GeduldsprobeKünstlerkollektiv „raum 13“ beklagt schleppende Quartier-Entwicklung
Köln – „Das ist ein Riesending und mit Sicherheit etwas, das, wenn es als neuartiges Quartier entwickelt ist, auch weit über Köln hinauswirken wird.“ Achim Resse von der Bundesstiftung Baukultur war offensichtlich beeindruckt von der Industriearchitektur im Otto-und-Langen-Quartier.
Im Rahmen einer Sommerreise durch Deutschland machte eine Delegation der Stiftung mit Sitz in Potsdam am Freitagabend Halt in Mülheim. Eingeladen hatte das Künstlerkollektiv „raum 13“. Es hatte mehr als zehn Jahre das so genannte „Deutzer Zentralwerk der schönen Künste“ in der ehemaligen Hauptverwaltung der Klöckner Humboldt Deutz AG (KHD) betrieben.
Mit einer beachtlichen Unterstützerriege hatte „raum 13“ Anteil daran, dass sich der Rat für den Kauf der KHD-Hauptverwaltung aussprach. 21 Millionen zahlte die Stadt an den Vorbesitzer. Seit Januar ist sie offizielle Eigentümerin der Hauptverwaltung. Der hintere Teil des rund sechs Hektar großen Geländes gehört noch dem Land NRW.
Quartier soll Arbeiten, Wohnen und Kultur vereinen
Politisch geplant und gewünscht ist, dass die Stadt das gesamte Gelände kauft und dort ein neuartiges Quartier entsteht, in dem Arbeiten, Wohnen und Kultur verknüpft sind. Statt eines auf maximalen Profit ausgerichtetem Konzepts, soll das Gemeinwohl im Mittelpunk der Entwicklung stehen. Der historische Gebäudebestand soll in die neue Nutzung integriert werden. Für diese neuartige Art der Stadtentwicklung setzt sich auch das Künstlerkollektiv mit den Hauptakteuren Anja Kolacek und Marc Leßle ein. Und: Sie sind frustriert.
Gebäude mit Geschichte
1876 schuf Nicolaus August Otto den ersten entwicklungsfähigen Viertaktmotor der Welt . Zusammen mit Eugen Langen hatte er die „Gasmotoren-Fabrik Deutz AG“ auf dem Gelände an der Deutz-Mülheimer-Straße gegründet. Die Fabrikanlage wuchs kontinuierlich über die Jahrzehnte.
Beim Otto-und Langen-Areal handelt es sich um die ehemalige Hauptverwaltung sowie Fabrikhallen von Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD) an der Deutz-Mülheimer -Straße.
Von 2011 bis zum Frühjahr 2021 nutzen Marc Leßle und Anja Kolacek die frühere KHD-Hauptverwaltung mit der Kunstinitiative „raum 13“. Das Duo beschäftigte sich dort mit der Geschichte des Areals. Dann kündigte der ehemalige Vermieter.
Mehr als 70 000 Menschen führte das Duo durch die Räume. In mehreren „Zukunftswerkstätten“ wurde über Stadtentwicklung diskutiert. (dha)
„Uns geht es viel zu langsam. Wir wollen, dass es weitergeht. Und wir wollen vor allem wieder rein in die Hauptverwaltung“, sagte Kolacek bei einer Diskussion zum aktuellen Stand der Verhandlungen mit der Stadt. Doch noch ist es ihnen verwehrt, die Hauptverwaltung zu betreten. Das gesamte Areal ist durch deinen hohen Zaun abgesperrt.
Sicherheitsbedenken des Liegenschaftsamts seien einer der Gründe, so Leßle. Er sieht die Verwaltung überlastet und kritisierte: Es werde nicht an einer konstruktiven Lösung gearbeitet. „Wir eiern zwischen Liegenschaften, Bauaufsicht und Kulturamt rum“, sagte Kolacek.
Dabei gehe es nicht nur darum, dass Raum 13 als „Ankerpunkt“ zusammen mit anderen Akteuren wie Baugruppen und Initiativen Konzepte für eine Nutzung entwickle, es gehe auch darum, dass das Gebäude nicht verkomme. „Es muss gelüftet werden. Das Objekt braucht Liebe und Pflege“,so Kolacek.
Architekt Paul Böhm unterstützt „raum 13“
Rückhalt für die Forderung von „raum 13“, die Entwicklung des Quartiers mit voran zu treiben, signalisierte die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Ratsfraktion, Maria Helmis. Das Künstlerkollektiv sei sehr wichtig. „Kultur ist ein Motor für Stadtentwicklung“ , sagte Helmis.
Auch prominente Unterstützung für die Rückkehr von „raum 13“ in die Hauptverwaltung gab es. „Die sollen endlich da rein kommen“, unterstrich Architekt Paul Böhm, der seit einer Weile mit seinem Konzept „Neue Mitte“ für eine deutliche Aufwertung des Rechtsrheinischen wirbt. „Ich wünsche mir, dass das Gesamtgrundstück der Stadt zufällt. Das Otto-und-Langen-Quartier zahlt sehr auf die ,Neue Mitte’ ein“, machte Böhm zudem klar.
Dass ein direkter Verkauf durch das Land an die Stadt durch den neuen NRW-Koalitionsvertrag von CDU und Grünen wahrscheinlicher geworden ist, wollte Lorenz Deutsch, kulturpolitischer Sprecher der FDP-Ratsfraktion, nicht bestätigen. Er unterstrich aber, wie groß der Anteil von „raum 13“ daran sei, dass im Otto-Langen-Quartier so außergewöhnliche Stadtentwicklung überhaupt denkbar geworden sei. „Ich glaube, ohne die wäre das hier schon weg“, sagte er gegenüber der Rundschau. Er gab allerdings auch zu bedenken, dass es den Konsens, dass „raum 13“ die Entwicklung des Quartiers vorantreibe, so nicht gebe.
Hemmnisse in den verschiedenen Ämtern der Stadtverwaltung wollte bei der Diskussion auch Ratsfrau Deria Karadag (Grüne) nicht ausschließen. „Wir haben hier einen Umsetzungsstopp und das ist die Tragik“, sagte sie und fügte hinzu: „Ich habe für das Projekt meine Hand gehoben und möchte nicht, dass das brachliegt.“
Benjamin Thelen vom Kulturamt war als einziger Verwaltungsangehöriger vor Ort. Sollte die neue Stabstelle „Kulturraummanagement“ eingerichtet sein, werde er „versuchen, das noch mal anzustoßen“ und Brücken zwischen den verschiedenen Dienststellen zu bauen, sagte Thelen.