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Mithäftling als „Zinker“ tituliertMitgefangener von Drach sagt im Kölner Prozess aus

Lesezeit 3 Minuten
Vielflieger: Seit mehr als einem Jahr wird Thomas Drach zu nahezu jedem Prozesstermin mit dem Helikopter ins Justizzentrum gebracht. Ein SEK ist immer dabei.

Vielflieger: Seit mehr als einem Jahr wird Thomas Drach zu nahezu jedem Prozesstermin mit dem Helikopter ins Justizzentrum gebracht. Ein SEK ist immer dabei.

Gegen einen Mithäftling, der gegen Drach aussagte, urteilte der Zeuge scharf. Thomas Drach hingegen bezeichnete der 50-Jährige als „Ehrenmann“.

In Hand- und Fußfesseln wird der Zeuge (50) in den Saal geführt. Er trägt eine schwarze Jogginghose und schwarzes T-Shirt, seine gold-blond gefärbten Haare hat er zu einem Zopf gebunden. Auf der Nase sitzt eine dunkle, goldumrandete Brille: „Designerbrille mit Gleitsicht, damit ich lesen kann“, sagt der Mann gut gelaunt. Viel Gelegenheit das schicke Teil der Öffentlichkeit zu präsentieren hat er nicht. Die letzten dreizehneinhalb Jahre — „zwölf davon in Einzelhaft“, wie er sagt — hat er hinter Gittern verbracht. Laut eigenen Angaben wegen drei versuchter Tötungsdelikte. Während seiner Zeit in der JVA Köln war der 50-Jährige unter anderem Mitgefangener vom früheren Reemtsma-Entführer Thomas Drach (62), in dessen Prozess vor dem Landgericht er am Mittwoch, dem 75. Verhandlungstag, als Zeuge aussagte.

Der hat gesagt: Solange ich hier keinem anderen an die Karre pisse, kann euch das egal sein.
Zeuge im Drach-Verfahren

In seiner Aussage griff der 50-Jährige die Zeugenaussage eines anderen ehemaligen Mithäftlings (39) an, der im Juni 2022 ausgesagt hatte, Drach habe ihm gegenüber in der Haft eingeräumt, drei der vier ihm zur Last gelegten Überfälle begangen zu haben. „Der hat gelogen, dass sich die Balken biegen“, sagte der muskulöse 50-Jährige, der auch im Saal gefesselt blieb. Immer wieder beschimpfte er den 39-Jährigen als „Ratte“ und „Zinker“ — ein im Knast-Jargon gebräuchlicher Ausdruck für Spitzel und Verräter. Er selbst sei hingegen „ein ehrenhafter Mann, ich sag’ die Wahrheit, das schwöre ich sogar auf die Bibel“. Er habe gleich gespürt, dass mit dem 39-Jährigen etwas nicht stimmte, als dieser Ende 2021 aus der JVA Duisburg-Hamborn ins Hafthaus 4, dem Hochsicherheitstrakt der JVA in Ossendorf, verlegt worden sei. Die Haftanstalt in Duisburg, wo der 50-Jährig auch schon eingesessen hatte und die er scherzhaft „mein Zuhause“ nannte, sei „ein Kindergarten“ im Vergleich zum Kölner Hochsicherheitstrakt.

Mit seinem Verdacht, dass er ein „Zinker“ sei, habe er den 39-Jährigen auch konfrontiert, bekundete der 50-Jährige. Der 39-Jährige habe auch eingeräumt, dass er Drach falsch belaste. „Der hat gesagt: Solange ich hier keinem anderen an die Karre pisse, kann euch das doch egal sein“, gab der 50-Jährige die Unterredung wider. Wie schon Drach im Juni vergangenen Jahres, bezeichnete auch der 50-Jährige den 39-Jährigen immer wieder als Junkie. Dieser hatte ausgesagt, seit seiner Inhaftierung 2021 keine Drogen mehr genommen zu haben.

„Drach ist ein Ehrenmann“

Der 50-Jährige sagte nun aber, dass er dem Mithäftling regelmäßig Buprenorphin verkauft habe. Buprenorphin wird, wie das bekanntere Methadon, bei der Heroin-Substitution eingesetzt. Der 50-Jährige habe das Schmerzmittel einnehmen sollen, weil er dann „ruhiger, weniger aggressiv“ sei. Von den Pillen habe er aber immer welche gebunkert und an Mithäftlinge verkauft. Der 39-Jährige sei Stammkunde gewesen, habe oft an seinem Zellenfenster gestanden und nach dem Stoff gebettelt. Er habe sich als Kronzeuge gegen Drach ein mildes Urteil in seinem Prozess erkaufen wollen. Drach hingegen bezeichnete der 50-Jährige als „Ehrenmann“. Drach sei „niemals so doof“, im Knast über ein „offenes Verfahren“ zu reden.