicht kann keine Rede sein“, sagt die Biologin Laura (30). „Dass man das 1,5-Grad-Ziel noch erreichen kann, glaubt keiner mehr so richtig. Ich hatte bei der neuen Regierung etwas Hoffnung, aber die ist jetzt auch weg.“ Sich ganz geschlagen geben will sie sich trotzdem nicht.
Verdi rechnet landesweit mit 15 000 Streikenden
Ein Verdi-Sprecher sagte, man rechne landesweit mit mindestens 15 000 Streikenden. Wie die Verkehrsunternehmen DVG und WSW mobil mitteilten, verkehren am Freitag auch in Duisburg und Wuppertal keine Busse und (Schwebe-)Bahnen.
Schwerpunkte sind nach Angaben der Gewerkschaft das Ruhrgebiet und das Rheinland. Vor allem Bewohner der größeren Städte müssen sich auf erhebliche Einschränkungen gefasst machen. Laut einer Übersicht von Verdi gibt es Warnstreiks unter anderem in Dortmund, Bochum, Essen, Mülheim, Oberhausen, Köln, Bonn, Aachen, Münster, Bielefeld, Hagen und Düsseldorf.
In manchen der betroffenen Städte dürften dennoch einzelne Linien fahren, deren Betrieb an private Unternehmen vergeben wurde. Die Warnstreiks sind Teil einer größeren Aktion im Nahverkehr – Verdi hat auch in mehreren anderen Bundesländern dazu aufgerufen. Die Aktion soll gemeinsam mit den Klimaaktivisten von Fridays for Future stattfinden, die für Freitag zu einem globalen Klimastreik aufrufen.
Forderung: 10,5 Prozent mehr Gehalt
Für Beschäftigte von Verkehrsunternehmen, die in kommunaler Hand liegen, gilt der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes im Nahverkehr. Verdi und der Beamtenbund dbb fordern für Beschäftigte im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat.
Bei der zweiten Verhandlungsrunde hatte es vergangene Woche trotz eines Angebots der Arbeitgeber noch keine Annäherung gegeben. Für Ende März ist die wohl entscheidende dritte Runde angesetzt.