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KHD-Areal in Köln-MülheimKonflikt ums Otto-Langen-Quartier entbrannt

Lesezeit 5 Minuten
Vertreter der 16 Initiativen, die einen Teil des Geländes zwischennutzen möchten, stehen vor der alten KHD-Hauptverwaltung.

Vertreter der 16 Initiativen, die einen Teil des Geländes zwischennutzen möchten, stehen vor der alten KHD-Hauptverwaltung.

Der Disput um das ehemalige KHD-Areal in Köln-Mülheim spitzt sich zu. Zwischen Nutzerinitiativen und der Künstlergruppe „Raum 13“ gibt es unterschiedliche Vorstellungen über die Verwendung des Areals.

Um die Zukunft des ehemaligen Werksgeländes der Klöckner-Humboldt-Deutz AG (KHD) wird seit vielen Jahren gerungen. Jetzt ist ein Streit darüber entbrannt, wer die alte KHD-Hauptverwaltung künftig als Zwischennutzer bespielen darf. Der frühere Eigentümer Gottfried Eggerbauer hatte die Künstlerinitiative „Raum 13“ 2021 mit einer Räumungsklage vor die Tür gesetzt und die Immobilie verkauft. Die Stadt nutzte ihr Vorkaufsrecht und erwarb das Gebäude an der Deutz-Mülheimer Straße 137 bis 155 für 21 Millionen Euro selbst.

Danach passierte erst mal nichts. Der größte Teil des Areals gehört der Landesgesellschaft NRW.Urban, und die will nicht direkt an die Stadt Köln verkaufen, sondern an den Meistbietenden. Da die Grundstücksgrenzen teils mitten durch die Gebäude verlaufen, ist die geplante gemeinwohlorientierte Entwicklung zu einem gemischten Quartier mit bezahlbarem Wohnen, Kultur und sozialen Angeboten ohne Einigung zwischen Stadt und Land nicht machbar.

Sie waren elf Jahre lang bis 2021 auf dem ehemaligen KHD-Areal künstlerisch aktiv: Anja Kolacek und Marc Leßle von „Raum 13“.

Sie waren elf Jahre lang bis 2021 auf dem ehemaligen KHD-Areal künstlerisch aktiv: Anja Kolacek und Marc Leßle von „Raum 13“.

Am Freitag stellte der „Initiativkreis Otto-Langen-Quartier“, ein Ableger des Vereins „Rheinische Industriekultur“, seine Pläne für das 5,9 Hektar große Areal vor. Zum einen wurde ein Konzept für eine am Gemeinwohl orientierte, „behutsame Stadtentwicklung aus dem Bestand und im Prozess“ präsentiert. Zum anderen haben sich unter dem Dach des Initiativkreises 16 soziale und kulturelle Projekte und Initiativen zusammengefunden, die gerne als Zwischennutzer in die alten KHD-Gebäude einziehen würden.

Meiner Ansicht nach hätte die Stadt zuerst ein Interessens- bekundungsverfahren durchführen müssen.
Norbert Fuchs, Bezirksbürgermeister Mülheim

Darunter sind im Stadtbezirk Mülheim verwurzelte Vereine wie die Hafenakademie, die zurzeit eine neue Bleibe sucht. Aber auch stadtweit bekannte Akteure wie die Offene Jazzhaus Schule und der Vringstreff. Gemeinsam bilden sie ein Konsortium. Es möchte als Trägerverein von der Stadt rund 4000 der 10.000 Quadratmeter Nutzfläche in den KHD-Gebäuden für einen symbolischen Mietzins anmieten. Dort sollen unter anderem Proberäume für Musiker, Werkstätten, Ateliers, Veranstaltungsräume, Obdachlosenhilfe und ein Umsonstladen entstehen, auch Sportangebote sind geplant.

Das Problem: Die Stadt verhandelt schon länger mit Raum 13 über die Rückkehr in genau das Gebäude, das die Künstler 2021 verlassen mussten. Teile davon möchte aber der Initiativkreis für sich nutzen. Das wiederum lehnt Raum 13 ab. Eine Einigung in diesem Konflikt ist bisher nicht in Sicht.

Am 22. April legte die Verwaltung dem Liegenschaftsausschuss den Entwurf eines Mietvertrags vor. Demnach soll die KHD-Verwaltung für zehn Jahre an die Gesellschaft „Zukunfts Werk Stadt“ vermietet werden, deren Geschäftsführer Anja Kolacek und Marc Leßle von Raum 13 sind. Der Mietzins soll zunächst einen Euro pro Jahr betragen. Die Stadt will zudem 70.000 Euro in Strom- und Wasseranschlüsse und die Herstellung der Hofzufahrt investieren. Der Ausschuss verschob die Entscheidung auf den 10. Juni.

Kritiker bemängelten, der Mietvertrag räume Raum 13 das Recht zur Untervermietung ein, ohne zu definieren, für welchen Zweck. Wenn die Stadt Gebäude für einen symbolischen Euro vermietet, legt sie normalerweise ganz genau fest, für welchen Zweck diese genutzt werden dürfen. Architekt Bodo Marciniak vom Initiativkreis sagte, bei der künftigen Nutzung des Areals dürfe es nicht nur um Kultur gehen. Dort könnten 600 bis 700 öffentlich geförderte Wohnungen entstehen.

Jörg Frank: Respekt vor Leistung von Raum 13 für das Otto-Langen-Quartier

Zur Frage, warum man sich nicht mit Raum 13 geeinigt habe, sagte Joscha Oetz, Geschäftsführer der Offenen Jazz Haus Schule, „dass wir natürlich immer dialogbereit waren“. Diese Gesprächsbereitschaft habe man kürzlich noch einmal deutlich gemacht. Der frühere Grünen-Ratsherr Jörg Frank als einer der Sprecher des Initiativkreises betonte, man habe Respekt vor dem, was Raum 13 für das Otto-Langen-Quartier geleistet habe. Deshalb wolle man ja auch nur 40 Prozent der Fläche beanspruchen, obwohl man mit all den Initiativen leicht das gesamte Areal bespielen könne. Bei der Frage, wem die Stadt das Gelände vermiete, müssten die Ratsfraktionen „sich jetzt genau überlegen, was sie für eine Botschaft senden wollen“.

Marc Leßle von Raum 13 sagte der Rundschau: „Wir verhandeln seit drei Jahren mit der Stadt über die Rückkehr in dieselben Räume, die wir mit unserem Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste elf Jahre lang, von 2010 bis 2021, mit Kunst und Kultur bespielt haben. Seit 2021 haben wir mit Architekten und Brandschützern Pläne gemacht, wir haben diese Pläne der Stadt, der Politik und der Öffentlichkeit vorgelegt, und wir haben bereits viel Geld in dieses Projekt investiert.“

Bei einem gemeinsamen Termin mit dem Initiativkreis Otto-Langenquartier im August 2023 sei mit dem Kulturraummanagement und dem Liegenschaftsamt vereinbart worden, so Leßle, dass der Initiativkreis den Teil der ehemaligen KHD-Verwaltung von Hausnummer 151 bis 155 nutzen könne. „Das ist ein rund 140 Meter langes, dreistöckiges Gebäude, dass zweifach unterkellert ist. Dort gibt es reichlich Platz für verschiedenste Projekte und Initiativen.“ An diese Vereinbarung solle sich der Initiativkreis halten.

Diese Darstellung wies Jörg Frank vom Initiativkreis zurück. Eine solche Vereinbarung existiere nicht, es sei lediglich eine Idee, die Herr Leßle gegenüber dem Kulturraummanagement geäußert habe. „Ein konkretes Flächenangebot und einen Mietvertragsentwurf hat uns aber die Liegenschaftsverwaltung - trotz diverser Gespräche - bisher nicht unterbreitet“, so Frank. Man habe der Idee von Herrn Leßle auch nicht zugestimmt. „Insofern ist die Aussage, wir sollten uns an eine getroffene Vereinbarung halten, völlig aus der Luft gegriffen.“

Der Mülheimer Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs (SPD) unterstützt die Bewerbung des Initiativkreises als Zwischennutzer im Otto-Langen-Quartier. Er kritisierte den geplanten Zehn-Jahres-Mietvertrag für Raum 13. „Meiner Ansicht nach hätte die Stadt hier zuerst ein Interessensbekundungsverfahren durchführen müssen, damit auch andere die Möglichkeit haben, sich zu bewerben.“ Zehn Jahre Laufzeit seien viel zu lang. „Damit sendet die Stadt das Signal aus, dass es auf dem Gelände in den nächsten zehn Jahren keine städtebauliche Entwicklung geben wird.“

Die Fronten zwischen Raum 13 und dem Initiativkreis sind verhärtet. Das Liegenschaftsamt hatte der Politik am 22. April mitgeteilt: „Die Verwaltung hat versucht, beide Seiten in einem Termin zu einer einvernehmlichen Lösung zu bewegen. Dieser Versuch ist gescheitert.“


Veranstaltung zur Zukunft des Areals

Der „Initiativkreis Otto-Langen-Quartier“ lädt am Samstag, 8. Juni, zu einer öffentlichen Veranstaltung ein, bei der Perspektiven für eine gemeinwohlorientierte Nutzung des Otto-Langen-Quartiers aufgezeigt werden sollen. Sie findet von 15 bis 17.30 Uhr in der Karl-Rahner-Akademie, Jabachstraße 8, 50676 Köln (Nähe Neumarkt) statt. Impulse liefern unter anderem Antje Eickhoff, Projektmanagerin bei der städtischen Entwicklungsgesellschaft Aachen, und Benjamin Marx, ehemaliger Geschäftsführer der Aachener Siedlungs- und Wohnungsgenossenschaft.