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„Not a Token Woman“Weidenerin initiiert Kampagne an RWTH Aachen für Frauen in der Wissenschaft

Lesezeit 4 Minuten
„Not a Token Woman“ Kampagne von Sabine Brück-Dürkopp und der RWTH Aachen

„Not a Token Woman“ Kampagne von Sabine Brück-Dürkopp und der RWTH Aachen

Frauen sind in der Wissenschaft, gerade oben auf der Karriereleiter, unterrepräsentiert. Das sollte sich ändern, findet Sabine Brück-Dürkop.

„Wenn ich darüber nachdenke, was ich vielleicht nicht getan habe oder wo ich mir in meiner beruflichen Laufbahn weniger zugetraut habe, dann erkenne ich, dass diese Hürden und Zweifel meist damit zu tun hatten, dass ich mich als Frau in einem von Männern dominierten Feld behaupten musste“, sagt Sabine Brück-Dürkop aus Köln-Weiden. Sie hat mit ihrem Mann ein Architekturbüro in Mülheim an der Mülheimer Freiheit und ist seit 2008 Professorin für Bauplanung an der RWTH Aachen.

Professorinnenanteil an deutschen Hochschule bundesweit nur rund 30 Prozent

Damit gehört Brück-Dürkop noch immer einer Minderheit an. Über alle Fächergruppen verteilt liegt der Professorinnenanteil laut Statistischen Bundesamt deutschlandweit bei circa einem Drittel. Auch an der Universität zu Köln sind bloß 30 Prozent der Professorinnen und Professoren weiblich. An der RWTH sind es sogar nur 23 Prozent.

Frauen sind in der Wissenschaft, gerade oben auf der Karriereleiter, unterpräsentiert. Das sollte sich ändern, findet Sabine Brück-Dürkop.

Frauen sind in der Wissenschaft, gerade oben auf der Karriereleiter, unterpräsentiert. Das sollte sich ändern, findet Sabine Brück-Dürkop.

Eine Zahl, die der Kölnerin zu Bedenken gibt: „Im Grundgesetz wurde 1949 zum ersten Mal die Gleichberechtigung von Frauen gefordert. Dann gab es die Achtundsechziger Revolution. Jetzt schreiben wir das Jahr 2024 und wir haben 23 Prozent an Professorinnen: für eine technische Hochschule nicht komplett schlecht. Wir müssen aber noch besser werden. Bis 2030 wollen wir deshalb mindestens 30 Prozent Frauen im Professorium“.

Seit 2021 ist Brück-Dürkop auch Prorektorin für Personal an der RWTH und beschäftigt sich unter anderem damit, diese Unterrepräsentation von Frauen in der Wissenschaft zu bekämpfen. Das sei nur ein kleiner Aspekt von vielen Querschnittsaufgaben. Dazu kommen noch andere Aufgabenbereiche wie Diversität und Inklusion. Zwar würde die RWTH viel tun, um Ungleichgewichte auszubessern, doch diese Fortschritte seien mühsam und kleinschrittig.

Unterrepräsentation von Frauen in der Wissenschaft ist ein gesellschaftliches Problem

Bei den Studierenden hätte die RWTH mittlerweile über 30 Prozent Frauen. Je weiter es die wissenschaftliche Karriereleiter nach oben geht, desto kleiner werde der Frauenanteil – vor allem im MINT-Bereich. „In meiner Karriere wollte ich mir bei der Übernahme von Führungsaufgaben sicher sein, diese gut ausfüllen zu können“, sagt Brück-Dürkop, „Ich denke, dass es den meisten Menschen so geht, dass aber insbesondere Frauen sich da zu wenig zutrauen und zu selbstkritisch sind“. Das sei, so denkt sie, gesellschaftlich geprägt.

„Der Mangel an Frauen in der Wissenschaft, insbesondere in Führungspositionen und in den MINT-Fächern, ist nicht nur ein Phänomen der RWTH. Das Problem fängt schon viel früher an: Es werden zu wenig Mädchen für ein Studium der MINT-Fächer und später zu wenig junge Frauen für eine wissenschaftliche Karriere gewonnen. Insofern ist das Problem auch ein gesellschaftliches.“

Es seien gewisse Vorbehalte und Vorteile gegenüber Frauen in der Wissenschaft gesellschaftlich geprägt. Diese Vorurteile zu durchbrechen, sei nicht einfach. Doch um einen weiteren Versuch zu starten, hat die Kölnerin die Kampagne „Not a Token Woman“ initiiert und mit Kolleginnen und Kollegen der RWTH ins Leben gerufen.

Plakate in Köln: Kampagne „Not A Token Woman“ soll mit Vorurteilen aufräumen

Die Grundidee ist, Professorinnen der RWTH zu portraitieren und damit Geschlechtergerechtigkeit zu fordern, den kulturellen Wandel zu forcieren und eine gerechtere sowie vielfältigere Forschung deutschlandweit zu fördern. Als Ausgang für die Portraits dienen tief verwurzelte Vorurteile wie beispielsweise „Sie sollte zu Hause bleiben“ oder „Sie hört nicht auf zu reden“. Diese werden bewusst weitergeführt beziehungsweise widerlegt: „Sie sollte zu Hause bleiben – um ihre Karriereambitionen und ihr Familienleben zu kombinieren“ und „Sie hört nicht auf zu reden – über ihr Themenfeld, in dem sie führende Expertin ist“.

Die Portraits der Wissenschaftlerinnen werden online verbreitet und auf großformatigen Plakaten zu sehen sein – so auch in Köln. „Wir brauchen einen Kulturwandel“, erklärt Brück-Dürkop, „an der Universität und in der Gesellschaft“. Die Kampagne solle deshalb einerseits Selbstkritik und Kritik am System Wissenschaft üben. Andererseits soll sie Frauen ermutigen, eine wissenschaftliche Karriere anzustreben. Die portraitierten Professorinnen können dafür als Vorbilder dienen.

Frauen, die darüber nachdenken, in der Wissenschaft zu arbeiten, legt Brück-Dürkop ans Herz: „Den eigenen Träumen folgen und nicht unterkriegen lassen! Ich persönlich schätze an der Uni, dass ich mit jungen Menschen zu tun habe, dass ich das erforschen und auch lehren kann, wofür ich selbst brenne und was der Gesellschaft dient. Ich glaube, dass gerade Frauen einen wichtigen Beitrag zu guter Forschung und Lehre leisten können.“