Mehr als 330 Millionen EuroWird der Deutzer Hafen ein Verlustgeschäft?
Köln – Schicke Gebäude direkt am Wasser, Blick auf den Dom, viel öffentliches Grün, alte Hafenkräne und sogar ein Schwimmbad im Rhein: Im Deutzer Hafen soll ein einzigartiges neues Stadtquartier in bester Lage entstehen. Doch bevor die Vision Realität werden kann, sind gewaltige Investitionen erforderlich. Der Rundschau liegt ein interner Bericht der Stadtwerke Köln (SWK) vor, wonach die Umwandlung des ehemaligen Industrieareals in Bauland für Wohnen und Gewerbe für die Stadt zum Minusgeschäft werden könnte.
Es ergebe sich „zum Ende des Jahres 2035 ein Verlust in Höhe von rund 58,1 Millionen Euro“, heißt es in dem Dokument. Und weiter: „Ein etwaiges Defizit nach Abschluss und Schlussrechnung der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme wäre aus dem Haushalt der Stadt Köln auszugleichen.“
So teilen sich die Kosten auf
Die Prognose listet verschiedene Aspekte auf. Demnach soll die Schaffung von Baurecht inklusive Gutachten 4,1 Millionen Euro kosten. Für Abrissarbeiten, Flächenentsiegelung, Altlastenbeseitigung, Bodensanierung und Kampfmittelräumung sind 70,6 Millionen Euro geplant, diese Arbeiten sollen bis 2025 abgeschlossen werden. Im Deutzer Hafen befand sich früher ein Tanklager, möglicherweise werden weitere Altlasten entdeckt.
Die Erschließung des Areals umfasst den Bau von Straßen, Abwasserkanälen, Plätzen, Promenaden, Parks und zwei Brücken über das Hafenbecken, hierfür sind bis ins Jahr 2026 rund 130,1 Millionen Euro vorgesehen. Weitere 20,1 Millionen sollen einige Bauten kosten, darunter Kitas, eine Grundschule, ein Quartierszentrum und eine Jugendhilfeeinrichtung.
Zeitplan
2021 begannen im Dezember die Abbrucharbeiten im Deutzer Hafen. Teile der Mühlen und kleinere Hallen werden abgerissen. Der Rückbau soll bis Ende dieses Jahres dauern. Bis dahin soll der letzte große Industriebetrieb, der Schrotthandel Theo Steil, das Gelände verlassen und in den Godorfer Hafen ziehen.
2023 starten die eigentlichen Bauarbeiten in Deutz. Die Entwicklung zu einem Wohn- und Büroquartier mit rund 3000 Wohnungen und 6000 Arbeitsplätzen wird etwa bis 2035 dauern. (fu)
Insgesamt sollen laut der SWK-Kalkulation rund 333,8 Millionen Euro in die Entwicklung des Deutzer Hafens investiert werden. Das entspreche einer Kostenbelastung von 2326 Euro pro Quadratmeter Bauland, heißt es in dem Dokument. Zum Vergleich: An der benachbarten Siegburger Straße und dahinter beträgt der Bodenrichtwert der Grundstücke laut der amtlichen Auskunft „Boris NRW“ derzeit 1620 bis 1740 Euro pro Quadratmeter. Die Erschließung des Hafens ist also deutlich teurer als nebenan die Grundstückspreise.
2326 Euro Erschließungskosten pro Quadratmeter Bauland sind ein sehr hoher Wert. Laut Experten kann er aber durchaus gerechtfertigt sein durch den Umfang der erforderlichen Maßnahmen, zu denen auch Hochwasserschutz gehört, sowie der zusätzlichen Investitionen, die den Wert des Areals steigern, wie zum Beispiel die neuen Brücken. Bezogen auf die Bruttogeschossfläche – also die Gesamtzahl der zu bauenden Wohn- und Büroflächen – schlagen die Entwicklungskosten laut Kalkulation mit 594 Euro pro Quadratmeter Bruttogeschossfläche zu Buche. Viel Geld, das bei Verkauf und Vermietung wieder hereingeholt werden muss.
Grundstücksverkäufe sollen Erlöse bringen
80 Prozent der Grundstücke im Hafen gehören dem Projektentwickler „Moderne Stadt“, eine Tochter der Stadtwerke und damit im Besitz der Stadt Köln). Der Rest ist in Privatbesitz. Nach der Entwicklung sollen Grundstücke verkauft und so Erlöse generiert werden, das Papier beziffert diese auf rund 62,6 Millionen Euro. Als Ergebnis hält der SWK-Bericht dennoch fest, dass für die Gesamtentwicklung inklusive Finanzierungskosten ein Defizit von 58,1 Millionen Euro zu erwarten sei.
Hinzu kommt: Der SWK-Bericht wurde zum Stichtag 31. Dezember 2021 erstellt. Sämtliche Effekte des Kriegs in der Ukraine wie steigende Energie- und Materialkosten oder höhere Zinsen sind noch nicht berücksichtigt.
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SWK-Chef Dieter Steinkamp erklärte auf Nachfrage, die Höhe der Erschließungskosten „hängt davon ab, was man hinterher damit erreicht. Hier geht es um qualitativ hochwertigen Raum.“ Unter anderem werde eine komplette ökologische Energie- und Kälteversorgung eingebaut, das spare später Investitionen in den Gebäuden und sei bei der Vermarktung ein Plus. Die Sorge, am Ende würden im Hafen nur Luxuswohnungen gebaut, sei absolut unberechtigt. Das betonte auch „Moderne Stadt“-Chef Andreas Röhrig. Es gebe die klare Vorgabe 30 Prozent gefördertes und 20 Prozent preisgedämpftes Wohnen. Die Debatte um die Erschließungskosten sei unvollständig und berücksichtige nicht, welche Erträge an die Stadt zurückfließen werden.