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Luxemburger StraßeStadt Köln droht Klagewelle zu Tempo 30

Lesezeit 4 Minuten
Autos fahren auf der Luxemburger Straße in Köln.

Stark befahren ist die Luxemburger Straße (Bundesstraße 265) in Sülz und Klettenberg. Anwohner fordern Tempo 30.

Die Luxemburger Straße könnte bald zur Tempo-30-Zone werden – aus Lärmschutzgründen. Auf die Stadt rollt eine Klagewelle von Anwohnern zu.

Draußen vor dem Weißhauskino rauscht ein Auto nach dem anderen vorbei. Drinnen im Foyer ist der Verkehrslärm der Luxemburger Straße laut und deutlich zu hören. Einige Anwohner haben sich hier versammelt, die den Krach satt haben. Sie wollen, dass die Stadt die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 Stundenkilometer absenkt. Sie haben es mit Anträgen versucht. Ohne Erfolg. Jetzt wollen sie klagen.

„Wir sind sehr enttäuscht darüber, dass die Stadt Köln nichts unternimmt, um die Anwohner vor dem Verkehrslärm zu schützen“, sagt Dominik Kerl von der Interessengemeinschaft (IG) „Lebenswerte Lux“. Mehr als 60 Anwohner hätten seit Sommer 2022 bei der Stadt einen Antrag auf verkehrslärmreduzierende Maßnahmen gestellt. Um sie vor der Gesundheitsgefahr Lärm zu schützen, empfehle sich Tempo 30 als „schnelle und kostengünstige Maßnahme“. Betroffen sei ein zwei Kilometer langer Abschnitt der Luxemburger von der Weißhausstraße bis zur Scherfginstraße – ein bundesweit wohl einmaliger Vorgang.

Doch außer Eingangsbestätigungen habe man von der Stadt bisher nichts erhalten, berichtet Kerl. Deshalb nahm die IG Kontakt zu dem auf Umweltrecht spezialisierten Anwalt Wolfram Sedlak auf. Er hat schon auf vielen Straßenabschnitten in deutschen Städten per Lärmschutzklage Tempo 30 durchgesetzt – in Köln etwa auf der Mommsenstraße, dem Melatengürtel und am Clevischen Ring.

Wir sitzen in Lärm und Dreck aus Abgasen. Und ich weiß, dass es hunderten genauso geht.
Anwohner David Trautmann

Weil die Stadt nichts unternommen habe, würden nun die ersten vier Anwohner vor dem Verwaltungsgericht klagen, kündigte Kerl an. Fünf weitere folgen in Kürze.

Einer der Kläger ist David Trautmann (33). Er wohnt mit seiner Frau in einer Dreizimmerwohnung an der Luxemburger. Schlafzimmer und Büro gehen zur Straße raus. „Wir sitzen in Lärm und Dreck aus Abgasen. Und ich weiß, dass es hunderten genauso geht“, sagt Trautmann. Er wolle sich engagieren, „damit sich etwas ändert“. Städte wie Paris und Amsterdam hätten flächendeckend Tempo 30 eingeführt, doch in Köln halte die Stadt offenbar „an Glaubenssätzen fest, die überholt sind“.

„Wir wollen eine Stadtverwaltung, die die Gesundheit der Bürger schützt und nicht auf Zeit spielt“, betont Kerl. Er ruft die Stadt dazu auf, jetzt von sich aus Tempo 30 auf der Luxemburger Straße einzuführen, anstatt abzuwarten, bis Bürger klagen, und dann die Geschwindigkeit nur abschnittsweise vor deren Haustüren zu reduzieren. „Der Verkehr hat zugenommen“, sagt Anwohnerin Regina (59).

Tempo 30 erhöht auch die Verkehrssicherheit

Dass der Verkehrslärm hier die gültigen Grenzwerte überschreitet und somit die Gesundheit gefährdet, steht für Anwalt Wolfram Sedlak außer Frage. Die Luxemburger Straße habe im städtischen Lärmaktionsplan die höchste Handlungsstufe. Doch die Stadt verweigere eine Berechnung der Lärmbelastung der Anwohner. „Eigentlich ist es ein Skandal. Fahrlässige Körperverletzung, könnte man sagen.“ Sedlak betont: Tempo 30 reduziere nicht nur die Lautstärke um die Hälfte, sondern erhöhe auch die Verkehrssicherheit, der Bremsweg halbiere sich. Mehr Staus seien nicht zwangsläufig zu erwarten. Die Ampelschaltung müsse angepasst werden, dann fließe der Verkehr bei Tempo 30 sogar flüssiger und produziere weniger Schadstoffe. An der Luxemburger Straße, wo alle Ampeln bereits erneuert sind, sei das problemlos machbar. Davon profitiere auch der Radverkehr. Die IG setzt sich auch für eine bessere Fahrradinfrastruktur ein.

Die Stadt Köln erklärte auf Anfrage, sie erhalte „eine Vielzahl von Anträgen für Geschwindigkeitsreduzierungen aus Lärmschutzgründen“. Dazu müsse „im Einzelfall durch ein Lärmschutzgutachten geprüft werden, ob dies in solchen Straßenabschnitten auch wirklich der Fall ist“. Es sei also eine „aufwendige Einzelfallprüfung“ erforderlich, das könne aufgrund von Personalmangel „einen längeren Zeitraum“ benötigen. Im Grundsatz wünsche sich die Stadt „mehr Möglichkeiten, dass Kommunen bedarfsgerecht Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts da anordnen können, wo sie es für notwendig halten“.

Anwalt: Personalmangel ist ein vorgeschobenes Argument

Köln sei „als eine der ersten Kommunen der Städteinitiative ‚Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten – eine neue kommunale Initiative für stadtverträglicheren Verkehr‘ beigetreten. Die Initiative bekennt sich zur Mobilitätswende und fordert den Bund auf, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Kommunen selbst angemessene Geschwindigkeiten festlegen können.“

Rechtsanwalt Wolfram Sedlak erklärte, es brauche keine Gesetzesinitiative, um Tempo 30 auf der Luxemburger Straße und anderswo anzuordnen. „Das Verwaltungsgericht Köln hat das in seinen Urteilen vom April 2022 bereits sehr deutlich dokumentiert. Wenn man jetzt das Gegenteil behauptet, ist das einfach falsch. Aufgrund der Urteile sind ja auch bereits eine ganze Reihe von Straßenabschnitten auf Tempo 30 gesetzt worden.“ Sedlak betonte: „Die Lärmgutachten werden nicht von der Stadt Köln, sondern von externen Büros erstellt. Auch der Personalmangel ist damit ein vorgeschobenes Argument und wird vom Verwaltungsgericht Köln auch nicht als Entschuldigung akzeptiert.“