Nach wie vor herrschen Lieferengpässe bei bestimmten Medikamenten. Auch Kölner Krankenhäuser sind davon betroffen - sogar Kochsalzlösung fehlt.
Liste wird immer längerTäglich sind 25.000 Kölnerinnen und Kölner von Lieferengpässen bei Medikamenten betroffen
Antibiotika, Asthma- oder ADHS-Medikamente – die Liste der Arzneimittel, die aktuell kaum oder gar nicht mehr zu bekommen sind, wird immer länger. Wie berichtet sind bereits mehr als 500 verschreibungspflichtige Medikamente in den Apotheken nicht vorrätig oder nur mit Verzug lieferbar. „Mehr als 25.000 Kölnerinnen und Kölner sind täglich beim Gang in die Apotheke von den Lieferengpässen betroffen“, sagt Thomas Preis, Vorsitzender der Apothekerverbände Köln und Nordrhein.
Nicht jeder Patient oder Patientin merke dies, da Apothekerinnen und Apotheker schon geübt seien, Alternativen zu finden. „Zehn Prozent unserer Arbeitszeit verwenden wir für die Bewältigung der Lieferengpässe“, so Preis. Diese beinhalten nicht nur die Suche nach Alternativen, sondern auch die zeitintensiven Rücksprachen mit Ärztinnen und Ärzten. „Für die Apotheken ist das eine riesige Belastung. Und wir sehen aktuell kein Ende bei den Lieferproblemen.“
Betroffen seien vor allem patentfreie, preiswerte Medikamente, die zur Basismedikation gehören. „Je teurer ein Wirkstoff ist, desto leichter ist er zu bekommen“, sagt Preis. Antibiotische Augensalben und Entwässerungsmittel für Herzpatienten seien aktuell stark betroffen, aber auch Schmerzmittel und Breitbandantibiotika. „Jeden Tag erreichen uns neue Meldungen“, so Preis. Ausgewichen werde in Ausnahmefällen auf importierte Medikamente, die in Originalverpackung zum Beispiel aus Kamerun oder den USA kommen.
Arzneimittelmangel in Köln: Sogar Kochsalzlösungen fehlen
Auch Kölner Krankenhäuser sind von den Engpässen betroffen. „Diese sind jedoch kein kurzfristiges Phänomen, sondern es handelt sich dabei um einen Zustand, der sich seit mehreren Jahren etabliert hat und mittlerweile fast als Dauerzustand betrachtet werden muss“, sagt Susanne Bieber, Sprecherin der Hospitalvereinigung der Cellitinnen. Aktuell gibt es bundesweit Lieferschwierigkeiten bei Kochsalzlösungen - auch bei den Kölner Häusern. Unter anderem werden diese gebraucht für das Spülen von Kathetern oder Wunden. „Fehlen sie, können im schlimmsten Fall Operationen nicht stattfinden“, sagt Susanne Bieber.
„Für die Patientenversorgung in den Krankenhäusern Holweide, Merheim und im Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße hat der Mangel aktuell keine Konsequenzen“, sagt Sigrid Krebs, Sprecherin der Kliniken Köln. Operationen wurden aufgrund dieses Lieferengpasses bisher nicht verschoben. „Das ist auch nicht zu erwarten.“ Die Mitarbeitenden der Zentralapotheke der Kliniken arbeiteten mit verstärktem Engagement, so Krebs.
Medikamente werden kontingentiert
Noch eine Stufe problematischer seien echte Lieferabrisse. Dann seien am deutschen Markt gar keine Arzneimittel dieser Produktgruppe mehr zu beschaffen. „Das betrifft aktuell bestimmte Augenarzneimittel, Röntgenkontrastmittel und zuweilen auch bestimmte Impfstoffe“, sagt Dr. Andrea Liekweg, Leiterin der Krankenhausapotheke der Uniklinik Köln. Damit die Krankenversorgung nicht beeinträchtigt wird, hat die Uniklinik Produkte wie Kochsalzlösung aus dem Ausland importiert.
„Manche Produkte müssen innerhalb der Klinik kontingentiert werden. Auch das ist oft machbar, aber noch aufwendiger. Hier werden gemeinsam mit den Ärzten die Situationen festgelegt, in denen die knappen Arzneimittel ausgegeben werden dürfen. Zum Teil werden Inhalte von Packungen aufgeteilt, oder Packungen von den Stationen zurückgeholt werden, um sie gezielt auszugeben“, erklärt Liekweg.
Auch für die Kölner Hausärzte sind die schwer zu bekommenen Medikamente ein Kraftakt. „Für die Hausarztpraxen sind die Lieferengpässe mit deutlichem Mehraufwand verbunden“, sagt Monika Baaken, Sprecherin des Hausärztinnen- und Hausärzteverband Nordrhein. „Der Austausch zwischen Patienten und Hausarzt muss noch engmaschiger erfolgen. Denn es müssen nicht nur neue Medikationen erstellt werden. Wechselwirkungen und Verträglichkeiten der Medikamente müssen geprüft und die Patienten dazu beraten werden.“
Produktion in Fernost
Die Gründe für den Mangel bei Medikamenten sieht Apotheker Thomas Preis bei der Produktion im Ausland: „Deutschland war früher die Apotheke der Welt, heute kommen die Medikamente aus Fernost. Gibt es dort ein Problem in der Produktion, merken wir das in Europa sofort.“ Kochsalzlösung werde zwar noch in Deutschland produziert, viele Hersteller hätten sich jedoch aus der Produktion der preisgünstigen Arzneimittel zurückgezogen. „Medikamente gehören zur Daseinsvorsorge, wie Strom oder Trinkwasser“, so Preis. „Dafür muss der Staat sorgen.“