Protest in Köln-WeidenKindern fehlt Platz zum Spielen – Vorwürfe gegen die Stadt
- Eine neu gegründete Bürgerinitiative setzt sich für mehr Spiel- und Bildungsräume in Weiden ein.
- Die Bürger werfen der Stadt vor, ihre Zielvorgaben für Spielplätze nicht zu erfüllen.
- Kritisiert wird zudem, dass eine beliebte Freizeitfläche des Veedels mehr und mehr dem Georg-Büchner-Gymnasium einverleibt wird.
Weiden – Die Kölner Stadtverwaltung hat Humor. Das findet jedenfalls die neu gegründete Bürgerinitiative für freie Bildungs- und Spielräume in Weiden. Neulich, erzählt ihr Mitglied Roland Held, hätten Mitarbeiter aufgrund der coronabedingten Abstandsregeln das Schild mit der Aufschrift „Spielen verboten“ am Spielplatz an der Ostland-, Ecke Schulstraße angebracht. „Da haben wir wirklich gelacht“, sagen Held und sein Mitstreiter Harald Schein.
Es ist ein spöttisches Lachen, Kritik schwingt mit, am Zustand des Ortes und den Möglichkeiten, die er bietet: Seit fast zehn Jahren steht auf dem Platz kein Gerät mehr, das Spielen ermöglicht. Aus Sicht der Bürger ist es eine typische Situation für ihr Viertel: Sie kritisieren, dass es kaum Räume gibt, in denen Kinder und Jugendliche ihre Freizeit verbringen können. Dabei hat die Stadt sich ein hohes Ziel gesteckt: Laut ihrer Spielplatzbedarfsplanung von 2018 für den Bezirk Lindenthal soll es künftig zwei Quadratmeter Nettospielfläche pro Einwohner geben. In Weiden mit einer Einwohnerzahl von 17500 müssten es demnach 35 000 Quadratmeter sein. Nach einer Grafik in der Planung liegt das Viertel bei ungefähr 30 Prozent des angestrebten Werts.
Viel zu wenig Gesamtspielfläche in Weiden
Nach einer Auskunft der Stadt soll dort laut Katasteramt derzeit sogar eine Gesamtspielfläche von 22 000 Quadratmetern zur Verfügung stehen. Held bestreitet dies: „Es gibt in Weiden zehn Spielplätze“, sagt er. „Wir haben sie eigenhändig ausgemessen und sind auf nicht einmal 10 000 Quadratmeter gekommen.“ Dabei handele es sich um Brutto-Spielplatzgrößen. Die Verwaltung lege ihren Zielvorgaben aber die Netto-Spielfläche zugrunde, also die, auf der wirklich Spielgeräte stehen. Sie mache vielleicht die Hälfte der Fläche aus.
Die tatsächliche Zielerfüllung liege bei lediglich rund 15 Prozent, betont Held. Und der größte Teil davon sei nur für jüngere Kinder geeignet. „Ab zehn Jahren schaukelt kein Kind mehr und rutscht auch keine Rutsche mehr herunter“, weiß er. „Dann brauchen Kinder Fußball. Tischtennis oder Badminton, Kletterwände.“
Das Herz der Gemeinschaft
Nach Ansicht der Bürger gibt es ein zentrales Problem, das auf einer Fehlentwicklung beruht: „Das ganze Viertel südlich der Aachener Straße ist erst Anfang der 70er-Jahre auf dem Acker entstanden“, schildert Held. Um das Schul- und Bildungszentrum samt Gymnasium und Hauptschule gab es ein großes Außengelände. „Das war aber als Naherholungsgebiet für das Viertel gedacht“, sagt Held. Nach 35 Jahren sei dann der erste Zaun um die Schulen und das Jugendzentrum gezogen worden, dadurch sei schon viel Freifläche für alle verloren gegangen.
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Mittlerweile sei das Areal immer rigoroser umzäunt worden, wenige Meter am Jugendzentrum vorbei, dessen Besucher jetzt kaum noch Platz im Freien haben. William Potter, Mitglied der Bürgerinitiative und langjähriger Anwohner bemängelt die Veränderung vor allem in sozialer Hinsicht: „Das Gelände war das Herz der Gemeinschaft. Die gibt es nun nicht mehr. Die Menschen können sich dort nicht mehr aufhalten. Die Teenager hängen abends um das Rhein-Center herum.“
Die Initiative spricht von einer Fehlplanung der Stadtverwaltung. Man habe beim Neubau des Georg-Büchner-Gymnasiums dem Schulgrundstück großzügig das Gelände einverleibt und schlicht vergessen, welche Bedeutung es für Weiden-Süd hat.
Auch die Stadt Köln sieht Nachholbedarf
Die Verwaltung verweist aber auf bereits erfolgte Verbesserungen: Insgesamt seien in Weiden seit 2013 sechs von zehn Spielplätzen modernisiert worden. Der Spielplatz an der Ecke Schulstraße/Ostlandstraße würde neugestaltet „sobald Personalkapazitäten eine Architektin oder ein Architekt hierfür zur Verfügung stehen“, so die Stellungnahme. Es sei auch vorgesehen, dass der Bolzplatz an der Stormstraße umgestaltet wird.
Eines aber gibt die Stadt zu: „Hinsichtlich der bedarfsgerechten Bereitstellung von Spiel-, Bewegungs- und Aktionsflächen im öffentlichen Raum besteht in Weiden erheblicher Nachholbedarf.“ Die Umzäunung des zentralen Geländes in Weiden-Süd hält die Verwaltung jedoch für alternativlos: Die Außenanlagenplanung sei mit dem Unternehmer, mit dem die Stadt für den Neubau eine öffentlich-private Partnerschaft eingegangen ist, vertraglich so festgelegt. Derzeit fänden aber weitere Gespräche mit der Schule, dem Privatunternehmer und Jugendeinrichtung statt, um zu klären, ob eine gemeinsame Nutzung von Teilen des Schulgeländes realisierbar wäre.“
Die Bürger halten das für zu wenig: Die in Gesprächen diskutierte Möglichkeit, dass das Jugendzentrum einen Schlüssel für das Schulgelände erhält, sei keine Lösung. In Lövenich würde gerade an der Zusestraße ein neues Gymnasium entstehen. Nach Schulschluss sollen die Sportanlagen auf dem Schulhof der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Für die Bürger bleibt die Frage: Warum ist das nicht in Weiden möglich?